Pilotprojekt für den Landkreis:Blinklicht soll Radler schützen

Lesezeit: 3 min

In Niedersachsen gibt es bereits eine Bike-Flash-Anlage. (Foto: MRS GmbH)

Bike-Flash-Anlagen können Lkw-Fahrer beim Abbiegen warnen, wenn sich jemand im toten Winkel befindet. Der Mobilitätsausschuss des Kreistags entscheidet am Donnerstag über ein Pilotprojekt.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Als Revoluzzer will sich Otto Bußjäger nicht sehen, aber der Kreisrat der Freien Wähler sagt in Anlehnung an den verstorbenen Altkanzler Helmut Schmidt: "Die Dummheit der Regierenden ist nicht zu unterschätzen." Und wenn sich "die da oben" etwa der Sicherheit auf den Straßen nicht annehmen wollten, "dann machen wir es", sagt der Höhenkirchner Bußjäger.

Und so freut es den Kreisrat, dass die Verwaltung im Landratsamt zwei Anträge seiner Fraktion positiv bewertet hat, die den Fahrradfahrern im Landkreis mehr Schutz bieten sollen: Die Ausstattung von neuen MVV-Regionalbussen mit Abbiegeassistenten sowie die testweise Inbetriebnahme mehrerer sogenannten Bike-Flash-Anlagen, die Lastwagenfahrer beim Rechtsabbiegen vor Radlern im toten Winkel warnen sollen.

Markus Büchler, Kreisrat der Grünen und Landtagsabgeordneter, nimmt sich ebenfalls die Bundesebene vor und sagt, "dass wieder einmal die kommunale Ebene auslöffeln muss, was der Bund nicht schafft". Dass sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bisher sträube, Abbiegeassistenten bei Lastwagen und Bussen verbindlich einzuführen, sei schlichtweg "skandalös", sagt der Verkehrsexperte seiner Fraktion. "Und deshalb werden wir auch im Landkreis alles unterstützen, was der Sicherheit der Menschen dient." Die Novelle von Scheuer, Lastwagen beim Rechtsabbiegen nur noch Schrittgeschwindigkeit zu erlauben, bringe indes überhaupt nichts, sagt Büchler.

Pilotprojekt an ausgewählten Kreuzungen

Besonders spannend dürfte werden, ob der Mobilitätsausschuss des Kreistags in seiner Sitzung an diesem Donnerstag, 11. Juli, in das Projekt Bike Flash einsteigen und es als Pilotprojekt an ausgewählten Kreuzungen im Landkreis testen will.

Denn der Bund-Länder-Fachausschuss zum Straßenpersonenverkehr, ein Gremium der verantwortlichen Ressortchefs der Länder, hält den Einsatz des Systems für unzulässig, da es mit bestehenden Einrichtungen der Straßenverkehrsordnung (StVo) verwechselt werden und sich erheblich auf den Verkehr auswirken könnte. Dennoch plädiert die Verwaltung im Landratsamt für ein Pilotprojekt, das etwa 35 000 Euro je Bike-Flash-Anlage kosten dürfte. Die Freien Wähler haben beantragt, zehn solcher Systeme an Kreuzungen für den Testbetrieb aufzubauen.

Entwickelt hat Bike Flash der Flensburger Martin Budde. Es besteht aus vier, halbkreisförmigen gelben Leuchtbändern, die an einem etwa fünf Meter hohen Mast nahe einer Kreuzung nahe einer Kreuzung befestigt werden. Auf dem etwa fünf Meter hohen Pfosten wird eine Wärmebildkamera angebracht, die einen etwa vier Meter breiten und 40 Meter tiefen Bereich kontrolliert. Kommt der Radfahrer - oder Fußgänger, E-Rollerfahrer oder Skater - in diesen Bereich, registriert die Kamera die Wärmestrahlung und löst dadurch das Blinken der gelben Warnbänder aus. Dadurch, dass sie auf verschiedenen Höhen angebracht sind, können sie sowohl von Lkw- als auch Autofahrern gesehen werden. Somit wird, laut Entwickler, verhindert, dass es zu Unfällen im toten Winkel kommt.

Eine Anlage von Flash Back ist derzeit - ohne Genehmigung - im niedersächsischen Garbsen nahe Hannover in Betrieb - und zwar an einer Kreuzung, die zu einem Sortierzentrum des Versandhändlers Amazon führt. Laut Bußjägers Recherche ist die "dortige Bevölkerung" der Meinung, dass die Anlage einen sinnvollen Beitrag zur Sicherheit des Straßenverkehrs leistet. "Und wo sonst fahren so viele Lkw wie bei einem Sortierzentrum?", fragt Bußjäger. "Wenn es da geht, sollten wir es auch versuchen."

Neue Technologien und höhere Unfallgefahr

"Wir wissen, das System ist noch nicht zugelassen, und es braucht wahrscheinlich eine Ausnahmegenehmigung", sagt Otto Bußjäger. "Aber es ist eine tolle Hilfestellung." Gerade in der Stadt und im wachsenden Landkreis mit seinen urbanen Strukturen, sagt der Kreisrat. Aus seiner Sicht gibt es "genügend Standorte", an denen das Pilotprojekt erprobt werden könnte. "In Unterschleißheim, am Isarcenter in Ottobrunn, an den Ausfallstraßen B 304 oder B 13. Da gibt es unzählige Möglichkeiten", sagt Bußjäger. Wichtig sei, Neues zu wagen: "Beim Radfahren ändern sich auch durch neue Technologien die Geschwindigkeiten und Reichweiten und damit steigt auch die Unfallgefahr", sagt Bußjäger.

Auf den Schutz der Radfahrer zielt auch der zweite Antrag der Freien Wähler, der von der Verwaltung von Landrat Christoph Göbel (CSU) angegangen wird.

Das Landratsamt hat den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund gebeten, bei Ausschreibungen im MVV-Regionalbusverkehr im Landkreis Abbiegeassistenten für die Busse vorzusehen; laut Landratsamt hat sich der MVV des Themas angenommen.

© SZ vom 08.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: