Unterschleißheim:Die Vorsängerin kommt ins Klassenzimmer

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Krasimira Kostova (links) macht es vor. Und die Kinder sind gleich dabei und erleben auch Klassenleiterin Ramona Leitner, wie sie bei dem Singtanz mitmacht. (Foto: Florian Peljak)

Dank eines Zuschusses der Stadt musizieren Erstklässler in den Unterschleißheimer Grundschulen regelmäßig mit einer externen Lehrerin der Musikschule. Die kooperiert auch mit anderen Institutionen - und erreicht so viel mehr Menschen als bisher.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Krasimira Kostova gibt die Vorturnerin. Mit Headset steht sie neben dem großen Flügel vor den Erstklässlern. Sie hebt die Arme und senkt sie, rennt auf der Stelle, hüpft und singt. Und die Kinder machen es nach. "Wir machen uns groß und dann wieder klein", schallt es durch das Musikzimmer im Erdgeschoss der Michael-Ende-Grundschule in Unterschleißheim. Die Kinder üben den Weihnachtswichteltanz ein. Und Krasimira Kostova gibt dabei alles am Tag vor der großen Weihnachtsgala der Schule, die mit Hunderten Kindern auf der Bühne und den Eltern im Publikum im Festsaal des Bürgerhauses ansteht. Assistiert wird sie zwischendurch von Klassenleiterin Ramona Leitner, so wie es das Kooperationsmodell vorsieht, bei dem mit Hilfe von Lehrern der Musikschule in der Stadt die musikalische Früherziehung stark ausgebaut worden ist.

Die Kinder haben sichtlich Freude. Die Bewegung und die Musik fließen irgendwann wie von selbst. Sie klatschen sich auf die Oberschenkel und in die Hände und singen schließlich, ohne dass Musikschul-Lehrerin Kostova noch etwas vorgibt. Eine solche Stunde in der Woche gestalten die Klassenleitungen gemeinsam mit einer Pädagogin von der Musikschule für alle Erstklasskinder in Unterschleißheim gemeinsam.

"Wir lassen die Musikschullehrerin nicht alleine mit den Kindern."

Es ist ein gewisser Kontrast zum Normalprogramm an den von Personalnöten gebeutelten Schulen. Der Unterrichtsausfall sei ein großes Problem, sagt Schulleiterin Elke Fannasch am Rande des Termins und nennt die Situation beim Musikunterricht dank des Sonderprogramms, das die Musikschule mit finanzieller Unterstützung der Kommune leistet, geradezu luxuriös. "Wir wissen das zu schätzen." Und sie stellt klar: "Wir lassen die Musikschullehrerin nicht alleine mit den Kindern." Dies sei kein Notprogramm, um Lehrerstunden einzusparen.

Rektorin Elke Fannasch von der Michael-Ende-Grundschule begrüßt die Kooperation und sagt zu Musikschulleiterin Victora Scherer: "Bald sind wir Nachbarn." (Foto: Florian Peljak)

Auf jeden Fall ist das Programm geeignet, die Lust der Kinder am Musizieren zu wecken. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Alleine an der Michael-Ende-Grundschule gibt 111 Erstklässler, die von der Stunde mit der Lehrer-Doppelbesetzung profitieren. Dazu kommen Chorprojekte. Für die zweite Jahrgangsstufe sind das die "Singkids", für die dritte und vierte ist es der Kinderchor mit jeweils 30 Kindern. Hinter dem musikalischen Fanfarenstoß, der dem Musizieren in den Schulen einen solchen Aufschwung gebracht hat, steckt Victoria Scherer. Sie leitet seit zwei Jahren die Musikschule, die sie mit 246 Schülerinnen und Schülern übernommen hat. Mittlerweile sind es 878 - vor allem Kinder, aber auch Erwachsene. Ihr Motto: "Kurze Beine, kurze Wege." Sie bringt die Musik zu den Kindern.

Das Kooperationsprogramm der Musikschule mit den Grundschulen wird ermöglicht durch die Stadt. "Der Bürgermeister und der Stadtrat stehen dahinter", sagt Scherer, die mit Hilfe der Kommune das umsetzt, was ihr vom Musikschulvorstand zu Beginn ihrer Tätigkeit als Auftrag mitgegeben worden war. "Es war der Wunsch, Kooperationsarbeit aufzubauen." Daraufhin habe sie sich an die Schulen gewandt und das Ganze sei ins Rollen gekommen. Dabei soll das Erreichte gerade mit der Michael-Ende-Grundschule deutlich ausgebaut werden. Neben dem bestehenden Schulgebäude aus den Siebzigerjahren wird in Kürze mit einem Neubau begonnen, der Platz für mehr Schüler und auch für einen ganzen Trakt nur für die Musikschule bieten wird. Die Zusammenarbeit wird dann leichter. "Wir sind dann im Haus Nachbarn", sagt Grundschulrektorin Fannasch. Einen Ganztagszweig wird es im neuen, größeren Schulgebäude geben, was Möglichkeiten zu mehr Kooperation bietet. "Dann gibt es Musik den ganzen Tag", sagt Musikschulleiterin Scherer.

Corona zum Trotz: Musikschulleiterin Victoria Scherer hat über Zusammenarbeit mit anderen Institutionen in der Stadt die Zahl der Musikschülerinnen und Musikschülern stark erhöhen können. (Foto: Florian Peljak)

Die Kinder im Musikzimmer haben derweil den Wichteltanz einstudiert. Krasimira Kostova sitzt am Klavier und spielt. "Die Kinder finden das ganz toll", sagt Klassenlehrerin Ramona Leitner. Sie studiere unter der Woche die Lieder noch einmal ein mit den Kindern. Aber die Stunde mit der Musiklehrerin, die eben auch diverse Instrumente beherrscht, sei wertvoll. "Das ist etwas ganz anderes für die Kids", sagt Leitner. Die Kinder haben schon eine Rassel gebastelt. Das Musikzimmer ist gut ausgestattet mit Flügel und zwei Klavieren sowie einem Nebenraum, in dem viele Orff-Instrumente in Regalen liegen.

Krasimira Kostova kann mit ihrer Spezialausbildung Kindern einen tieferen Einblick in die Musik verschaffen. (Foto: Florian Peljak)

Den Aufschwung der Musik an den Grundschulen der Stadt und der Musikschule selbst erklärt sich Musikschulleiterin Victoria Scherer auch mit einem Nachholeffekt nach Corona. Die Lust am gemeinsamen Tun sei wieder da und groß. "Alle wollen die Begegnung", sagt Scherer, die Sehnsucht nach zwischenmenschlichem Austausch sei stark. Die Musikschule sei dafür wie geschaffen. "Wir sind offen für alle." Auch mit dem Sehbehindertenzentrum und dem Sonderpädagogischen Förderzentrum arbeite man inklusiv zusammen.

Dabei scheint dem Wachstum kaum eine Grenze gesetzt zu sein. Elke Fannasch ist erst seit zwei Jahren Rektorin an der Michael-Ende-Schule und seitdem ist die Schülerzahl von 360 auf knapp 400 angewachsen. Die künftige Schule ist für bis zu 500 Schüler ausgelegt. Auch die Musikschule bekommt dort in einem eigenen Cluster im ersten Obergeschoss mit eigenem Eingang neue Möglichkeiten. Denn die bisherigen Schulungsräume an der Johann-Schmid-Straße und an der Bezirksstraße werden laut Scherer knapp.

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