Pullach:Personalrätin droht Abwahl

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Nach den Angriffen auf Grünen-Bürgermeisterin Tausendfreund werden in der Belegschaft Unterschriften gesammelt. Dem Landratsamt liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde Petraschkas gegen die Rathauschefin vor

Von Michael Morosow, Pullach

In einem Aufsehen erregenden Leserbrief für den am Donnerstag erschienenen Isar-Anzeiger hat die Personalratsvorsitzende im Pullacher Rathaus, Eveline Petraschka, die amtierende Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund in die Nähe totalitärer Regime gerückt, ihr unter anderem Zensur vorgeworfen. Jetzt stellt sich heraus, dass dies nicht ihr erster Schlag gegen ihre Dienstvorgesetzte ist. Wie eine Sprecherin des Landratsamtes am Freitag auf Anfrage bestätigte, hat Petraschka bereits im Juni eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Susanna Tausendfreund bei der Behörde eingereicht.

Nach gesicherten Informationen der Süddeutschen Zeitung attackiert sie die Rathauschefin wie auch im Leserbrief im Zusammenhang mit deren strikten Ablehnung, die Angestellte Christine Eisenmann (CSU) vorzeitig aus ihrem Arbeitsverhältnis zu entlassen, damit diese ihr Gemeinderatsmandat antreten konnte. Unterdessen will Vizebürgermeister Andreas Most (CSU), der zurzeit die Rathausgeschäfte führt, prüfen lassen, ob der Faschismus-Vergleich in ihrem Leserbrief von strafrechtlicher Relevanz ist.

Seit Freitag gesichert ist indes, dass Eveline Petraschka auf Betreiben einer großen Gruppe der Rathausbelegschaft als Personalratsvorsitzende in einer außerordentlichen Personalversammlung abgewählt werden soll. Das dafür notwendige Quorum von 25 Prozent der 124 Rathausbeschäftigen ist laut Most bereits deutlich überschritten. "Die Zahl erhöht sich minütlich", sagte Most am Freitagnachmittag. Dabei müsse man bedenken, dass viele aus der Belegschaft gar nicht im Lande seien. "Aber selbst aus dem Urlaub haben sich welche gemeldet", berichtete Most, der den Zeitpunkt der Veröffentlichung des in der Kritik stehenden Leserbriefes nicht zufällig gewählt glaubt. Bürgermeisterin Tausendfreund sei zwar in Urlaub, aber deshalb sei das Rathaus nicht kopflos, sondern durchaus handlungsfähig mit ihm und Cornelia Zechmeister (WIP) als Stellvertreter. "Und wir beide haben keinerlei parteipolitische Interessen im Amt", versichert Most. Personalratsvorsitzende Eveline Petraschka wollte sich zur SZ nicht äußern.

Laut dem CSU-Mann werden im Rathaus derzeit mehrere im Isar-Anzeiger in den vergangenen Monaten veröffentlichte Beiträge, die man als Beleidigungen und Falschdarstellungen einstuft, zusammengetragen und als Paket einer anwaltlichen Prüfung unterzogen. Darunter der Faschisten-Vergleich Petraschkas, aber auch ein angeblich von Alexander Betz (FDP) verbreitetes Gerücht, wonach er, Most, in seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender der Geothermiegesellschaft IEP einen sechsstelligen Betrag für seine Beratertätigkeit erhalten habe. Betz hat sich aber inzwischen, ebenfalls in dem Anzeigenblatt, dagegen verwahrt, Verbreiter dieses Gerüchts gewesen zu sein.

Betz war auch verdächtigt worden, hinter einer im Mai gestellten Strafanzeige gegen Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund und den Geschäftsleitenden Beamten der Gemeinde Pullach, Heinrich Klein, zu stehen - ebenfalls in der Causa Eisenmann. Darin wurde der Rathauschefin vorgeworfen, im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vom 29. April Druck auf die Gemeinderatsmitglieder ausgeübt zu haben, um einen Beschluss zugunsten der CSU-Frau Christine Eisenmann zu verhindern. Dabei soll Tausendfreund gesagt haben, die Gemeinderatsmitglieder müssten möglicherweise mit ihrem Privatvermögen haften, wenn sie anders entschieden.

Wer die Strafanzeige gestellt hat, wird wohl im Dunkeln bleiben: Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I am Freitag auf Anfrage erklärte, ist dieser Strafanzeige gegen Tausendfreund keine Folge gegeben worden. Die Behördensprecherin räumte auch mit einem weiteren im Ort kursierenden Gerücht auf, wonach Bürgermeisterin Tausendfreund ihrerseits Strafanzeige gegen FDP-Gemeinderat Betz wegen Geheimnisverrats gestellt habe. "Eine Strafanzeige von Frau Tausendfreund gegen Herrn Alexander Betz ist uns bislang (noch) nicht bekannt."

© SZ vom 01.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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