Kommunalfinanzen:Schulden als einzige Perspektive

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Nördlich der Geothermie-Anlage der Stadtwerke München könnte im neuen Ortsteil Sauerlach-Ost ein Gewerbegebiet entstehen, das die Gemeinde dringend benötigt. (Foto: Claus Schunk)

Kämmerer Josef Mayer zeichnet ein düsteres Bild der Sauerlacher Finanzlage. Die CSU macht Bürgermeisterin Bogner für die Situation verantwortlich. Doch die dreht den Spieß um.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach

Nahezu zwei Millionen Euro nimmt die Gemeinde Sauerlach in die Hand, um auch die entlegenen Ortsteile und Weiler ans schnelle Internet anzuschließen. Die Maßnahme soll dazu beitragen, die heimische Wirtschaft und insbesondere kleine Betriebe zu stärken - allerdings reißt sie auch ein Loch in den Haushalt der Gemeinde, das diese eigentlich kaum verkraften kann. Manch einer sieht Sauerlach angesichts der angespannten Finanzlage und einer immer weiter zunehmenden Schuldenlast bereits in wenigen Jahren vor der Zahlungsunfähigkeit.

Traditionell ist Sauerlach mit seinen etwas mehr als 8000 Einwohnern eine der finanzschwachen Kommunen im wirtschaftsstarken Landkreis München. Vor allem bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer gehört der Ort neben Aying, Straßlach-Dingharting oder Schäftlarn zu den Schlusslichtern. In diesem Jahr geht Sauerlachs Kämmerer Josef Mayer lediglich von einem Gewerbesteueraufkommen in Höhe von etwa sechs Millionen Euro aus.

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In der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend skizzierte Mayer vor der Verabschiedung des Etats für das laufende Jahr ein Szenario, das bei manchem Gemeinderat fast eine Schockstarre auslöste: Sauerlach werde auch in den kommenden Jahren nicht ohne weitere Schulden auskommen, wenn die bereits beschlossenen und anstehenden Aufgaben wie vorgesehen ausgeführt werden sollen. Am Ende dieses Jahres würde der Schuldenstand dann bei etwas mehr als 16 Millionen Euro liegen, so der Kämmerer, Ende 2027 bei etwa 26 Millionen Euro. Dies würde eine Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 3000 Euro pro Einwohner bedeuten.

"Mit 27 Millionen Euro Schulden wären wir eigentlich insolvent", sagte dementsprechend Gemeinderat Willi Berthold von der Unabhängigen Bürgervereinigung (UBV). Sein Fraktionskollege Klaus Zimmermann ergänzte, dass die Gemeinde irgendwann bei den freiwilligen Leistungen werde kürzen müssen. Das betonte auch Kämmerer Mayer, der auf die teuren Pflichtaufgaben wie etwa die Erneuerung der Wasserversorgung oder den Betrieb und die Erweiterung der Kindertagesstätten verwies. Bei diesen aber dürfe die Gemeinde schon rein rechtlich den Rotstift nicht ansetzen, so Mayer. "Aber immer, wenn neue Aufgaben anstehen, werden wir künftig die Frage stellen: Müssen wir das wirklich machen?"

Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner sieht sich Vorwürfen aus Reihen der CSU ausgesetzt, sie habe die Ansiedlung neuer Betriebe vernachlässigt. (Foto: Claus Schunk)

Den Weg der Kürzungen indes möchte in der Gemeinde nicht jeder mitgehen. "Das ist der vollkommen falsche Ansatz. Es muss endlich etwas an der Einnahmeseite getan werden", sagte CSU-Gemeinderat Michael Hohenleitner und warf dabei Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) eine vollkommen verfehlte Wirtschaftspolitik in der Gemeinde vor. "Seit Jahren passiert im Ort in Sachen Gewerbesteuer nichts. Und das musst du dir ankreiden, Barbara, wenn man es 15 Jahre lang nicht schafft, das etwas vorangeht", sagte Hohenleitner.

Seit Jahren wird in Sauerlach darum gerungen, weitere Gewerbegebiete auszuweisen - insbesondere auch in der Ortsmitte, wo das neue Gymnasium samt Wohnbebauung und Sportanlagen entstehen könnte. Doch auch diese Planungen stocken. Auf Nachfrage bestätigte Bogner zwar, dass es mittlerweile ein Gespräch mit den Investoren Johann und Klaus Widmann gegeben habe, die den neuen Ortsteil Sauerlach-Ost entwickeln wollen - ins Detail aber ging sie dabei nicht. Vielmehr konterte sie die Vorwürfe der CSU, sie würde sich nicht um die Ansiedlung von neuem Gewerbe in der Gemeinde kümmern. Im neuen Haushalt sei kein Geld für den Ankauf neuer Grundstücke verankert worden und das liege in der Verantwortung des Gemeinderates, also auch der CSU, so die Bürgermeisterin. "Wir als Gemeinde aber haben keine Grundstücke für neue Gewerbegebiete."

"Die einzige Perspektive sind 27 Millionen Euro Schulden"

Die CSU lehnte den Haushalt für das laufende Jahr letztlich als einzige Fraktion ab, was aber nicht an fehlenden Mitteln für die Gewerbeförderung lag, sondern an einem Posten, der das bereits genehmigte Gymnasium betrifft. Markus Hoffmann kritisierte, dass für die Planungen lediglich 100 000 Euro im Etat vorgesehen seien und warf Bogner damit indirekt vor, die Schule weiter zu blockieren. "Mit diesem Haushalt wird keine Perspektive aufgezeigt. Die einzige Perspektive ist, dass wir einmal 27 Millionen Euro Schulden haben", sagte der CSU-Gemeinderat.

Sein Fraktionskollege Hohenleitner verwies darauf, dass für die Planungen des Gymnasiums im vergangenen Jahr noch 700 000 Euro im Haushalt veranschlagt worden waren. Die Verantwortung hierfür spielte Bogner an das Gremium zurück: Die Höhe der Gelder im Haushalt habe schließlich der Gemeinderat in den Etatverhandlungen festgelegt.

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