Artenvielfalt:Warum der Hachinger Bach so einzigartig ist

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Der Wiesenknöterich sieht aus wie Zahnbürstl und ist wichtig für den Randring-Perlmuttfalter. (Foto: Michael Wagner/Landratsamt München)

Bei einem Rundgang in Taufkirchen erklärt Michael Wagner von der Naturschutzbehörde, was das Areal zu einem wahren Schatzkästchen macht.

Interview von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Unter dem Titel "Artenvielfalt vor der Haustüre" lädt die Volkshochschule (VHS) Taufkirchen an diesem Donnerstag, 21. August, zu einem Rundgang am Hachinger Bach nördlich von Potzham ein - durch eines der letzten Feuchtwiesengebiete im Landkreis. Im Interview verrät Dozent Michael Wagner von der Naturschutzbehörde im Landratsamt München, was dieses Areal so besonders macht. Und was dort alles kreucht und krabbelt, wächst und wuchert.

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SZ: Herr Wagner, beim Stichwort Artenvielfalt denken viele Menschen eher an den tropischen Regenwald als an eine Feuchtwiese in Taufkirchen...

Michael Wagner: Dabei ist die Landschaft vor unserer Haustüre ebenfalls artenreich. Mit dem Regenwald in Brasilien kann das natürlich nicht mithalten, weil in unseren Breitengraden infolge mehrerer Eiszeiten die Vielfalt deutlich abgenommen hat. Aber trotzdem gibt es Gebiete, in denen die Lebensraumvielfalt sehr hoch ist und wo man entsprechend viele Pflanzen- und Tierarten findet.

Michael Wagner führt durch eines der letzten Feuchtwiesengebiete im Landkreis München. (Foto: Michael Wagner/Landratsamt München)

Aber liegen solche Gebiete nicht eher auf dem Land statt in einer städtischen Umgebung wie in Taufkirchen?

Nein, das hat sich aufgrund der Entwicklungen in der Landwirtschaft hin zu großen Maschinen, großen Schlägen, dem Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie dem Wegfall von Hecken und Feldrainen inzwischen geändert. Heute ist die Artenvielfalt im urbanen Raum oft größer als auf dem Land - gerade was die Insektenvielfalt anbelangt.

Und was macht das Gebiet in Taufkirchen westlich der Tölzer Straße und beidseits des Hachinger Bachs so besonders?

Dort liegt eines der letzten Feuchtwiesengebiete im Landkreis München. Das ist quasi ein Relikt, das übrig geblieben ist - auch, weil das Gelände nur schwer zu bewirtschaften ist. Dort findet man heute seltene Pflanzenarten, die typisch für solche Feuchtwiesen sind. Und in der Folge auch eine große Insektenvielfalt.

Zum Beispiel?

Beispielsweise wächst dort die bayernweit stark gefährdete Hartmans Segge, das ist eine Sauergrasart. Oder der Wiesenknöterich, den wir als Kinder wegen seiner rosa Blüten immer Zahnbürstl genannt haben. Auf dieser Pflanze - und nur dort - legt der bei uns stark gefährdete Randring-Perlmuttfalter seine Eier ab. Denn die Raupen dieses Schmetterlings fressen ausschließlich Wiesenknöterich.

Das heißt ohne die Pflanze gibt auch keine Randring-Perlmuttfalter?

Genau, und das ist bei etlichen Insekten so. Beispielsweise haben wir in Bayern 520 verschiedene Wildbienenarten. Und ein Großteil davon ist an eine einzige Pflanzenart oder Pflanzenfamilie gebunden. Wenn sie in einem Gebiet nicht mehr wächst, dann kann dort auch die entsprechende Bienenart nicht überleben.

Der Randring-Perlmuttfalter lebt am Hachinger Bach. (Foto: Michael Wagner/Landratsamt München)

Ist das auch die Botschaft, die Sie bei dem Rundgang durch das Taufkirchner Feuchtwiesengebiet vermitteln wollen?

Ja, ich wünsche mir, dass die Menschen erkennen, dass Artenvielfalt nicht nur im tropischen Regenwald ein Thema ist, sondern auch bei uns. Wir haben hier kleine Schatzkästchen, und die gilt es zu bewahren. Schließlich hängt auch unsere Existenz von der Artenvielfalt ab - das ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Dabei würden 80 Prozent unserer Nahrungsmittel wegfallen oder deutlich geringere Erträge liefern, wenn es keine tierische Bestäubung gäbe. Dann sähe es auf unseren Tellern ziemlich arm aus.

Der Rundgang "Artenvielfalt vor der Haustüre" ist am Donnerstag, den 21. Juli, um 16 Uhr. Treffpunkt ist die Brücke an der Ritter-Hilprandstraße/Ecke Pöttinger Weg. Die Gebühr beträgt vier Euro. Anmeldung und weitere Infos gibt es s bei der VHS Taufkirchen unter der Telefonnummer 089-6145140 oder www.vhs-taufkirchen.de .

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