Immobilien:Gut Holz auf drei Etagen

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Zimmerer braucht man bei diesem Bürogebäude in Oberhaching wesentlich mehr als bei herkömmlichen Gewerbebauten. (Foto: Sebastian Gabriel)

Das neue Bürogebäude der Opes Immobiliengruppe in Oberhaching kommt fast ohne Stahl und Beton aus. Das soll eine behagliche Atmosphäre schaffen und besonders nachhaltig sein.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Das Oberhachinger Gewerbegebiet unterscheidet sich äußerlich bislang kaum von anderen. Denn während die Gemeinde an vielen anderen Stellen im Ort penibel darauf achtet, dass sich jeder an die strenge Ortsgestaltungssatzung hält, ist sie rund um die Raiffeisenallee großzügiger und lässt einfallslose Zweckbauten aus Beton und Stahl zu. Jetzt aber bekommt Oberhaching an dieser Stelle ein architektonisches Schmuckstück: ein Bürogebäude, das fast ausschließlich aus Holz errichtet wird. Die Opes Immobiliengruppe, die die Immobilienaktivitäten der Milliardärsfamilie Thiele managt, setzt hier auf nachhaltige Bauweise und nennt ihr Projekt "Woodstocx". Im Herbst sollen hier die Unternehmen der Familie Thiele und weitere Mieter einziehen. Am Dienstag war Richtfest.

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Von außen lässt sich an diesem Januarnachmittag noch nicht erahnen, aus welchem Holz dieses neue Gebäude am westlichen Ortsausgang in Richtung Grünwald geschnitzt ist. Planen flattern im eisigen Wind und schützen das Innere dieses außergewöhnlichen Bürogebäudes vor der Nässe. Drinnen aber sieht man Holz, Holz und nochmal Holz. Böden, Decken, Balken - 1700 Kubikmeter Fichte wurde hier verbaut, 550 ausgewachsene Baumstämme zu drei Etagen mit insgesamt 5000 Quadratmetern Geschossfläche verarbeitet. Man riecht es, und Jürgen Büllesbach, Opes-Geschäftsführer und selbst Bauingenieur, ist davon überzeugt: Man spürt es auch.

Geschäftsführer Jürgen Büllesbach schwärmt von der Holzbauweise . (Foto: Sebastian Gabriel)

Bereits 2019 soll es laut Büllesbach erste Überlegungen im Unternehmen gegeben haben, ein Bürogebäude aus Holz zu errichten. "Damals war das in Deutschland eher noch die Ausnahme", sagte der Geschäftsführer. Holzbauweise kannte man vor allem von Einfamilienhäusern. Der Impuls und wesentliche Anregungen für das Gebäude seien noch vom 2021 verstorbenen Unternehmer Heinz Hermann Thiele gekommen.

Dessen Nachlassverwalter Robin Brühmüller bezeichnet ihn als einen Visionär: "Heinz Hermann Thiele hat nicht nur den Weltkonzern Knorr-Bremse zu dem gemacht, was er heute ist, sondern er hatte auch eine große Leidenschaft für Städtebau und Architektur", sagt er. Dabei habe ihn vor allem der Mut ausgezeichnet, neue Wege einzuschlagen und voranzugehen, sowie sein hoher Anspruch an die Qualität von Architektur und ihrer baulichen Umsetzung. Heinz Hermann Thiele habe niemals einfach nur zweckmäßige Büro- oder Gewerbebauten errichten wollen, sondern anspruchsvolle, nachhaltige Architektur, und die habe er auch langfristig im eigenen Bestand halten wollen. "Er wollte auch stolz auf sie sein", ergänzt Büllesbach, "wenn unten am Eingang der Name Thiele steht, wollte er sich nicht dafür schämen müssen."

Holz so weit das Auge reicht: der "Woodstocx"- Neubau in Oberhaching (Foto: Sebastian Gabriel)

Bauen mit Holz setzt sich inzwischen auch immer mehr bei Gewerbebauten oder anderen großen Projekten durch. In Bad Aibling entstand bereits vor mehr als zehn Jahren ein achtgeschossiges Wohnhaus aus Holz, eines der höchsten in dieser Bauweise in Deutschland. In Hamburg wird in der Hafencity ein 65 Meter hohes Holzhaus mit 181 Wohnungen errichtet, das unter dem Namen "Wildspitze" geplant wurde und inzwischen als "Roots" vermarktet wird. Büllesbach sieht solche Projekte aber eher skeptisch, mit Holz verliere man Geschossfläche, weil die Wände viel dicker gebaut werden müssten. "Es gibt ein kleines Defizit in der Flächeneffektivität, Stahl ist schlanker", sagt er.

Gleichwohl schwärmt Büllesbach vom Holz, räumt aber auch ein, dass manches sich einfacher anhöre, als es dann in der Umsetzung sei. Bauen mit Holz geht schnell, weil die Elemente schon vorgefertigt geliefert werden: "So die Theorie", betont er, tatsächlich gehöre auf der Baustelle noch viel mehr dazu, die Arbeiten seien anspruchsvoll, das Holz empfindlich, man müsse präziser arbeiten als mit Beton und sich vorher genau überlegen, was man wolle, weil eine nachträgliche Veränderung der Wand so gut wie unmöglich sei.

"Es ist schön, dass alles steht, das war gar nicht so einfach", gibt beim Richtspruch auch Daniel Müller von Holzbau-Unternehmen Müllerblaustein zu, das die Pläne des Vorarlberger Architektenbüros Dietrich/Untertrifaller umgesetzt hat. Dieses Gebäude sei kaum einem anderen ähnlich, so Müller. Der Holzpreis und die Lieferengpässe haben laut Büllesbach das Bauprojekt verzögert, das eigentlich schon im Sommer fertig sein sollte.

So soll das Bürogebäude an der Raiffeisenallee einmal aussehen, wenn es fertig ist. Der Einzug ist für den Herbst vorgesehen. (Foto: Visualisierung von Dietrich Untertrifaller Architekten)

Vor allem ist das Bauen mit Holz nachhaltig, "die Ökobilanz schlägt jedes andere Material", betont Büllesbach. Im Jahr würden in Deutschland etwa 70 Kubikmeter geerntet und 80 nachwachsen, "damit lässt sich dieses Gebäude 41 000 mal bauen", hat er ausgerechnet. "Woodstocx" werde an die Geothermie angeschlossen, bekomme Photovoltaik aufs Dach und erfülle den Energiestandard KfW 40. Der Geschäftsführer schwärmt jetzt schon von einem "natürlichen und behaglichen Raumklima", das man als "wohltuend" wahrnehme.

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