Unterhaching: SZ im Dialog:Discounter am Rand, Tätowierer im Ort

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In der Grünau ist die Versorgungslage immer schlechter geworden. (Foto: Claus Schunk)

Angesichts der Ausbaupläne für eine weitere Aldi-Filiale in der Peripherie sorgen sich CSU und Grüne um die Läden im Unterhachinger Zentrum und in der Grünau. Dort gibt es kaum noch Produkte des täglichen Bedarfs.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Es gibt keine andere Gemeinde im Landkreis München, in der die Dichte an Lebensmitteldiscountern so hoch ist wie in Unterhaching.

Egal auf welcher Ausfallstraßen man den Ort verlässt, das große "A" oder der gelb-blaue Schriftzug vom Konkurrenten sind nicht zu übersehen. Allein drei Filialen von Aldi und zwei von Lidl haben sich die Unterhachinger an ihre Peripherie bauen lassen. Hinzu kommen drei Drogeriemärkte und andere Großmärkte im Gewerbegebiet am Grünwalder Weg. Aber offenbar ist das aus Sicht der großen Discounter noch immer nicht genug. Zwar keine zusätzliche Filiale, gleichwohl aber ein Antrag nach dem anderen auf Erweiterung der Verkaufsflächen flattert dem Bauamt auf den Tisch.

Nach den Aldi-Filialen am Grünwalder Weg und an der Biberger Straße, will das Unternehmen jetzt auch am Kirchlandweg Richtung Ottobrunn wachsen. Von bislang 900 Quadratmeter Verkauffläche soll auch diese Filiale auf 1 200 Quadratmeter erweitert werden, "um einen von Einräumarbeiten möglichst störungsfreien Einkauf zu ermöglichen", wie es in der Sitzungsvorlage des Gemeinderats am Mittwochabend hieß. Dort stoßen die Expansionsgelüste der Discounter nicht mehr nur bei den Grünen auf Widerwillen. Auch die CSU hat inzwischen gemerkt, dass diese Entwicklung viele Bürger in Unterhaching nicht mehr goutieren, weil die Nahversorgung in der Ortsmitte und auch im Ortsteil Grünau immer schlechter wird.

In der Grünau ist die Versorgungslage immer schlechter geworden. (Foto: Claus Schunk)

Die Grundversorgung im Ort

"Wir stimmen dagegen, weil es nicht unsere Aufgabe ist, die Verkaufsmöglichkeiten der Discounter zu fördern, sondern den Einzelhandel innerhalb der Gemeindegrenze", sagte CSU-Gemeinderat Florian Riegel. Es gehe darum, die Grundversorgung im Ort sicher zu stellen. Anders werde es zu einer Kettenreaktion kommen, "es wird nicht lange dauern, bis die anderen nachziehen. Dass diese Befürchtungen längst eingetreten sind, daran erinnerte Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD): "Die anderen haben wir ja schon genehmigt." Auch die Grünen wunderten sich über die CSU. "Ich kann mich noch an den ersten Aldi in der Biberger Straße erinnern, damals hat die CSU massiv dafür geredet", sagte die Dritte Bürgermeisterin Christine Helming.

Lediglich die Grünen hätten immer gegen die vielen Discounter gestimmt und darauf hingewiesen, dass die ein großes Problem für den Ort sein könnten. Die CSU und die Grünen stimmten bis auf Hans Potschacher gegen die aktuellen Pläne, die mit 15 zu 13 Stimmen dennoch ein knappe Mehrheit fanden. Der Grünen-Gemeinderat Potschacher meinte: "Im Nachhinein ein Zeichen setzen ist ein bisschen spät." Auch Peter Hupfauer (FDP) findet, eine Ablehnung sei "ein nettes Zeichen, aber zu kurz gegriffen".

Die Aldi-Filiale an der Biberger Straße wurde bereits umgestaltet. (Foto: Claus Schunk)

Tatsächlich hatte man im Unterhachinger Rathaus vor zwölf Jahren noch jegliche Kritik an der Ansiedlung von Großmärkten empört zurückgewiesen. Die Existenz von kleinen Läden im Zentrum sah man anders als in anderen Städten und Gemeinden nicht gefährdet. Man verstieg sich sogar 2004 zu der These, die großen Märkte am Ortsrand könnten neue Chancen für die Einzelhändler mit sich bringen. Der damalige Bürgermeister Erwin Knapek (SPD) war der Ansicht, die bestehenden Läden in der Ortsmitte könnten mit Qualität und Beratung dagegen halten.

Im Fadenkreuz von drei Discountern

Mehr als zehn Jahre später sieht die Sache anders aus. Insbesondere der Ortsteil Grünau, der "im Fadenkreuz von drei Discountern" liegt, wie Franz Felzmann (CSU) bemerkte, hatte vor 15 Jahren noch eine funktionierende Ladenzeile und macht der Gemeinde nun Sorgen. "Sollte auch noch der Tengelmann dort aufgegeben werden, haben wir ein Riesenproblem", so Felzmann. Die Bürger wollten ein urbanes Wohnumfeld und eine funktionierende Nahversorgung. Insbesondere die Senioren dort bräuchten Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe.

Zwar stehen die Läden gegenüber dem Freibad und in der Von-Stauffenberg-Straße nicht ganz leer. Doch statt Lebensmittel, Bäcker, Bank oder Apotheke gibt es hier Geschäfte wie "Teppich-Martin", den Kosmetiksalon "Auszeit", einen "Bike-Store", ein Tattoo-Studio und eine Musik-Bar. Der Bürgermeister sieht das Problem auch und will versuchen, im März bei der Behandlung des Bebauungsplans Kapellenstraße gegenzusteuern.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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