Bürgerentscheid:Pullacher stimmen im Oktober über Chemiewerk-Erweiterung ab

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Das Firmengelände von United Initiators in Pullach kann umgestaltet werden. (Foto: Sebastian Gabriel/)

Der Gemeinderat lässt das Bürgerbegehren der Gegner trotz rechtlicher Bedenken zu und will ein Ratsbegehren dagegensetzen. Das mangelnde Entgegenkommen von United Initiators stößt auf Kritik.

Von Michael Morosow, Pullach

Die Entscheidung über die umstrittenen Umbau- und Erweiterungspläne für das Chemiewerk von United Initiators treffen die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Pullach am Sonntag, 23. Oktober. In seiner Sitzung am Dienstagabend hat der Gemeinderat mehrheitlich dafür gestimmt, das Bürgerbegehren "Stopp der Bauleitplanung an der Dr.-Adolph-Straße" zuzulassen und ihm ein Ratsbegehren entgegenzusetzen.

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Gleichzeitig hat das Gremium einer Änderung des Flächennutzungsplanes zugestimmt, aber anders als von den Gegnern der Pläne befürchtet keinen Satzungsbeschluss gefasst. Mit diesem letzten Schritt im Bauleitverfahren wird die Gemeinde so lange warten, bis der Ausgang des Bürgerentscheids feststeht. Wenn die Mehrheit der Wähler die Pläne ablehnt, erübrigt sich ein Satzungsbeschluss, im anderen Fall wird er voraussichtlich im November getroffen werden. Das Gleiche gilt für den Städtebaulichen Vertrag und die Grundvereinbarungen, die die Gemeinde mit United Initiators ausgehandelt hat.

Der Gemeinderat ist am Dienstag gleich zwei Mal über seinen Schatten gesprungen. Einmal bei der Zulassung des Bürgerbegehrens, das laut juristischen Expertisen aufgrund grober Mängel in seiner Begründung eigentlich nicht zugelassen werden müsste. Ein anderes Mal bei seiner Zustimmung des Städtebaulichen Vertrages, an dessen mageren Inhalten einige Mitglieder des Gremiums kein gutes Haar ließen, um am Ende nach dem Motto "besser als gar nichts" mehrheitlich dafür zu stimmen. Insbesondere das Fehlen verbindlicher Zugeständnisse des Chemiekonzerns beim Thema Energieverbrauch bezeichneten mehrere Gremiumsmitglieder als sehr enttäuschend.

Der Vorwurf an die Initiatoren: Falsche Behauptungen und irreführende Formulierungen

Nach Darstellung von Kerstin Funk, von der Gemeinde bestellte Fachanwältin für Verwaltungsrecht, bestehen schwerwiegende Bedenken gegen eine Zulässigkeit des Bürgerbegehrens aufgrund mehrerer irreführender Formulierungen im Begründungstext. So etwa bei der Behauptung der Initiatoren, die Inhalte des Städtebaulichen Vertrages würden Gemeinderat und Bürger nicht kennen, und sie würden auch in Zukunft nicht bekannt gemacht, was nachweislich falsch sei. "Dabei kann lebensnah davon ausgegangen werden, dass allein diese Aussage, die der Gemeinde eine fehlende Transparenz vorhält, für die Bürgerinnen und Bürger durchaus wesentlich gewesen sein wird, ihre Unterschrift für das Bürgerbegehren abzugeben", heißt es in ihrer Expertise. Für die Mehrheit des Gemeinderates spielte indes die Außenwirkung, die man durch eine Ablehnung des Bürgerbegehrens erziele, eine größere Rolle als ihre Bedenken ob vieler falscher Zahlen und Darstellungen in der Begründung.

Aufgrund dieser falschen Begründungen stimme er nur mit Bauchschmerzen für die Zulassung des Bürgerbegehrens, weil ein Siebtel der Pullacher Bürgerinnen und Bürger dieses unterstützen, sagte etwa Florian Gering (Grüne). Die Initiatoren hatten laut Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) 807 gültige Unterschriften gesammelt und damit das Quorum erreicht. Am Ende stimmten sieben Gremiumsmitglieder gegen die Zulassung, darunter in Susanna Tausendfreund, Verena Hanny und Peter Bekk drei Grüne sowie Holger Ptacek (SPD), Andreas Most (Pullach plus) sowie Cornelia Zechmeister und Johannes Schuster (Wir in Pullach, WIP). Bei nur einer Gegenstimme (Alexander Betz, FDP) votierte die große Mehrheit anschließend für ein Ratsbegehren, dessen Text tags darauf in der Fortsetzung der am Dienstag gegen 23.15 Uhr beendeten Sitzung vorgelegt werden sollte.

Dass niemand im Gemeinderat mit dem in langen, zähen Verhandlungen erstellten Städtebaulichen Vertrag glücklich ist, das blieb dem Standortleiter von United Initiators, Andreas Rutsch, auf den Zuhörerrängen nicht verborgen. Er hätte sich viel mehr gewünscht, insbesondere fürs Klima, sagte Grünen-Gemeinderat Florian Gering und verwies auf die Tatsache, dass der Chemiebetrieb mit Abstand der größte Emittent von Treibhausgasen in der Gemeinde sei. Deutlicher wurde Reinhard Vennekold (WIP), der sagte, United Initiators sei nicht willens, über die gesetzlichen Anforderungen hinaus zu handeln.

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