Diskussionsrunde:"Werde ich bald abgeschoben?"

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Hören, was die Jugend interessiert: Die Abgeordneten Claudia Köhler (Grüne), Markus Rinderspacher (SPD), Kerstin Schreyer (CSU) und Nikolaus Kraus (FW) beantworten in Oberhaching Fragen von Gymnasiasten. (Foto: Sebastian Gabriel)

Zum Abschluss des Planspiels "Der Landtag sind wir" dürfen Oberhachinger Gymnasiasten Fragen an Abgeordnete stellen. Dabei wird deutlich, welche Themen die Jugendlichen aktuell umtreiben.

Von Celine Imensek, Oberhaching

Der erstarkende Rechtsextremismus, die aktuellen Proteste und der Höhenflug der AfD - diese Themen treiben nicht nur Wählerinnen und Wähler um, sondern auch Jugendliche. Das ist am Montag im Gymnasium in Oberhaching deutlich geworden, wo Zehntklässler die Möglichkeit hatten, Landtagsabgeordnete zu befragen.

"Ich habe noch nie erlebt, dass sich die Fragen so auf einen Bereich konzentrieren", sagt Liliane Vettori vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP), welche die Fragerunde moderiert. Das CAP organisiert im Auftrag des bayerischen Landtags das Planspiel "Der Landtag sind wir!" an Schulen, dabei schlüpfen Schüler in die Rollen von Abgeordneten - so auch am Montag in Oberhaching. Dort diskutierten Schülerinnen und Schüler am Vormittag einen fiktiven Gesetzentwurf zum Verbraucherschutz. Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion mit den Abgeordneten Kerstin Schreyer (CSU), Claudia Köhler (Grüne) und Nikolaus Kraus (FW) sowie dem Vizepräsidenten des Landtags, Markus Rinderspacher (SPD), statt. 108 Schüler konnten im Vorhinein ihre Fragen an die Politiker auf blauen Kärtchen einreichen, die von der Moderatorin sortiert und vorgelesen wurden.

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Nach anfänglich eher belanglosen Fragen wie "Schreiben Sie Ihre Reden selbst, Herr Kraus?" oder "Wie sind Sie zur Politik gekommen, Frau Köhler?" ging es um Ernsteres. So wurde aus dem Kreis der Schüler die Angst vor eigener Abschiebung laut. "Werde ich bald abgeschoben?", lautet eine Frage, die Moderatorin Vettori vorliest. Anlass ist ein Treffen von Rechtsextremen, bei dem es um die zwangsweise Remigration von Zugewanderten ging und an dem auch AfD-Politiker und zwei CDU-Mitglieder teilnahmen. Dem Recherchenetzwerk Correctiv zufolge wurde bei dem Geheimtreffen in Potsdam besprochen, wie Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland vertrieben werden könnten. Als Reaktion auf diese Überlegungen gingen in den vergangenen Tagen deutschlandweit Hunderttausende Menschen bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus auf die Straße.

Alle vier in Oberhaching anwesenden Landtagsabgeordneten positionieren sich auf Seiten der Demonstrierenden und gegen die AfD. So sagte die Grünen-Politikerin Köhler, sie sei froh, dass in der breiten Öffentlichkeit endlich angekommen sei, was diese Partei vorhabe. "Den braunen Spuk kriegen wir nur im Schulterschluss los", sagte die Unterhachingerin. Die ebenfalls in Unterhaching lebende CSU-Abgeordnete Kerstin Schreyer pflichtete Köhler bei, sah aber die Schuld an der aktuellen Unzufriedenheit im Land bei der Bundesregierung: "Die Leute fühlen sich von der Ampel nicht gehört."

Bei der Frage nach einem AfD-Verbot gehen die Meinungen auseinander

Was ein mögliches AfD-Verbot betrifft, gehen die Meinungen auseinander. Während Köhler ein Verbotsverfahren für sinnvoll hält, halten Rinderspacher und Schreyer ein solches rechtlich für schwer durchzusetzen; außerdem löse ein AfD-Verbot das Problem des Rechtsextremismus nicht. Dass von der AfD an diesem Nachmittag kein Vertreter in Oberhaching ist, liegt laut deren Pressestelle daran, dass der vorgesehene Abgeordnete Ingo Hahn erkrankt und kurzfristig kein Ersatz zu organisieren gewesen sei.

Die letzten zehn Minuten widmet sich die Fragerunde den Bauern- und Klimaprotesten. Der FW-Abgeordnete Kraus schmettert Fragen zu klimaschädlichen Subventionen wie dem Agrardiesel mit der Bemerkung ab, ihm als gelerntem Landwirt sei die Ernährungssicherheit wichtig. SPD-Mann Rinderspacher möchte, dass Klimaschutz und Wirtschaft "Hand in Hand gehen" und Bauern von ihrem Verdienst und nicht von staatlicher Förderung leben können. Köhler sagt, es sei an der Zeit, den Investitionsstau in Deutschland zu beheben, deshalb dürfe die Schuldenbremse kein goldenes Kalb sein. Den Schülern raten die Abgeordneten am Ende in einem gemeinsamen Appell, Fake News nicht auf den Leim zu gehen, sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich politisch zu engagieren.

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