Sportvereine:Auf dem Weg zum Fitness-Dienstleister

Lesezeit: 2 min

Sebastian Gallus ist Geschäftsführer des SV-DJK Taufkirchen. (Foto: Claus Schunk)

Der SV-DJK Taufkirchen leistet sich einen hauptamtlichen Geschäftsführer. Er ist damit ein Vorreiter im Bereich des Breitensports.

Von Stefan Galler, Taufkirchen

Das vergangene Jahr war ein gutes aus Sicht des SV-DJK Taufkirchen. Zwar sind die Mitgliederzahlen des Vereins ein wenig zurückgegangen, doch das ist keineswegs ungewöhnlich in Zeiten, in denen der Trend weggeht von Mannschaftssportarten und hin zum Freizeitsport ohne feste Trainingszeiten und zur Ganztagsschule, die es Kindern beinahe unmöglich macht, Sport im Klub zu betreiben.

Doch finanziell steht der im Jahr 2000 aus dem SV und der DJK Taufkirchen fusionierte Verein, dem rund 3000 Menschen angehören, passabel da. Weswegen der Vorstand um Präsident Klaus Brandmaier das tun konnte, was er schon lange vorhatte: Er stellte einen hauptamtlichen Geschäftsführer ein. "Obwohl ich im Ruhestand bin, konnte ich die Zeit nicht mehr aufbringen, die nötig wäre, um alles selbst zu regeln", sagt Brandmaier.

Eine Verletzung beendete die eigene Fußballerkarriere

Die Wahl fiel auf Sebastian Gallus, 28, der aus Zolling im Landkreis Freising stammt. Er spielte einst bei Eintracht Freising Fußball, schaffte es bis in die Landesliga, ehe ihn eine Verletzung zwang, die höheren Klassen aufzugeben. Heute ist er Spielertrainer bei seinem Heimatverein, dem Kreisklassisten SpVgg Zolling. "Ich habe mitbekommen, dass die Stelle ausgeschrieben ist und mich ganz normal beworben", erzählt der junge Mann, der Sport- und Eventmarketing an der Fachhochschule Erding studiert hat und seine ersten beruflichen Erfahrungen bei einer Münchner Sportvermarktungsagentur sammelte.

In Taufkirchen hat Gallus eine ganze Palette von Aufgaben, er soll einerseits die Belegung von Hallen und Trainingsplätzen mit der Gemeinde und den örtlichen Schulen koordinieren; andererseits ist er damit beschäftigt, die Interessen der insgesamt 19 Unterabteilungen im Klub aufeinander abzustimmen. Schon allein alle Mannschaften und Trainingsgruppen auf den Plätzen unterzubringen, ist eine Aufgabe, die ein Ehrenamtlicher kaum stemmen kann.

"Man kann getrost sagen, dass ich einen Fulltime-Job habe"

Dazu kommen Themen wie der vom Gesetzgeber neu eingeführte Mindestlohn, der auch Trainer in den Sportvereinen betrifft und eine lückenlose Dokumentation aller Coaching-Stunden erfordert: "Wir haben 180 bis 190 Übungsleiter im Verein, da muss man genau darauf achten, alle Vorgaben einzuhalten", sagt Gallus. "Man kann getrost sagen, dass ich einen Fulltime-Job habe."

40 Stunden "plus x" verbringe er im Büro, schließlich geht es bei seiner Arbeit nicht nur um das Tagesgeschäft, sondern auch um die Zukunft des SV-DJK, für die der 28-Jährige die Weichen stellen soll: "Derzeit gibt es noch ungefähr 90 000 Vereine in Deutschland, aber der Trend ist rückläufig", sagt Gallus. Er rechnet mit einer stärkeren Konzentration und dem Verschwinden von kleineren Klubs, die nicht ausreichend Mitglieder aufweisen, um sich selbst zu finanzieren.

"Die Leute wollen nicht mehr nur laufen, es muss auch noch Spaß machen"

Präsident Brandmaier kennt die Anforderungen genau: "Es geht nicht nur um Sport, sondern um Freizeit und Lifestyle", sagt er. "Kurz gesagt: Die Leute wollen nicht mehr nur laufen, es muss auch noch Spaß machen." Wer diese Bedürfnisse bediene, habe bessere Chancen auch finanziell gesund zu bleiben, ergänzt Gallus: "Die großen Vereine werden überleben - und die müssen dann eben geführt werden wie kleine Wirtschaftsunternehmen."

In Taufkirchen haben sie diese Zeichen der Zeit erkannt - und liegen damit ziemlich weit vorne. Im Landkreis München leisten sich die wenigsten Vereine schon jetzt einen hauptamtlichen Geschäftsführer. Der TSV Unterhaching beschäftigt Mihai Paduretu, allerdings war dieser bis zum Sommer 2014 gleichzeitig Trainer der erfolgreichen Bundesliga-Volleyballer des Vereins. Die Sparte war sozusagen die Lokomotive für professionellere Strukturen im Klub - in Person von Paduretu blieben diese Strukturen dem TSV erhalten, auch nach dem Zwangsabstieg der nach dem Sponsorenausstieg finanziell klammen Volleyballer.

Christopher Utz vom TSV Neuried ist wie Gallus Vollzeit-Angestellter, andere Vereine wie der TSV Ottobrunn erwägen ebenfalls, diesen Schritt zu gehen. "Vereine von unserer Größe sind dazu gezwungen, Geld zu investieren in Personal und tolle Programmangebote", sagt der DJK-Vorsitzende Brandmaier. "Sonst können wir mit Fitnessstudios und den Volkshochschulen, die üppig durch die öffentliche Hand unterstützt werden, nicht mehr konkurrieren."

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: