Oberschleißheim:Brücken-Lockdown beginnt

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Die Brücke in der Mittenheimer Straße wird für voraussichtlich zwei einhalb Jahre gesperrt, mit wenigen Ausnahmen im Winter. (Foto: Florian Peljak)

Wegen Sanierungsarbeiten wird die Brücke der Mittenheimer Straße für zweieinhalb Jahre gesperrt. Umleitungen und Staus sind die Folge.

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Mit seinem aktuellen Aprilscherz hat der Gewerbeverband Oberschleißheim einen Nerv getroffen. Man habe eine Sonderregelung für Einheimische zur Durchfahrt auf der gesperrten Brücke der Mittenheimer Straße erwirkt, wurde vor wenigen Tagen geflunkert, nachzuweisen über ein eigenes Autokennzeichen mit "OSH" statt "M", das aber nur am 1. April bestellt werden könne. Trotz des Datums, das einen Scherz nahelegte, gingen pünktlich am Donnerstag Bestellungen im Rathaus ein. Das Thema treibt Oberschleißheim um.

Nur drei Querungen der Bahnlinie gibt es für den motorisierten Verkehr in Oberschleißheim: die beiden in Dachauer- und Schönleutnerstraße sind gekoppelt an eine Bahnschranke, die in Stoßzeiten länger geschlossen als geöffnet ist, und die einzig hindernisfreie, die Brücke der Mittenheimer Straße, wird nun saniert und mehr als zwei Jahre komplett gesperrt. Material wird schon seit Tagen angefahren, die Baustelle ist längst überörtlich ausgeschildert, an diesem Dienstag geht es nun los. Bis Mitte 2023 ist die Sperre anvisiert.

Als vor 1972 die Münchner S-Bahn ins Umland konzipiert wurde, entschied man sich, in Oberschleißheim nicht den bestehenden traditionsreichen Bahnhof dafür zu nutzen; stattdessen wurde der alte Bahnhof Schleißheim vom Netz genommen und dafür einige hundert Meter weiter nördlich ein neuer S-Bahn-Halt installiert. Der alte Bahnübergang, der dafür wich, wurde durch ein Überführungsbauwerk ersetzt, das im typischsten Stil der Zeit keinerlei Rücksicht auf Ästhetik oder Atmosphäre nahm, sondern den absoluten Vorrang für das Auto im Städtebau in Beton goss.

Knapp 50 Jahre später muss die Brücke nun erstmals generalsaniert werden. Die Betonoberflächen der Stützpfeiler weisen schon sichtbar starke Abplatzungen und Hohlstellen auf. Eine detaillierte Untersuchung hatte ergeben, dass der Chloridgehalt im Beton die zulässigen Grenzwerte teilweise überschreitet, was chemische Prozesse auslösen kann, die wiederum zur Abplatzung von Betonteilen führen können. Langfristig könnte damit auch die Statik und damit die Tragfähigkeit der Brücke beeinträchtigt werden. Auch die Fugen des Bauwerks sind größtenteils schadhaft.

Die Untersuchungen waren im Gemeinderat 2018 vorgestellt worden, damals war der Baubeginn für 2020 anvisiert. Die völligen Unwägbarkeiten zum Anfang der Pandemie vor Jahresfrist haben das Projekt zunächst storniert, ehe es nun mit einjähriger Verspätung wirklich losgeht. Intensiv debattiert worden waren die nötige Dauer der Baumaßnahmen und die Verkehrslenkung. Eine Vollsperre war dabei als effektivste Lösung angesehen worden, um die Bauzeit nicht noch weiter zu verlängern. Außerdem könnten bei Totalsperre Rettungsdienste die Brücke an den Bauarbeiten vorbei passieren, während bei einer halbseitigen Sperre mit Ampellösung eine nahezu dauerhafte Staugefahr bestanden hätte und damit mutmaßlich stärkere Verzögerungen im Notfall.

Laut der aktuellsten Verkehrsanalyse der Gemeinde passieren die Brücke täglich rund 9600 Fahrzeuge. 47 Prozent der Fahrten über die Brücke haben Start oder Ziel in Oberschleißheim und 34 Prozent beides, nur rund 19 Prozent ist Durchgangsverkehr, der bei einer Sperrung theoretisch den Ort auch großräumig umfahren könnte. Vor allem die Bewohner im östlich der Brücke gelegenen Altteil der Gemeinde sind auf die Querung angewiesen, weil im westlichen Viertel alle Einkaufsmöglichkeiten des Ortes liegen. Der S-Bahnhof, der direkt am westlichen Fuß der Brücke liegt, ist von beiden Seiten erreichbar und auch mit Parkplätzen erschlossen.

Die 81 Prozent an innerörtlichen Verkehrsbewegungen plus Durchgangsverkehr, der nicht auf die Umleitungen ausweicht, müssen sich nun über den Bahnübergang in der Dachauer Straße quälen oder, je nach Zielrichtung, auch in der Schönleutnerstraße. Die allfälligen Staus dort werden sich daher zwei Jahre noch potenzieren. Ein weiterer Brennpunkt wird für die Kreuzung der Feierabend- und Sonnenstraße mit der Dachauer Straße im Westteil erwartet.

Angekündigt ist immerhin, dass während der etwa zweieinhalb Jahren Bauzeit die Vollsperre nicht permanent gelten soll. Wenn in Winterwochen der Baustellenbetrieb ruhen sollte, soll der Verkehr freigegeben werden - ob uneingeschränkt oder einspurig soll je nach Baufortschritt jeweils kurzfristig festgelegt werden.

© SZ vom 06.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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