Pullach:Das Chemie-Unternehmen bleibt in Deckung

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Auf der Bürgerversammlung muss das Rathaus zu den Ausbauplänen von United Initiators Stellung beziehen. Das sei aber Sache des Chemieunternehmens selbst, sagen Kritiker.

Von Michael Morosow, Pullach

Die Umbau- und Erweiterungspläne des Chemiekonzerns United Initiators (UI) haben erwartungsgemäß breiten Raum eingenommen bei der Bürgerversammlung am Montag im Pullacher Bürgerhaus. Wie bei einigen öffentlichen Veranstaltungen zuvor nutzten Kritiker des Vorhabens auch an diesem Abend die Möglichkeit, ihre Sorgen vorzubringen, und gaben Gemeindevertreter Erklärungen dazu ab. Nach Ansicht von FDP-Gemeinderat Michael Reich wäre dies aber Sache von UI. "Die Verteidigung von United Initiators ist nicht unsere Aufgabe", sagte Reich. Die Gemeinde tappe in eine Falle, wenn sie das Projekt des Unternehmens verteidige. "Wir werden Zeuge dessen, wie die Gemeinde instrumentalisiert wird". Der Konzern solle seine Position selbst erklären. Das war an diesem Abend freilich nicht möglich gewesen, weil kein UI-Vertreter anwesend war. Die Antworten auf kritische Nachfragen gab der stellvertretende Bürgermeister Andreas Most (Pullach plus), der die erkrankte Rathauschefin Susanna Tausendfreund (Grüne) vertrat. Aber nur solange, bis er zu merken glaubte, dass seinen Antworten nicht geglaubt wird und er den Dialog mit den Worten beendete: "Wir verhaken uns in Thesen."

Die Debatte über die Pläne des Chemieunternehmens und deren möglichen Auswirkungen unter anderem auf die Sicherheit der Bevölkerung hat sich festgefahren, das hat sich auf der Bürgerversammlung deutlich gezeigt. Werde es ein Forum geben, bei dem Fragen von allen Seiten beleuchtet würden und sich die Bürger verlässlich informieren könnten, fragte wohl deshalb eine Besucherin, "denn dann wären die Gerüchte und Unterstellungen beendet". Daraufhin trat der Bauamtsleiter der Gemeinde, Jürgen Weiß, ans Mikrofon und zählte eine Reihe von Informationsmöglichkeiten auf, verwies auf Infoseiten von UI und die Bereitschaft des Unternehmens, Fragen zu beantworten.

"Wir sind nicht pro United Initiators, wir haben diverse Gutachten seit Ewigkeit im Internet stehen", erklärte Weiß. Seit 2019 habe die Gemeinde die Öffentlichkeit mit offensiver Informationspolitik bedient, wenn einem aber nicht geglaubt werde und die Fragestellungen polemisch seien - "irgendwann haben wir aufgehört zu reagieren". Und dann sagte Weiß noch, Produktionssteigerungen seien nicht Sache des Bauleitverfahrens, und zwar in die Richtung von Agenda-Sprecher Peter Kloeber, der vom Gemeinderat wissen wollte, wie dieser zu einer von UI beantragten Verdoppelung der Produktionsmenge auf 134 000 Tonnen stehe.

Die Debatte hat sich festgefahren: Die Darstellungen beider Seiten gehen auseinander

Am Dienstag korrigierte Kloeber in einem Gespräch mit der SZ diese Behauptung in einem Punkt: Diese Produktionsmenge sei schon länger genehmigt und kein neuer Antrag gestellt worden. Beantragt sei aber eine Lagermenge von 3340 statt bisher 2050 Tonnen und so ändere sich an der Befürchtung nichts, UI könne die jährliche Produktionsmenge unterstützt durch den geänderten Bebauungsplan verdoppeln. Aber auch diese Zahl interpretiert Andreas Most anders. UI habe auch Baulager, die nichts mit der Produktion zu tun hätten, und es sei schon ein Unterschied, ob darin Ziegelsteine oder Peroxide gelagert würden. Nach seiner Darstellung soll die Lagermenge von 1000 auf 1600 Tonnen erhöht werden.

Sie unterstelle der Gemeinde keinen bösen Willen und sie sei auch kein Verschwörungstyp, aber es handele sich hier um ein großes Projekt eines Weltkonzerns, und wenn dessen Produktion erhöht werde, dann sei das nicht gut, sagte eine Besucherin der Versammlung. Der Gemeinderat solle daher das Projekt noch einmal überdenken. "Es schaut immer so aus, dass die Verwaltung stets in Verteidigung ist, das empfinde ich als unangenehm", stimmte sie in die Kritik von Michael Reich ein.

Unterdessen schreitet das Bauleitverfahren weiter voran. Nach Informationen der SZ sind am vergangenen Mittwoch die Verhandlungen zwischen der Gemeinde und United Initiators über eine Grundvereinbarung und vor allem über einen Städtebaulichen Vertrag zum Abschluss gekommen. Am Dienstag, 5. Juli, wird sich das erste Mal der Gemeinderat damit befassen. Für die große öffentliche Abwägung der Inhalte wird sich der Gemeinderat Ende Juli mit großer Wahrscheinlichkeit zwei Sitzungstage Zeit nehmen.

Aktuell sammelt die Bürgerinitiative "Schützt die Isarauen" nach der gerichtlichen Ablehnung eines Bürgerbegehrens abermals Unterschriften, diesmal mit einer geänderten Fragestellung. Der Gemeinderat habe seine Arbeit ordentlich gemacht, wenn das Bürgerbegehren dieses Mal zugelassen werde, halte er es für wahrscheinlich, dass die Gemeinde ein Ratsbegehren dagegen setzen werde, sagte Most bei der Bürgerversammlung.

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