TTIP-Debatte:Auch die CSU-Abgeordnete ist skeptisch

Lesezeit: 2 min

Bei einer Podiumsdiskussion in Unterhaching lehnen nicht nur Vertreter von Bund Naturschutz, Grünen und FW das Freihandelsabkommen ab. Auch CSU-Vertreterin Wittmann überrascht mit kritischen Sätzen. Der Sozialdemokrat Pfaffmann äußert sich differenziert - und erntet Buhrufe.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Am Anfang habe sie sich gefragt, ob man TTIP essen kann, gestand die CSU-Landtagsabgeordnete Mechthilde Wittmann bei einer Informationsveranstaltung über das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen am Montagabend im Sitzungssaal des Unterhachinger Rathauses. Dass aus seiner Sicht TTIP schwer verdaulich ist und am Ende der kleine Mann die Suppe auslöffeln muss, die ihm die Europäische Union und die USA einbrocken wollen, das hatte zuvor bereits in aller Ausführlichkeit Christian Hierneis, Vorsitzender des Bundes Naturschutz München, erläutert.

Bei der von den Unterhachinger Grünen initiierten Veranstaltung "Freihandelsabkommen - Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie . . ." war es der Part von Hierneis, den Zuhörern in 45 Minuten einen Überblick über die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP und CETA zu geben, ehe Landtagsabgeordnete von CSU, SPD, Grünen und Freien Wählern ihre Sicht der Dinge darlegen und die Besucher Fragen stellen durften.

"So eine Veranstaltung könnte es öfter geben"

Für die mehr als 130 Zuhörer im vollbesetzten Sitzungssaal hatte die Veranstaltung damit den besonderen Charme, dass sie nicht nur Daten, Fakten und Hintergründe vor allem zu TTIP erfuhren, sondern anschließend auch noch die Haltung aller im Landtag vertretenen Parteien dazu. "So eine Veranstaltung könnte es öfter geben", lautete das Fazit einer Besucherin.

Dass Christian Hierneis TTIP als Schreckgespenst an die Wand malen würde, konnte man erwarten, auch die kritische Haltung von Claudia Stamm (Grüne) und Nikolaus Kraus (Freie Wähler) musste niemanden überraschen. Während der Kurzreferate von Mechthilde Wittmann (CSU) und Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) konnte man hingegen in einige irritierte Gesichter blicken.

Vor allem Wittmann ließ mit ihrer Stellungnahme aufhorchen. Am selben Tag, an dem Ministerpräsident Horst Seehofer bei der "Wirtschaftsnacht" der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft in München feststellte, TTIP biete exportstarken Unternehmen im Freistaat eine große Chance, wartete Wittmann mit Sätzen auf wie "Wir sollten nicht davon ausgehen, dass die USA uns Gutes tun wollen" oder "Das Hauptproblem ist, dass kaum noch jemand Vertrauen in die EU-Kommission hat". Außerdem warnte Wittmann vor negativen Folgen, die das Handelsabkommen für die Dritte Welt zeitigen könnte.

"Der Untergang des Abendlandes ist ein Freihandelsabkommen nicht"

SPD-Mann Pfaffmann verwunderte nicht nur mit seiner Schlussbemerkung: "Der Untergang des Abendlandes ist ein Freihandelsabkommen nicht." Von Beginn an erweckte Pfaffmann den Eindruck, als würde er das TTIP gegen unangemessene Kritiken verteidigen wollen. "Hier reden viele mit, die nichts verstehen", sagte er gleich im Anschluss an das Referat von Christian Hierneis und relativierte in der Folge einige Kritikpunkte des BN-Vorsitzenden an dem Vertragswerk.

Pfaffmann erntete neben wenig Applaus auch Buhrufe. Für die Kernaussage des SPD-Politikers hatte das Publikum dann kaum noch ein Ohr: Er lehne das TTIP ebenfalls ab, "aber Europa verhandelt und nicht die BRD". Deshalb sei es sachdienlicher zu versuchen, Einfluss auf Inhalte zu nehmen statt das TTIP kategorisch abzulehnen. Zumal das keinen Sinn habe, da die Mehrheit in Europa dafür sei.

Mit dem Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen zwischen den USA und Europa soll die weltgrößte Freihandelszone zwischen Europa und den USA geschaffen werden. Die Gegner dieses Abkommens kritisieren dabei in erster Linie die fehlende Transparenz der Verhandlungen, warnen vor einem Absinken der Standards etwa in der Lebensmittel- oder Gesundheitsbranche und sprechen von einem Aushebeln der Demokratie, wenn Konzerne gegen Gesetze klagen können, die in den USA oder den EU-Mitgliedsstaaten erlassen werden, wenn dadurch ihre Umsätze gemindert werden. So etwa der Energie-Konzern Vattenfall, der aktuell die Bundesrepublik wegen des Atomausstiegs auf Schadenersatz in Höhe von 4,7 Milliarden Euro verklagt. Vor einer anderen Gefahr warnte ein Besucher: "Wir Europäer sind dem Wildwest-Kapitalismus nicht gewachsen, da brauchen wir uns keiner Illusion hinzugeben."

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: