Mitten in Oberschleißheim:Das Zeug zum Monster

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Wie aus dem Riesenwaller von der Regatta-Anlage fast ein Thriller hätte werden können.

Glosse von Michael Morosow, Oberschleißheim

In der Tierwelt läuft so einiges aus dem Ruder, gerade unter Wasser. Wie anders kann es zum Beispiel sein, dass schon seit mehr als 1500 Jahren im schottischen Loch Ness ein Ungeheuer sein Unwesen treibt? Unverbesserliche Realisten werden jetzt wieder behaupten, dass dessen Existenz äußerst zweifelhaft sei, sein Mythos aber elektrisiert die Menschheit bis heute und lockt Neugierige aus aller Welt in die Highlands. Oberschleißheim hat sich bis heute noch nicht so richtig als Tourismusmagnet in Szene setzen können, was sich nun freilich ändern kann, dank der Taucher der bayerischen Bereitschaftspolizei.

Nachdem diese das Gewässer der Ruderregatta-Strecke Anfang des Jahres mittels Sonar ausgemessen hatten, entdeckten sie beim Auswerten der Bilder einen riesigen Fisch. Kleiner zwar als Moby Dick, aber tourismustechnisch ein Bringer. Zwei Meter lang, 80 Zentimeter breit und wie der Weiße Hai stets bereit zu einem Angriff auf Menschen. Es hätte sich eine prickelnde Geschichte daraus spinnen lassen und die ganze Welt hätte Gänsehaut bekommen ob des Ungeheuers von Oberschleißheim, das in der Folge in den Medien täglich um einen Meter länger geworden wäre. Das aber haben die Taucher sowie der Vorsitzende der Münchner Rudergesellschaft Willi Bock gründlich versaut mit ihrem übertriebenen Sinn für die Realität. Es sei ein ganz gewöhnlicher Waller, der Menschen nicht beißt, erklären beide. Trotz hartnäckigen Nachfragens eines Reporters wollte Bock nicht das Wort "Ungeheuer" in den Mund nehmen.

So bleibt viel Stoff für einen Thriller ungenutzt, denn der Monsterwaller hat nachweislich schon zwei Mal Jagd auf Menschen gemacht. Jedes Mal waren es vier Mädchen in ihren Ruderbooten, die er attackierte. "Die standen im Uferbereich und auf einmal hat es einen wahnsinnigen Rumms gemacht. Die Mädchen im Boot haben geschrien, dann lief Wasser ins Boot und dann sah man etwas Graues", hat Bock dem Bayerischen Rundfunk geschildert. Die Szene mit entsprechender Musik untermalt - der Film "Das graue Grauen" würde ein Hit werden. Aber nein, Bock sucht und findet fachmännische Erklärungen für die schrecklichen Geschehnisse. Entweder habe der Waller die flach im Wasser liegenden Ruderblätter als Beute wahrgenommen oder er habe das ganze Ruderboot mit einer Wallerin verwechselt. Außerdem - und spätestens damit wird aus einem Thriller ein Naturfilm - gehören Menschen nicht zu seinem Beuteschema. Vor ihnen verstecke er sich sogar. Offenbar erfolgreich. So hat das gescheiterte Monster von Oberschleißheim schon circa 15 Aschermittwoche schadlos überstanden.

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