Kommunalpolitik:Tabula rasa im Rathaus

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Die Haltbarkeitszeit ist abgelaufen: In Unterhaching sind alle alten Anträge vom Tisch. (Foto: Bernhard Classen/imago images)

Die Unterhachinger Gemeinderatsfraktionen verständigen sich darauf, dass sie eine Vielzahl seit Jahren nicht behandelter Anträge zurückziehen - und gegebenenfalls neue stellen.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Beim Aufräumen fallen einem mitunter Dinge in die Hände, die offenbar schon ewig irgendwo vor sich hin stauben. Das ist in einem Rathaus nicht anders als zu Hause, wo sich tief unten in Schubladen Unterlagen stapeln, die man längst hätte bearbeiten und abheften müssen. Und dann stellt man fest: Das, was das steht, ist überhaupt nicht mehr aktuell.

In der Unterhachinger Verwaltung hat sich über Jahre hinweg eine große Menge an Anträgen der Gemeinderatsfraktionen angesammelt, für deren Bearbeitung nie jemand Zeit fand. Teilweise waren sie bereits im Jahr 2017 gestellt worden. Der Versuch von Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD), sie nun auf einen Streich durch Abstimmungen in einer Sitzung gänzlich vom Tisch zu bekommen, ist so zwar nicht aufgegangen. Der Empörung der Ratsmitglieder folgte allerdings eine pragmatische Lösung.

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Das Problem bei der Behandlung der alten Anträge lag nicht allein in den möglicherweise überholten Themen, sondern auch in einer inzwischen veränderten Geschäftsordnung. Die nämlich sieht vor, dass erst einmal abgestimmt wird, ob sich die Verwaltung überhaupt damit beschäftigen soll. Genau das ärgert insbesondere die Grünen, deren Antrag zum nachhaltigen Bauen fast sechseinhalb Jahre zur Bearbeitung im Rathaus lag. "Heute wird dieser Antrag nach der neuen Geschäftsordnung behandelt, die gar keine inhaltliche Befassung nach Antragstellung vorsieht, sondern die bedeutet, dass Ideen aus dem Gemeinderat gleich beerdigt werden können", kritisierte Fraktionsvorsitzende Evi Karbaumer. Sie hält das für "demokratieschädlich" und stellte die Frage: "Wer wird sich noch engagieren, wenn Themen, für die einzelne Menschen brennen, erst in der nächsten Amtsperiode beantwortet werden?"

"Da wollte ich von Anfang an auch hin", sagt der Bürgermeister, "aber ich habe mich nicht getraut"

Korbinian Rausch (CSU) fand auch, sechseinhalb Jahre "kann man nicht erklären". Zudem habe er festgestellt, dass es eine extrem unterschiedliche Bearbeitungszeit gebe und warf Bürgermeister und Verwaltung Willkür vor. Peter Wöstenbrink von der SPD wies diesen Vorwurf zurück und sah eher eine "Chance zum Entrümpeln". Amtsleiter Simon Hötzl versuchte die Aufregung zu senken: "Wir wollen nicht, dass die Themen verschwinden. Sie können gerne neue Anträge stellen."

Das haben sich die Gemeinderäte dann auch in einer kurzen Sitzungsunterbrechung überlegt und schließlich alle alten Anträge zurückgezogen. Bürgermeister Panzer wirkte erleichtert und bezeichnete die Entscheidung als eine "gute Lösung". Er gab zu: "Da wollte ich von Anfang an auch hin, aber ich habe mich nicht getraut."

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