Unterschleißheim:Ein fast perfektes Förderzentrum

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Der Neubau an der Eschenstraße erfüllt Passivhausstandard. (Foto: Florian Peljak)

Die Rupert-Egenberger-Schule bietet nach dem Ausbau für 21 Millionen Euro Platz für 200 Schüler. Es ist ein Bau der Superlative mit Abstrichen.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Als die beiden Schülerinnen mit ihren Tablets auf der Bühne stehen, passiert, was passieren muss. Der Ton streikt. Bei der feierlichen Eröffnung der Rupert-Egenberger-Schule zeigt sich, dass der berühmte "Vorführeffekt" zurecht fester Bestandteil im deutschen Sprachgebrauch ist und im Duden steht. Und so bekommen die versammelten Festgäste in der Turnhalle nicht mit, was die Schüler zu ihrem neuen Pausenhof sagen, der im Bild auf der Leinwand erscheint. Sicher ist auf jeden Fall: Er hätte größer ausfallen können, mit mehr Grün und Platz zum Toben. Doch was ist schon perfekt? Das gilt offenkundig auch für das nach jahrelangen Arbeiten für mehr als 21 Millionen Euro geschaffene Sonderpädagogische Förderzentrum, das an diesem Dienstag alle Redner natürlich in Superlativen loben.

Eine Schülergruppe singt bei der feierlichen Einweihung in der Turnhalle auf Deutsch den Song "The Lion Sleeps Tonight". (Foto: Florian Peljak)

Es ist in den Jahren 2015 bis 2022 eine hochmoderne Schule entstanden. Das zeigt sich schnell, auch wenn man sich den strahlenden Sonnenschein und die zur feierlichen Eröffnung eigens aufgezogenen Fahnen vor dem Haupteingang wegdenkt. Der neu errichtete langgezogene Holzbau an der Eschenstraße erfüllt Passivhaus-Standard. Der Haupteingang an der Birkenstraße führt in eine helle Aula, von der man in Innenhöfe und in den auf Neubau-Standard gehobenen Altbau gelangt. Die bereits 2006 errichtete Turnhalle ist ein damals schon prämierter Holzbau. Landrat Christoph Göbel (CSU) sagt in seiner Festrede als Vertreter des Sachaufwandsträgers, dem Landkreis, man habe schlicht "die bestmögliche Versorgung" angestrebt, "in einem möglichst einladenden, modernen Gebäude".

Der Pausenhof ist zu klein, um alle Schüler aufnehmen zu können. (Foto: Florian Peljak)

Doch bei all den Ambitionen: Bei den Freiflächen kam man um schmerzhafte Kompromisse nicht herum. Schulleiterin Angelika Schoof räumt auf Anfrage jedenfalls ein, dass der Pausenhof wegen des nun einmal begrenzten Areals recht klein geraten sei und mit seinem fast durchgängigen Plattenbelag ziemlich kahl wirke. Ein Blick zeigt: Es gibt dort Bäume, aber die müssen noch auf eine schattenspendende Größe heranwachsen. Dazu: ein Kicker, ein Basketballkorb und eine Nestschaukel sowie eine Kletterwand. Man tue einiges, sagte Schoof am Rande des Festakts, um den Pausenhof aufzuwerten. Doch Rasen sei bei der hohen Zahl an Schülern nicht möglich. Wegen der zu kleinen Pausenfläche behelfe man sich, indem die Grundschüler in der einen Pause und die Mittelschüler in der anderen nach draußen könnten. Für die anderen sei Programm im Haus.

Ein großer Tag für die stellvertretenden Schulleiterinnen Kathleen Lauterbach und Helga Plöckinger, Zweite Bürgermeisterin Annegret Harms, Schulleiterin Angelika Schoof und Landrat Christoph Göbel (von links). (Foto: Florian Peljak)

Als der Vorgänger der heutigen Förderschule 1970 in dem Wohngebiet entstand, war das Grundstück in der Nachbarschaft der Johann-Schmid-Grundschule und der Mittelschule natürlich groß genug. Eine kleine Bilderausstellung in der Aula zeigt bei der Eröffnung die Veränderung. Und Bilder von tiefen Baugruben und schwerem Baugerät vermitteln auch einen Eindruck, wie von 2015 bis 2022 die Baustelle den Schulbetrieb und auch die Nachbarschaft belastet haben muss. Schulleiterin Angelika Schoof spricht in ihrer Festrede von schwierigen Absprachen mit den Firmen. Klassen seien immer wieder umgezogen. Und manchmal habe das Schuljahr ohne Tafel begonnen. Das Ergebnis sei natürlich "toll". Gerade bei der Ausstattung. Es fehle an nichts, es gebe sogar Tablets für viele Schüler und Apple-TV im Klassenraum.

Hier wächst Wissen: Werbung für die Aktion Ackerdemie am Schulzaun. Doch der Schulhof selbst ist weitgehend versiegelt. (Foto: Florian Peljak)

Landrat Christoph Göbel rekapituliert, wie vor 20 Jahren der Kreistag intensiv darüber debattiert habe, ob angesichts lauter werdender Rufe nach Inklusion - also der Öffnung der Regelschulen für Kinder mit Förderbedarf - überhaupt noch in Förderzentren investiert werden sollte. "Wir haben uns sehr bewusst entschlossen, beides zu tun", sagte Göbel. Man habe sich aufgemacht, Barrieren an Regelschulen abzubauen und zugleich die Förderzentren in Unterschleißheim und Unterhaching zu stärken. Die Rupert-Egenberger-Schule ergänze die Bildungslandschaft in Unterschleißheim. Zweite Bürgermeisterin Annegret Harms (SPD) betont deren inklusiven Charakter. Die Schule verfolge über die Kooperation mit Grund- und Mittelschulen das Ziel, Kinder in Regelschulen zu bringen.

Doch die Nachfrage nach Plätzen in dem auf 200 Schüler ausgelegten Förderzentrum, das Kinder mit Defiziten im Lernvermögen, in der sprachlichen Entwicklung sowie im sozial-emotionalen Bereich aufnimmt, steigt. Es gebe Wartelisten, bestätigt Schoof auf Anfrage. Ihrer Meinung nach stecken dahinter vor allem gesellschaftliche Prozesse, wie etwa die Tatsache, dass in Familien immer weniger Zeit sei, Kinder zu unterstützen. Der Ausbau der Förderschulen läuft weiter. Die Rupert-Egenberger-Schule unterhält Außenklassen an der Grundschule in Feldkirchen. Derzeit entsteht an der Schule an der Martin-Luther-Straße in Kirchheim ein Neubau, wo Kinder aus dem östlichen Landkreis in Zukunft Förderung erhalten sollen. In zwei Jahren ist Schoof zufolge dort der Einzug geplant.

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