Starkbierfest:Sanfte Watschn zu starkem Bier

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Korbinian Rausch, Vorsitzender der CSU, nahm das Fass beim Anzapfen quasi härter ran als Redner Alfons Hofstetter (Mitte, Vierter von links) die anwesenden Politiker. (Foto: Claus Schunk)

Krügelredner Alfons Hofstetter hat in Unterhaching bei früheren Auftritten schon mal schärfere Worte gewählt. Dabei gibt die Gemeindepolitik aktuell viel Stoff her.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

In turbulenten Zeiten, wie sie die Gemeinde Unterhaching aktuell nicht nur wegen weltweiter Krisen sondern auch durch ganz lokalen Unbill erlebt, können Kabarettisten und Satiriker thematisch aus dem Vollen schöpfen. Für den Krügelredner beim Starkbierfest von CSU und Freien Wählern hat die Kommunalpolitik in den vergangenen Wochen so viele Steilvorlagen geliefert: Steuerausfälle, Haushaltslöcher, Stadionverkauf, Personalflucht, überflüssige Machbarkeitsstudien, ständige Wechsel im Gemeinderat et cetera. Den Protagonisten war vorab schon bange, was Alfons Hofstetter ihnen alles verbal um die Ohren hauen würde, ja - mit einer kräftigen Watschn haben sie gerechnet. Doch die blieb weitgehend aus.

Der ehemalige Zweite Bürgermeister, der in Unterhaching schon seit Jahren zum Starkbieranstich gehört wie die Stammwürze zum hochprozentigen Bier, ist offenbar altersmilde geworden. Schon 2017 hatte der inzwischen 84-jährige Krügelredner ans Aufhören gedacht, sich dann aber überreden lassen, weiterhin stets im März in der Hachinga Halle auf die Bühne zu steigen, um sich über die große Staatsführung im Allgemeinen und die kleine Politik im Speziellen auszulassen. Nach der Corona-Pause und zwei in dieser Zeit ungehaltenen Reden, trat er am Samstagabend wieder ans Rednerpult und bewies, dass er eines immer noch perfekt kann: mühelos von Deutsch in flüssiges Latein wechseln. Der therapieresistente "Virus irrationalissimus politicus" war sein Post-Corona-Thema.

Hofstetter hatte es seit jeher als seine Aufgabe gesehen, nicht allein die Kommunalpolitiker zu derblecken, sondern auch den ganz großen Rundumschlag zu vollziehen, über die weltweiten Ereignisse, die Bundesregierung und den bayerischen Ministerpräsidenten herzuziehen. Auch weil er fand, die kleine Unterhachinger Welt gibt nicht genügend Material her, um einen humorvollen Abend zu gestalten. Diesmal wäre das sicher anders gewesen. Korbinian Rausch, der CSU-Ortsvorsitzende und Fraktionschef im Rathaus sagte vorab: "Wir haben in den vergangenen Wochen genügend Stoff für viele Krügelreden geliefert." Auch Evi Karbaumer, die Fraktionssprecherin der Grünen, war einige Tage zuvor schon auf alles gefasst: "Die Grünen sollen ja nicht gut wegkommen."

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Dann hatte sich der Krügelredner aber erst einmal lange an dem Virologen Christian Drosten und Gesundheitsminister Karl Lauterbach festgebissen, sodass mancher im Publikum leicht irritiert fragte: Wann kommt er denn endlich zu Unterhaching? Nach Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig, der "letzten Generation" und den Reichsbürgern, nach Söder, Laschet, Aiwanger und Kretschmann und nach einer Rückschau auf die vergangenen drei Jahre, die bislang ja - wie er später sagte - noch in keiner Unterhachinger Krügelrede aufgearbeitet worden waren, nahm er dann doch die aktuelle Gemeindepolitik ins Visier.

Hofstetter hatte in der Vorbereitung auf seine Auftritte beim Starkbierfest immer von Detailkenntnissen über die Ereignisse und Entscheidungsfindungen in Unterhaching gezehrt. Als Gemeinderat und Zweiter Bürgermeister war er stets nah dran am Geschehen und sein Hintergrundwissen erleichterte ihm die kabarettistische Zuspitzung, von der so eine Rede lebt. Doch seit 2020 ist er aus diesen Ämtern ausgeschieden, daher ist es mühsamer für ihn, die Dinge entsprechend einzuordnen. Über die Thematik Stadionverkauf verlor er kein einziges Wort. Er habe zwar mit Bürgermeister Wolfgang Panzer und auch mit seinem Sohn, Alfons Hofstetter Junior, dem Fraktionschef der Freien Wähler, darüber gesprochen. "Doch ein richtiges Bild habe ich mir nicht machen können, da hab ich es lieber weggelassen, bevor ich Blödsinn erzähle", sagte Hofstetter nach seinem Auftritt.

Euro-Scheine für die leere Haushaltskasse: Alfons Hofstetter (links) und Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer. (Foto: Claus Schunk)

So bekamen die Grünen zwar noch ihr Fett weg, indem er ihnen vorwarf mit der "One-Page"-Strategie von Armin Konetschny anstehende Probleme zu Tode zu diskutieren, und die Hochschulreife im Gendern erworben zu haben, aber damit konnten die so Verspotteten entspannt umgehen. Wie die meisten, die erwähnt wurden. Denn was gibt es an so einem Abend Schlimmeres für einen Politiker, als nicht in der Rede vorzukommen? Dem Dritten Bürgermeister Richard Raiser von der CSU attestierte Hofstetter: "Er is immer präsent und kümmert se um ois, redet mit jedem, ob der wui oder ned. Und, - er strahlt Zuversicht aus." Raiser nickte zufrieden. So wie SPD-Bürgermeister Panzer, dem er auf der Bühne ein paar Bündel mit Euro-Scheinen für die leere Haushaltkasse herbeizauberte. "Es war gut, ich hab a Geld bekommen", sagte der anschließend. Selbst sorgte Panzer für den größten Lacher des Abends, als er auf Hofstetters Frage, warum der Gemeinderat nicht wie früher nach der Sitzung gemeinsam im Wirtshaus Althaching ein Bier trinken gehe, direkt konterte: "Die ham dann schon zu." Tatsächlich dauern die Sitzungen in Unterhaching mittlerweile so lange wie Bund-Länder-Gipfel.

Als Hofstetter am Ende seiner Rede der Starkbiergemeinde noch mit auf den Weg gab: "Jeder von Euch muss sich einbringen und nicht das, was zu tun ist, allein den Politikern überlassen" , kämpfte der "Facility-Manager" der CSU, Vorsitzender Korbinian Rausch, mit dem Bierfass. Mit drei Schlägen hatte er souverän angezapft, doch hatte jemand vergessen, ein Ventil bereitzulegen, sodass hauptsächlich Schaum aus dem Hahn kam. Rausch nahm es mit Humor: "Wenn man nicht alles selber macht."

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