Unterföhring:Leistungsstarke Energiezentrale

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Imposante Technik: Die Unterföhringer hatten Gelegenheit, sich die neue Energiezentrale anzusehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Deutschlandweit einmaliges Geothermie-Projekt ist in Unterföhring entstanden. Mit dem neuem Herzstück kann das Fernwärmenetz weiter ausgebaut werden.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Mehr als 50 Millionen Euro hat die Gemeinde Unterföhring in den vergangenen knapp zehn Jahren in der Erde vergraben, am Freitagabend feierten Lokalpolitiker aus dem ganzen Landkreis München und zahlreiche Bürger ein großes Fest zur Einweihung der Energiezentrale Nummer zwei am östlichen Ortsrand. Reden von Honoratioren, kirchliche Segnung, Lob von allen Seiten, Ochs am Spieß, Musik und eine Lasershow - die Stadtrandkommune hat sich das Erdwärme-Erfolgsfest einiges kosten lassen.

Der Anlass ist ein deutschlandweit bislang einmaliges Projekt. In Unterföhring steht mit nun insgesamt 22 Megawatt geothermischer Wärmeleistung eine Anlage, die als leistungsstärkste ihrer Art in ganz Deutschland gilt. Die erste Energiezentrale schaffte zehn Megawatt, die zweite sogar noch zwei Megawatt mehr. 2014 hatten die Unterföhringer mit den Bohrarbeiten für eine zweite Dublette begonnen und damit Neuland betreten: Noch nie zuvor war in Deutschland eine bereits bestehende Geothermieanlage mit zwei neuen Bohrungen und einer zweiten Energiezentrale erweitert worden.

Damit hat die Gemeinde den Grundstein dafür gelegt, auch den Süden den Ortes an das Erdwärmenetz anzuschließen. Innerhalb von 15 Monaten wurde das Herzstück, die Energiezentrale 2, hochgezogen: Das 66 Meter lange Bauwerk beherbergt neben dem Netzpumpenraum sowie den Anlagen zur Netzdruckhaltung und Filterung auch zwei mit Gas betriebene Blockheizkraftwerke mit je 600 Kilowattstunden Leistung. Dadurch wird die Geovol künftig einen Großteil des für die Tiefpumpen verbrauchten Stroms selbst erzeugen können.

Auch die Raumkühlung ist von sofort an selbst gemacht: Dank einer Adsorptions-Maschine kann die tiefe Erdwärme jetzt auch in Kälte zur Raumklimatisierung umgewandelt werden. Das neue Haus verfügt zudem über einen Konferenzraum, in dem Schulungen, Workshops und Kundengespräche stattfinden sollen, aber auch Veranstaltungen für die örtliche Bevölkerung angeboten und die jährlich mehr als 50 Besuchergruppen empfangen werden. Vor allem bei Schulklassen ist die Geovol beliebt.

"Das ist unsere Wärmeschaukel"

Mit der zweiten Energiezentrale ist das Geothermieunternehmen imstande, das eigene Fernwärmenetz weiter auszubauen. Nach der geothermischen Versorgung des nördlichen Ortsteils kann nun bis spätestens 2020 auch das südliche Unterföhring vollständig für die Erdwärmelieferung erschlossen werden. In der Föhringer Allee wird seit Wochen bereits fleißig gebaut. Aber auch für die Bestandskunden ist die Inbetriebnahme der neuen Energiezentrale von Vorteil, wie die Geovol mitteilt: Da die beiden Fernwärmekreise miteinander verflochten sind, kann bei Spitzenlasten oder dem Ausfall einer Zentrale die andere zeitweise die Wärmelieferung übernehmen. "Das ist unsere Wärmeschaukel", sagte technischer Leiter Ulrich Huber bei der Präsentation der blitzblank geputzten Rohre in der neuen Energiezentrale. Nach den Worten von Geovol-Chef Peter Lohr sind bereits mehr als 2000 Haushalte und an die 50 Gewerbekunden an das Erdwärmenetz angeschlossen - Tendenz steigend.

Landrat Christoph Göbel (CSU) und Erwin Knapek, früherer Bürgermeister von Unterhaching und Präsident des Bundesverbandes Geothermie, sparten bei der Feier nicht mit Superlativen. Göbel gratulierte den Unterföhringern zur ihrer Innovationsfreude, von der auch der Landkreis hinsichtlich seiner Energievision in seiner Gänze profitiere: "Die Gemeinde hat fantastische Arbeit geleistet", sagte der Kreischef. Knapek lobte die Weitsicht und den Mut von Unterföhring, sich an eine zweite Dublette zu trauen: "Das hätte vor zehn Jahren niemand für möglich gehalten."

Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU) dankte vor allem Knapek, der "die Rolle des Ministers" übernommen hat. Eigentlich hätte Finanzminister Markus Söder die Unterföhringer mit seiner Anwesenheit beglücken sollen. Eine wichtige Angelegenheit soll den Auftritt aber verhindert haben. Ärgerlich, wie Kemmelmeyer sagte, denn nur wegen Söder hatte Unterföhring den Feiertermin ausgerechnet auf einen trüben Oktober-Freitag verlegt. "Doch jetzt haben wir etwas gut bei Söder." Hoffentlich weiß er das.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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