Schauspieler Matthias Ransberger:Eine vielseitige Nummer

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Heimatverbunden und bodenständig: Matthias Ransberger hat in Potsdam an der Schauspielschule gelernt, doch es hat ihn wieder zurück nach Unterhaching gezogen. Dort lebt er mit seiner Familie. (Foto: Christian Hartmann)

Der Unterhachinger Schauspieler Matthias Ransberger ist kein Star, wird aber aufgrund seiner künstlerischen Bandbreite häufig gebucht.

Von Franziska Gerlach, Unterhaching

Fürs bunte Popcorn-Kino gibt es in Deutschland Til Schweiger und Sunnboy Elyas M'Barek. Typen, die sich selbst zur Marke erhoben haben. Natürlich haben wir aber auch coole Quereinsteiger wie Jürgen Vogel, der die Schauspielschule in München nach einem Tag abgebrochen haben soll. An den großen Häusern darf sich eine Handvoll exquisiter Darsteller an der Anerkennung eines mehr oder weniger distinguierten Publikums laben.

Die Regel ist aber wohl eher, mit einem Tourneetheater durchs Land zu tingeln. Für den Rest ist es das höchste der Gefühle, alle Jubeljahre in einem Werbespot für Schokoriegel mitzuspielen. Die meiste Zeit dürften diese Kandidaten aber vermutlich mit ihren Jobs als Barmann oder Fahrradkurier zubringen. Ganz schön unsolide, so ein Schauspieler-Leben. Oder etwa nicht?

Bandbreite ist sein Motto

Matthias Ransbergers Mundwinkel machen sich auf den Weg nach oben, wenn man ihn mit den Klischees konfrontiert, die über seinen Beruf so im Umlauf sind. "Was ich mache, ist sehr solide", sagt der freiberufliche Schauspieler aus Unterhaching schmunzelnd. 37 Jahre ist er alt. Einer, der nach dem Studium an der Hochschule Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam gerne wieder nach Bayern zurückgekehrt ist. Der eine Familie gegründet hat anstatt sich im inspirierenden, aber Nerven aufreibenden Berlin unter die Kreativen zu mischen.

Ransberger ist mit einer Physiotherapeutin verheiratet und hat drei Kinder, das älteste kommt bald in die Schule. Ein Mann in Funktionsjacke, der im Café Johannisbeerschorle bestellt und dessen Terminkalender gut gefüllt ist. Und das wiederum hat viel damit zu tun, wie er seinen Beruf begreift. Bandbreite, sagt er, sei gewissermaßen sein Motto.

Ransberger, der gerade an der Seite von Gisela Schneeberger in Niederbayern die Filmkomödie "Eine ganz heiße Nummer 2" dreht und dafür Tango tanzen lernt. Ransberger, der in einer bairischsprachigen Version von Yazmina Rezas Theaterstück "Der Gott des Gemetzels" in Schwabing auf der Bühne steht. Ransberger, der in Krimis den Mörder darstellt oder den hoffnungsfroh Angeschmachteten. Ransberger, der Hörbücher einliest und bei der Unterhachinger Lesenacht mit seiner eindringlichen Stimme Texte vorträgt, und der manchmal sogar Übersetzungen von Drehbüchern anfertigt.

Und dann ist da noch jener Matthias Ransberger, der allein in diesem Jahr etwa einhundert Einsätze als Sprecher hatte. Der zum Beispiel den neureichen Schnösel Hicham in der französischen Serie "Call my Agent!" spricht, in der es um die intriganten Machenschaften einer Pariser Schauspielagentur geht. In der Fantasy-Serie "Game of Thrones" lieh Ransberger der Figur Dickon Tarly seine klangvolle Stimme, mit der er jedes Wort eines Satzes mit einer klaren Kontur versieht. Eine kleine Rolle nur, zumal die Figur recht bald von den Flammen Daenerys Targaryens Drachen verzehrt wird. Aber der Name der Kultserie, der zieht im Lebenslauf eben.

