St. Korbinian Unterhaching:Auftritt von Erzkatholik empört Gläubige

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Die "Ehe für alle" ist in der katholischen Kirche nicht unumstritten. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Beauftragte für die Erwachsenenbildung holt den umstrittenen Journalisten Michael Ragg nach Unterhaching. Pfarrer Windecker und Mitglieder des Pfarrgemeinderats distanzieren sich von dem Vortrag und dem Organisator.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Allein die Überschrift führt zu Irritationen: "Ehe für alle - der große west-europäische Irrweg" ist eine Veranstaltung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Unterhaching St. Korbinian überschrieben.

Seit sie wissen, wer ihnen da an diesem Mittwoch als Referent ins Pfarrheim geholt wurde, regt sich unter Pfarrgemeinderäten und bei Pfarrer Axel Windecker Unmut. Der Journalist und Moderator Michael Ragg gilt als Vertreter von Fundamental-Katholiken, der äußerst konservative Thesen vertritt.

Seinen Vortrag in Unterhaching kündigt er mit den Worten an: "Fast ohne gesellschaftliche und parlamentarische Diskussion hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass Homosexuelle eine ,Ehe' schließen können. Diesen Sachverhalt haben die Befürworter irreführend mit dem Begriff ,Ehe für alle' umschrieben." Aufgefallen ist Ragg bislang vor allem mit Referaten über "Fake News". Darin wirft er Journalisten vor, "subtil Propaganda" zu verbreiten. So sei es nicht notwendig, die AfD mit dem Attribut rechtspopulistisch zu belegen. Journalisten wollten die Leser mit dieser Wortwahl erziehen und nicht informieren.

Auch hat Ragg gemeinsam mit Christa Meves das Buch "Auf die Liebe kommt es an" veröffentlicht. Die Kinder- und Jugendpsychologin Meves, Beisitzerin in "Ragg's Domspatz", einer "Agentur für christliche Lebenskultur", ist für ihr rechtsradikal-konservatives Gedankengut bekannt. Von ihr stammt der Satz: "Die Frau hat von ihrer biologischen Aufgabe her ein natürliches Bedürfnis nach Unterwerfung, der Mann nach Eroberung und Beherrschung." In einem Bericht von einem Treffen Homosexueller schrieb sie: "Man wünscht sich wieder saubere, aufrechte junge Männer."

Ein Fragezeichen auf de Homepage des Bildungswerks

Weder die Mitglieder des Pfarrgemeinderats noch der Pfarrer konnten anfangs mit dem Namen Michael Ragg etwas anfangen. Die KEB in Unterhaching liegt wiederum allein in den Händen des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Hartmut Benk. Er hat Ragg eingeladen. Es sei eben so, dass sich um die Erwachsenenbildung keiner kümmern wolle, gibt Pfarrer Windecker zu. Seit sie wissen, wen Benk nach Unterhaching holt, finden viele Pfarrgemeinderäte seine Auswahl "sehr problematisch" und "bedenklich". "Das ist ein sehr fragwürdiger Referent", sagt ein Pfarrgemeinderat, der namentlich nicht genannt werden will. Daher habe man die Veranstaltung nicht beworben.

Auf der Website des Münchner Bildungswerks, wo die Pfarreien Termine einstellen, habe man den Vortrag mit einem Fragezeichen versehen, um den Diskurs zu betonen, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Katharina Galler und fügt hinzu: "Das sind absolut nicht unsere Positionen." Benk selbst war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Zur Gesinnung des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden sagt Pfarrer Windecker: Benk sei "sehr treu christlich - um es mal positiv zu formulieren". Er habe überlegt, der Veranstaltung einen Riegel vorzuschieben, die vor seiner Zeit in Unterhaching vereinbart wurde. "Aber so etwas ist immer schwierig als neuer Pfarrer", findet Windecker, der erst seit Oktober in der Gemeinde im Amt ist. An sich begrüßt er eine Diskussion über die Ehe und die Position der Kirche. Er habe die klare Vorstellung, dass die Ehe Mann und Frau vorbehalten sein solle. Gleichwohl sollten andere Partnerschaftsentwürfe Gottes Segen erhalten, wenn es den Betreffenden wichtig sei.

Noch bedenklicher als den Vortrag im Pfarrheim findet Windecker einen mit der Einladung versandten Flyer für ein Symposium fundamentaler Katholiken in Frankfurt. "Das ist absolut rückschrittlich, diese Leute sind unbelehrbar", sagt er. Für den Pfarrverband Unterhaching sei das kontraproduktiv und werfe ein schlechtes Licht auf die Kirche. Dann heiße es wieder: "Wir haben schon immer gewusst, dass die so sind." Am Sonntag wird ein neuer Pfarrgemeinderat gewählt. Unterhachings Pfarrer hofft auf Veränderungen, und auch darauf, dass künftig ein Gremium die Erwachsenenbildung organisiert.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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