Öffentlicher Nahverkehr:MVG-Streiks in dieser Woche möglich

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Die Lokführergewerkschaft hat einen Streik beschlossen - nur wann er kommt, ist ungewiss. Die Gewerkschafter will ihre Aktionen "relativ kurzfristig" ankündigen - was das dann drohende Verkehrschaos noch steigern dürfte.

Marco Völklein

Noch in dieser Woche könnte es losgehen mit Streiks bei U-Bahn, Tram und Bus in München. "Wir haben ein klares Signal, jetzt loszuschlagen", sagte Willi Russ, zweiter Vorsitzender der dbb Tarifunion, am Dienstag. Bis Montag hatten, wie berichtet, 98,7 Prozent der Mitglieder der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) für einen Streik bei den kommunalen Verkehrsbetrieben in Bayern gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag laut Russ bei 70 Prozent. Die dbb Tarifunion führt für die GDL den Tarifstreit.

Wegen Streik geschlossen: Das den Münchenern schon aus den Jahren 2005 und 2009 bekannte Verkehrschaos könnte es auch in dieser Woche wieder geben - wenn die Gewerkschaft der Lokführer zum Streik ruft. (Foto: Stephan Rumpf)

Russ verwies auf den Aktionstag der Stadt zum "Tag der Daseinsvorsorge" am kommenden Samstag als mögliches Ziel eines ersten Arbeitskampfs. An dem Tag wollen städtische Tochterfirmen auf dem Marienplatz zeigen, wie wichtig es aus ihrer Sicht ist, Aufgaben wie etwa die Wasserversorgung oder auch den Nahverkehr in kommunaler Hand zu belassen.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) wird mit einem Korso historischer Trams das 115-jährige Bestehen der elektrischen Straßenbahn feiern. "Da fällt mir eine Menge dazu ein", deutete Russ an, an dem Tag könnten die Fahrer von U-Bahnen, Trams und Bussen ihren Forderungen Nachdruck verleihen - wobei sich die Aktionen auf den regulären Nahverkehr beziehen dürften und nicht auf den Tram-Korso.

Fahrgäste sollten in den nächsten Tagen die Nachrichten im Radio und im Internet verfolgen. Denn nach Angaben von Russ wird die GDL die ersten Streikaktionen "relativ kurzfristig ankündigen" - also nur mit wenigen Stunden Vorlauf. Damit will die Gewerkschaft Gegenmaßnahmen der MVG-Führung verhindern. "Wir können solche Aktionen nicht mehrere Tage vorher ankündigen", sagte Russ.

Zwei Gewerkschaften, zwei Meinungen

Knifflig ist die Lage vor allem deshalb, weil die Konkurrenzgewerkschaft Verdi einem Tarifabschluss zugestimmt hat. Der geht den GDL-Mitgliedern aber nicht weit genug; sie fordern Nachbesserungen bei der Anrechnung von überlangen Pausen- und Wegezeiten. Da die Verdi-Mitglieder nicht streiken dürfen - für sie gilt die Friedenspflicht - können nur die GDL-Fahrer beim Streik mitmachen.

Unklar ist, wie viele das sind und ob die GDL ausreichend schlagkräftig ist. Arbeitgebervertreter bezweifeln das - was wiederum Russ und die GDL herausfordert: "Wenn wir so nett aufgefordert werden zum Tänzchen, werden wir zeigen, dass wir es können." Laut Russ könnte es so sein, dass zum Beispiel ein GDL-Fahrer die Fahrgäste bittet, einen Zug zu verlassen, da dieser "streikbedingt nicht mehr weiterfährt".

Der GDL-Fahrer stellt den leeren Zug dann ab und macht so die Strecke frei für andere Bahnen, die von Verdi-Fahrern gesteuert werden, "so dass jede zweite oder dritte Bahn fährt", so Russ: "Zu Stoßzeiten kann es aber zu erheblichen Überfüllungen in Bahnhöfen kommen."

Sollten die Arbeitgeber nicht einlenken und der Streik andauern, seien auch größere Ausstände denkbar, kündigte Russ an. Diese wiederum würden rechtzeitig angekündigt - damit die MVG zum Beispiel ein Bus-Notnetz mit privaten Anbietern auf die Beine stellen kann. Daran arbeitet die MVG nach eigenen Angaben bereits.

"Das kostet viel Geld und setzt die Betriebe unter Druck", so Russ. Auch Streiks bei den Fahrscheinkontrolleuren seien möglich, ebenso bei dem Personal, das die Fahrkartenautomaten leert. "Beides würde die Arbeitgeber treffen, die Fahrgäste aber kaum."

© SZ vom 08.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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