Das ist Ransberger, von der ersten Folge an ein Fan von "Game of Thrones", durchaus bewusst. Und als er dann selbst Teil des Teams war, da sei er doch aufgeregt gewesen. Den Job an sich aber, wenn der Unterhachinger dem britischen Schauspieler Tom Hopper nach den Lippen spricht, den darf man sich nicht als quirliges Gruppenspiel vorstellen, bei dem die Synchronsprecher sich um ein einziges Mikrofon drängen. "Beim Sprechen ist man ganz alleine", sagt Ransberger. Er liebt das trotzdem, gerade wenn er die Rollen mit Bewegungen und Spiel ausfüllen kann und nicht nur mit dem Text. Man solle immer genau das machen, was die Figur gerade tut, diesen Tipp habe ihm Dietmar Wunder zu Studienzeiten in einem Workshop gegeben, die deutsche Stimme von Adam Sandler und Daniel Craig in der Rolle von James Bond. Also steckt Ransberger sich schon mal einen Stift in den Mund, wenn der Schauspieler auf der Leinwand vor ihm raucht. Oder er hält sich das Handy ans Ohr.

Manchmal reicht ein kleiner Stupser

Die Schauspielerei und Ransberger, das war keine Liebe auf den ersten Blick. Nichts, was ihn unversehens packte. "Stufenweise", sagt er, sei das Interesse dafür erwacht. Als Schüler am damaligen Unterhachinger Gymnasium, das heute Lise-Meitner-Gymnasium heißt, kümmerte er sich um die Technik der Theatergruppe und spielte Saxofon in der Big Band. Später half er im Kultur- und Bildungszentrum (Kubiz) beim Auf- und Abbau. Nach dem Abitur entschied er sich zwar für eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Doch die Faszination für die Bühne, für die Welt des Films und des Theaters, die rumorte in ihm. Erst leise, dann immer lauter, bis er eines Tages, als er am Ostbahnhof auf den Zug wartete, nicht umhin kam, sich zu fragen: Ganz ehrlich - was mache ich hier eigentlich?

Bekanntlich reicht in Phasen kreativer Unterforderung oft ein kleiner Stupser, um den Lebensplan neu aufzustellen. Und im Fall von Ransberger kam dieser Impuls von einem gewissen Wolfgang Wolter. Der 2005 verstorbene Schauspieler, der am Kubiz in Unterhaching Theaterproduktionen umsetzte, war für Ransberger so etwas wie ein Mentor. "Das merkt man oft erst später, wie sehr jemand einen weitergebracht hat", sagt der Unterhachinger. Denn Wolter animierte ihn, bei einem von ihm organisierten Frank-Wedekind-Projekt mitzumachen. Und die positiven Reaktionen auf diesen Auftritt, die hätten ihn letztlich motiviert, sich bei den Schauspielschulen zu bewerben.

Das vierte Vorsprechen klappt schließlich. Ransberger zieht zum Studium nach Potsdam, 2008 macht er seinen Abschluss an der ältesten Filmhochschule Deutschlands. Nun ja, und abgesehen von einer einjährigen Festanstellung am Theater im thüringischen Gera, wo er Heinrich von Kleist-Stücke ebenso spielt wie den Mogli aus dem Dschungelbuch, ist er seither vor allem freiberuflich am Markt unterwegs. Ein Blitzlichtgewitter bricht bislang zwar nicht los, wenn er sich auf die Straße begibt.

Doch bei den Sprecher- und Schauspielagenturen tippen sie seine Nummer inzwischen ganz selbstverständlich, wenn sie eine passende Rolle zu besetzen haben. Er habe gute Erfahrungen mit einer Mischung aus Offenheit und Eigeninitiative gemacht, sagt er und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Ein Casting dagegen mit der Anspruchshaltung zu absolvieren, die Welt habe nur auf einen gewartet, davon hält er ebenso wenig wie von verbissenem Karrierestreben. Und wie eine Marke Ransberger aussehen könnte, da möchte er sich auch noch nicht festlegen. Nur dass er gerne mal in einem Actionfilm mitspielen würde, das verrät er dann doch. Eine Rolle mit Körpereinsatz, die würde ihm gefallen.

Aufführungen der bairischen Version des Theaterstücks "Der Gott des Gemetzels" mit Matthias Ransberger gibt es vom 27. Juni bis 1. Juli jeweils um 20 Uhr im "Heppel & Ettlich" in München.

© SZ vom 24.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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