Taufkirchen:Eine Rektorin zum Anfassen

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Auf Wiedersehen, Frau Pauker: Die Rektorin der Grundschule am Wald in Taufkirchen geht in den Ruhestand. (Foto: Claus Schunk)

Als Betty Pauker vor 20 Jahren die Leitung der Grundschule am Wald übernahm, wollten viele Eltern aus dem Sprengel ihre Kinder dort nicht unterrichten lassen. Zuletzt lagen sogar Gastschulanträge auf ihrem Schreibtisch. An diesem Donnerstag wird die Pädagogin verabschiedet.

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Die Karte des Kollegiums hat Betty Pauker sehr gerührt. "Eine Ära geht zu Ende", attestieren die Lehrerinnen und Lehrer der Taufkirchner Grundschule am Wald ihrer Chefin zum Abschied. "Eine Ära, meine Güte, das klingt so großartig", sagt sie und lacht verlegen. 20 Jahre lang hat Betty Pauker die Schule geleitet, wenn sie am 17. Februar in den Ruhestand geht. "20 Jahre, in denen sich wahnsinnig viel verändert hat", sagt sie rückblickend. Aber auch zwei Jahrzehnte, die sie nicht missen möchte, und in der ihr die Schule in Taufkirchen persönlich offenbar so viel gegeben hat, dass sie von einer "Herzensangelegenheit" spricht. Pauker ist sich ganz sicher: "Sie wird mir fehlen."

An diesem Donnerstag werden sich die Kinder und Lehrer mit einer Feier offiziell von ihrer Rektorin verabschieden. Und Betty Pauker ist in den Tagen davor nicht weniger aufgeregt als 1997, als sie in Taufkirchen anfing. "Es ist eine geheimnisvolle Zeit, überall wird etwas vorbereitet, und möglichst so, dass ich es nicht merke. Eigentlich müsste ich mit Fußglöckchen durch die Gänge laufen." Man kann sich das durchaus vorstellen, denn Betty Pauker hat ihren Weg als Schulleiterin oft etwas anders beschritten als vielleicht manch anderer.

"Ich mag dieses Viertel und finde mein buntes Völkchen schön und interessant"

"Ich war immer eine Rektorin zum Anfassen und zum Reden", sagt sie. Eine, die man auch mal umarmen darf, die die Namen all ihrer 396 Schüler aber auch deren Sorgen und Nöte kennt, die sich für Kinder und Eltern immer viel Zeit genommen hat und die sagt: "Alle sind mir wichtig, so wie sie sind, mit ihren besonderen Fähigkeiten." 20 Nationen zählt sie an ihrer Schule und sie sagt: "Ich mag dieses Viertel und finde mein buntes Völkchen schön und interessant."

Als Pauker sich vor 20 Jahren für den Posten in Taufkirchen beworben hatte, war ihr zunächst gar nicht so bewusst, was sie im Ortsteil Am Wald erwarten würde. Zuvor hatte sie in Harlaching als Konrektorin gearbeitet, nun kam ihr der Chefposten im Landkreis gerade recht, zumal sie kurz zuvor nach Oberhaching gezogen war. Taufkirchen war damals für sie einfach nur die Nachbargemeinde. Doch als sie gleich zehn Anträge von Eltern auf ihrem neuen Schreibtisch vorfand, deren Kinder eben nicht auf ihre Schule gehen sollten, sondern über die Sprengelgrenze hinweg in die Grundschule an der Dorfstraße, sagte sich Pauker: Da müssen wir etwas ändern.

Die Eltern damals konnte sie nicht überreden, zu sehr herrschte die Meinung, dass in der Grundschule am Wald zu viele Kinder mit Migrationshintergrund zur Schule gingen. "Wir brauchten ein anderes Konzept und ein besseres Image", sagt Betty Pauker. Und damit hatte sie offenbar Erfolg. Heute will keiner mehr in die andere Schule. Im Gegenteil. Seit einigen Jahre schult sie immer ein paar Kinder ein, die im anderen Sprengel zu Hause sind.

"Wir waren die Pioniere. Die Schule war im Aufbruch"

Ihr großes Glück sei allerdings auch gewesen, dass damals eine große Schulentwicklung in Gang kam, sagt Pauker heute. "Wir waren die Pioniere. Die Schule war im Aufbruch." An der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen hat das Taufkirchner Kollegium ein Leitbild entwickelt, das eine Atmosphäre des Miteinanders schaffte. Damit auch die Taufkirchner außerhalb der Schule davon erfuhren, wurde die Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam mit Studenten der Bundeswehr-Uni in Neubiberg verbessert. Sogar ein Identität stiftendes Maskottchen, das "Pappolino", wurde damals erfunden und saß viele Jahre lang auf einer Säule im Eingangsbereich.

Aber auch die Lernkonzepte, die in der Grundschule am Wald entwickelt wurden, fanden bayernweit Anklang. Sie seien aus der Notwendigkeit heraus entstanden, einen neuen Weg zu beschreiten, sagt Pauker. Dabei sei ihr Lehrerkollegium immer auf einer so hohen Welle der Motivation geschwommen, dass vieles möglich war. Erste Anerkennung war der Schulentwicklungspreis für ein Konzept, das sich auf drei Säulen stützt: Die so genannten Lernschienen ermöglichten in Taufkirchen schon früh, Kinder auf verschiedenen Leistungsniveaus zu unterrichten. Pauker sieht das als Anfang der heutigen Flexiblen Grundschule, die sie später als eine der ersten in Bayern einführte. Hinzu kam das Gruppenpuzzle, Projekte, zu denen jedes Kind seinen Fähigkeiten entsprechend etwas beisteuert. Dritter Baustein war die Einbindung der Eltern in den Unterricht.

Auch heute sagt Betty Pauker: "Ich war immer gerne Grundschullehrerin." Es gebe keine andere Schulform, in der man erleben kann, "wie viel Kinder lernen können". Das Leistungsniveau habe sich mit der Entwicklung der Grundschule am Wald erhöht, was aber nicht bedeute, dass unbedingt die Übertrittsquote auf das Gymnasium gesteigert werden müsse. "Auch die Mittelschule ist eine weiterführende Schule", sagt sie. Wichtig sei ihr ganz einfach gewesen, eine Schule zu entwickeln, wie sie sie gerne für ihre Tochter und jetzt auch ihren kleinen Enkel gehabt hätte.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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