Gemeindefinanzen:"Wir wissen nicht, ob das Freibad weiter betrieben wird"

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Dunkle Wolken über dem Freibad. Weil die Gemeinde sparen muss, wird sogar über eine Schließung gesprochen - auch wenn die natürlich alle verhindern wollen. (Foto: Claus Schunk)

Unterhaching muss kräftig sparen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Dabei soll alles auf den Prüfstand kommen. Entscheidungen sollen aber erst nach Weihnachten fallen.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Zu einer Krisensitzung des Unterhachinger Gemeinderats hat Wirtschaftsförderer Simon Hötzl kürzlich einen Kuchen mitgebracht. Kein süßes Backwerk, sondern ein Holzspielzeug seiner Tochter, das man in einzelne Teile zerlegen kann. Denn man war nicht zum fröhlichen Schmaus zusammengekommen, sondern zu ernsten Gesprächen über Einsparungen. Und was wäre da symbolträchtiger als die Stücke vom Kuchen, die nun nicht mehr so großzügig verteilt werden können wie bisher. Fest steht: Im Unterhachinger Gemeindehaushalt klafft ein zweistelliges Millionenloch, alles kommt auf den Prüfstand. Sogar das Freibad.

Eigentlich hatten Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und die Rathausverwaltung vor, noch vor dem Jahreswechsel ein paar Pflöcke einzuschlagen, um die Lücke durch Gebührenerhöhungen, die Streichung von Förderungen und die Verschiebung von Bauvorhaben zumindest teilweise zu schließen. Es geht nicht nur um das Loch, das die Gewerbesteuerrückzahlung von zwölf Millionen Euro aufgerissen hat. Der Unterhalt der Liegenschaften, der rasante Anstieg der Baukosten und die zu erwartenden Tariferhöhungen häufen zusätzlich auf der Ausgabenseite einen unschönen Berg an Kosten auf.

Für den Anschluss an die Geothermie zahlte die Gemeinde Unterhaching bislang einen Zuschuss von 1000 Euro. Für die Antragsteller zwischen Oktober und Dezember 2022 gibt es nur noch 700 Euro. (Foto: Claus Schunk)

Doch will die Mehrheit im Gemeinderat keinen Schnellschuss, wenn es um die Entscheidung geht, was nun wie eingespart werden soll. Sowohl eine mögliche Erhöhung der Elternbeiträge für die Kindergärten als auch die Streichung von Zuschüssen für Sport, Kultur, Vereine und Energieeinsparung sind in der Sitzung des Finanzausschusses sowie des Gemeinderats diese Woche wieder kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. "Die Haushaltsberatungen sind eine Einspardebatte. Wir haben aber von Anfang an gefordert, alle Teilbereiche auf Spielräume hin anzuschauen und dann mit einem Gesamtbild eine Entscheidung zu treffen", begründet CSU-Fraktionssprecher Korbinian Rausch die abgespeckte Tagesordnung kurz vor Weihnachten. Auch Evi Karbaumer von den Grünen betont: "Das sind wirklich einschneidende Sparmaßnahmen, und wir wollen erst alle Informationen auf dem Tisch haben." Wenn man einfach nur drei Brocken hingeworfen bekomme, sei das schwierig. Zusammengefasst heißt das im Amtsdeutsch, und so formuliert es Hötzl: "Die Tagesordnungspunkte waren noch nicht entscheidungsreif."

"Wenn man sich die Zahlen mit der Lupe anschaut, findet man auch keine anderen."

Claudia Töpfer von der Neo-Fraktion sieht das allerdings etwas anders: "Es fällt jedem im Gemeinderat schwer, hier Entscheidungen zu treffen. Doch wenn man sich die Zahlen mit der Lupe anschaut, findet man auch keine anderen." Es bringe nichts, wenn man die Punkte verschiebe, um noch mehr Informationen zu bekommen. Natürlich leisteten die Vereine eine tolle Arbeit, "doch es geht hier um Pflicht und Kür. Die Gemeinde muss ihre Pflichten erfüllen." Sie wirft den Gemeinderatskollegen vor, schlichtweg nicht den Mut gehabt zu haben, Entscheidungen zu treffen.

Die finanziellen Probleme der Gemeinde sind offenbar so groß, dass man im Rathaus zumindest in der Diskussion ums Einsparen keine Tabus kennt. "Es werden alle Optionen beleuchtet. Es geht um Effektivität und Prozessoptimierung, wir werden uns auch alle Liegenschaften anschauen", sagt Hötzl. Klar wurde das im Finanzausschuss bei der Rücknahme bestehender Beschlüsse. Dass es beim Freibad nicht nur darum geht, erst mal kein hybrides Kartensystem einzuführen, wie offiziell zur Abstimmung gestellt, wurde spätestens deutlich, als Karbaumer anmerkte: "Wir wissen nicht, ob das Freibad weiter betrieben wird."

Schnell beeilte sich aber insbesondere der Dritte Bürgermeister Richard Raiser (CSU), diese Freibad-Debatte schnell wieder vom Tisch zu bekommen. "Ich will nicht lesen, dass die Gemeinde das Freibad schließt", betonte er. Ja, man rede über das Schwimmbad, aber es gehe um Gebührenerhöhungen und so weiter. "Wir brauchen ein Konzept", sagte Karbaumer. Rausch betonte: "Ich werde nicht zulassen, dass wir Musikschule, Volkshochschule und das Freibad kaputt machen."

Die Neos werfen in einem "Positionspapier" nun insbesondere den Grünen vor, "ihre Schäfchen ins Trockene" bringen zu wollen. Töpfer und ihr Fraktionskollege Emil Salzeder schreiben: "Wir müssen harte Entscheidungen treffen. Und zwar jetzt. Wir Neos arbeiten weiter offen mit allen, die ihre Verantwortung auch in diesen schweren Zeiten annehmen und mutig nach Lösungen suchen. Besitzstandswahrung oder Tabuthemen darf es dabei nicht geben." Sie befürchten, dass Unterhaching eine "Zwangsverwaltung" droht.

So weit ist man laut Hötzl zwar noch nicht, doch gebe es definitiv eben diese Lücke im Verwaltungshaushalt. Er beteuert, dass alle im Rathaus von dieser Entwicklung der Finanzen überrascht worden seien. Weder die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine noch die Steuerrückzahlungen seien vorhersehbar gewesen. "Gewerbesteuer sind immer eine Wundertüte", sagt er. Er halte zwar engen Kontakt zu den Unternehmen, doch basierten die Vorauszahlungen schließlich immer auf alten Jahresabschlüssen. CSU-Fraktionssprecher Rausch wundert sich dennoch: Noch in diesem Jahr habe die Gemeinde für sieben Millionen eine Wiese neben dem Schwimmbad kaufen wollen, dann für 25 Millionen ein zusätzliches Gebäude für das Rathaus, "und im Oktober kam plötzlich die Haushaltssperre."

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