Vogelschutz:Den Krähen soll es an den Kragen gehen

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Saatkrähen gibt es in Unterhaching noch immer viele. (Foto: Leonhard Simon)

Im Landtag gibt es eine Initiative, den Schutzstatus der Vögel herabzusetzen. In Unterhaching fühlen sich die Bürger zunehmend von den Tieren gestört, obwohl es weniger Nester gibt.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Seit vielen Jahren werben die Unterhachinger Naturschützer für mehr Sympathien für die Saatkrähen. Sie verweisen darauf, dass diese Vögel intelligent und sozial seien, und dass ihr Krah-Krah mehr sei als nur Geschrei. All diese Werbebotschaften haben bei Anwohnern mit Nestern vor der Haustür bislang aber wenig gefruchtet. Klagen über die Krähen sind in der Gemeinde ein Dauerbrenner bei Bürgerversammlungen, auch im Rathaus stapeln sich mittlerweile die Beschwerdebriefe. Zuletzt hat FDP-Gemeinderat Peter Hupfauer das Thema in der Gemeinderatsitzung vorgebracht, von einer Plage gesprochen und eine Gesetzesänderung als Lösung vorgeschlagen. Diese könnte es nun tatsächlich geben.

Im Moment noch sind die Saatkrähen durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Demnach ist es bereits seit 1980 verboten, wild lebende Tieren zu beunruhigen, sie zu fangen, zu verletzen oder gar zu töten. Auch darf man deren Fortpflanzungs- oder Ruhestätten nicht aus der Natur entnehmen, beschädigen oder zerstören. Vergrämungsmaßnahmen sind außerhalb der Brutzeit möglich, aber nur dann, wenn sie zuvor behördlich genehmigt wurden.

In Unterhaching wurden solche Vergrämungsmaßnahmen 2022 an der Schmorellstraße, der Grünauer Allee, der Goerdeler und der Ottobrunner Straße durchgeführt. Teilweise hat die Gemeinde dort bereits vier bis fünf Mal Nester entnommen und war insofern mit der Vergrämung erfolgreich, dass Brutbäume von den Vögeln aufgegeben wurden. Verschwunden sind die Krähen aus Unterhaching dadurch aber nicht. Sie brüten nur an anderer Stelle. Die Vögel von der Ottobrunner Straße etwa haben sich inzwischen am Schwimmbad niedergelassen. Dort, wo nur ein bis zwei Mal vergrämt wurde, haben sie ihre Nester einfach wieder aufgebaut.

Die Saatkrähe ist vor allem an ihrem weißen Schnabelansatz zu erkennen. (Foto: Günther Reger)

So äußerte Hupfauer den Eindruck, dass in Unterhaching die Lärmbelästigung durch Saatkrähen zugenommen hat. "Der Eindruck täuscht. Das ist objektiv nicht der Fall", sagte Rathaussprecher Simon Hötzl und verweist auf die Saatkrähenzählung und den Schlussbericht der Vergrämung. Demnach ist die Anzahl sogar geringfügig zurückgegangen. 292 Nester gibt es noch im Gemeindegebiet, im Jahr zuvor waren es zwölf mehr. Wer allerdings am Schwimmbad wohnt, wird das bezweifeln, denn dort befindet sich das Hauptbrutgebiet. Und während am Südrand des Ortsparks seit 2020 sowie an der Jahnstraße durch einen Baumfall nach einem Sturm inzwischen Ruhe herrscht, ist an der Biberger Straße ein neuer Krähen-Standort mit neun Nestern entstanden. Auch am Friedhof, wo sich Besucher häufig über verschmutze Grabsteine ärgern, gibt es weiterhin 74 Nester. Hötzl sagte, er habe vollstes Verständnis für jeden, der sich von den Krähen gestört fühle. Doch aufgrund der aktuellen Rechtslage könne die Gemeinde nicht mehr tun.

Hupfauer geht die Liebe zum Tier- und Naturschutz dann aber doch etwas zu weit, wenn sich daraus eine Plage für die Menschen entwickle. Dass er mit der Idee der Gesetzesänderung nicht alleine dasteht, zeigt jetzt eine Initiative im Bayerischen Landtag. 22 Abgeordnete der Freien Wähler und der CSU haben Anfang Oktober die "Herabstufung des Schutzstatus der Saatkrähe" beantragt. Denn sie finden, so schützenswert wie bisher sind die Tiere gar nicht mehr und verweisen auf die steigenden Populationen. Sie sollen sich Berichten zufolge alle vier Jahre verdoppeln. Einzelne Kolonien hätten mit 1000 Brutpaaren eine Größe erreicht, die zwangsläufig zu Konflikten führe, heißt es in dem Antrag. Bereits jetzt verursachten die Saatkrähen jährlich steigende Schäden in der Landwirtschaft.

Die europäische Vogelschutzrichtlinie räume den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, dass Vogelarten aufgrund ihrer Populationsgröße, ihrer geografischen Verbreitung und ihrer Vermehrungsfähigkeit im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bejagt werden dürften. Noch allerdings ist diese Initiative nichts weiter als eine Aufforderung an die Staatsregierung, sich mittels einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen.

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