Mitten in Unterhaching:Rum, Trauben, Verdruss

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Warum ein 17-Jähriger beim Kauf einer Tafel Schokolade an der Supermarktkasse scheitert.

Kolumne von Iris Hilberth, Unterhaching

Der 18. Geburtstag wird von den meisten Jugendlichen herbeigesehnt. Endlich volljährig, die große Freiheit. Man darf alleine Autofahren, Schnaps kaufen, Verträge abschließen, wählen gehen, Entschuldigungen und Verweise für die Schule selbst unterschreiben. Und was besonders erfreulich ist: Man kann fortan ohne elterliche Begleitung Schokolade kaufen.

Man wird nun selbst bei genauer und mehrfacher Durchsicht des Jugendschutzgesetzes das Wort "Schokolade" nicht finden. Es steht auch so da gar nicht drin. Und doch kann es sein, dass einem als 17-Jährigem an der Kasse des Vollsortimenters die quadratisch-praktisch-gute Leckerei mit dunkelroter Verpackung abgenommen wird. Das ist insofern besonders schade, als sie in dem Unterhachinger Supermarkt gerade im Angebot war. Was war da los?

Die Geschmacksrichtung "Rum Trauben Nuss" ist nichts für Kinder, auch nichts für Jugendliche, befand die Mitarbeiterin an der Kasse. "Du bist noch nicht 18", lautete die Begründung der Schokoladenverweigerung. Betrachtet man sich das Cover der offenbar hochprozentigen Süßigkeit, kann man tatsächlich schnell den Eindruck gewinnen, dass man nach dem Genuss von ein paar Ripperl auf keinen Fall mehr Autofahren sollte. Ein gut gefülltes Glas mit bernsteinfarbenem Destillat ist dort neben vergleichsweise kleinen Trauben und Nüssen abgebildet. Da kann man schon leicht den Schluss ziehen, dass es sich hier um ein "Lebensmittel, das andere alkoholische Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthält" handelt, wie es im Jugendschutzgesetz heißt. Mit "andere" sind die hochprozentigen Gesöffe gemeint, denn Bier und Wein darf ja an Jugendliche über 16 Jahre ausgeschenkt und verkauft werden.

Aber wie viel Schnaps ist denn drin in 100 Gramm "Rum Trauben Nuss"? Der Hersteller Ritter sagt: zwei Prozent Alkohol, also etwa 1,4 Gramm pro Tafel. Im Vergleich dazu: Eine Halbe Bier mit 4,5 Prozent Alkohol enthält etwa 18 Gramm, ein Glas Wein ungefähr 19 Gramm. Die Firma Ritter Sport gibt zu, dass man durch den Verzehr der Rum-Trauben-Nuss-Schokolade tatsächlich so betrunken werden kann, dass man besser ein Taxi nehmen sollte - schließlich baden die "kalifornischen Sultaninen" etwa 20 Stunden in 75-prozentigem Jamaika-Rum, bevor sie in die Schokolade kommen. Allerdings müsste man mindestens 35 Tafeln essen, um die Promillegrenze von 0,5 zu überschreiten. Das könnte tatsächlich übel ausgehen - aber nicht wegen des Jamaika-Rums.

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