Oberhaching:Eine Stunde lang Vögel zählen

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Bürger werden gebeten, am Wochenende dem Landesbund für Vogelschutz bei der jährlichen Bestandsaufnahme zu helfen.

Von Laura Zwerger, Oberhaching

Bäume und Sträucher sind mit Frost überzogen und besonders Vögel müssen sich nun auf eine erschwerte Nahrungssuche einstellen. "Viele Stare, aber auch Hausrotschwanz und Zilpzalp hat es in den letzten Tagen kalt erwischt", erklärt Martina Gehret vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Um herauszufinden, wie die Vögel auf den Kälteeinbruch reagieren und wie viele Vögel es tatsächlich noch in Bayern gibt, ruft der LBV gemeinsam mit dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) zur "Stunde der Wintervögel 2017" auf.

Wie auch im Vorjahr werden Naturliebhaber gebeten, zwischen dem 6. und 8. Januar eine Stunden lang Vögel in ihrem Garten oder in der Wildnis zu beobachten. "Jetzt, wo die Vögel weniger Futter in der freien Natur finden, müssen sie eigentlich zurück in die Gärten kommen", schätzt Gehret. Knapp 27 000 Teilnehmer hatten im Januar 2016 mehr als 700 000 Vögel in Bayern gemeldet, darunter am häufigsten die Kohlmeise und der Feldsperling.

Dieses Jahr ist der LBV besonders gespannt auf die Ergebnisse, denn laut Beobachtungen aus der Bevölkerung tummeln sich immer weniger Singvögel in Bayerns Gärten. "Die Zahlen haben innerhalb der vergangenen drei Jahre stark abgenommen", bestätigt auch Hans Jakob. Er beobachtet seit mehr als 20 Jahren für den Bund Naturschutz das Verhalten der Singvögel in und um Oberhaching. Dieses Jahr fällt seine Beurteilung der Lage besonders düster aus: "Vor allem die Anzahl an Goldammern und Feldsperlingen ist rapide eingebrochen", sagt der Vogelexperte. In Oberhaching lässt sich diese Aussage bereits vor der Zählung treffen, wie Jakob erklärt, denn hier beobachteten Mitglieder der Naturschutz-Gruppe regelmäßig die Entwicklung der heimischen Vogelarten.

Blaumeise. (Foto: dpa)

Es werden niedrigere Zahlen als im Vorjahr befürchtet

Als Grund für die negative Bilanz sieht Jakob unter anderem den Fortschritt in der Landwirtschaft: Vögel fänden immer weniger natürliche Rückzugsorte, da wilde Hecken oder Feldflure den sterilen Strukturen der Zivilisation weichen. Auch würden Giftstoffe in den Düngern die Vögel vertreiben. Dadurch seien immer mehr Vögel gezwungen, auf Futterstellen in den Gärten zurückzugreifen - wodurch sogar so manches Trugbild entsteht: War bei der großen Zählung im vergangenen Jahr doch der Feldsperling einer der Spitzenreiter in Bayerns Gärten, so beobachtet Jakob seit geraumer Zeit, dass er in der freien Wildbahn nur noch selten zu sehen ist.

"Er ist deshalb öfter in Gärten zu sehen, weil er hier noch Nahrung bekommen kann", erklärt Jakob. Doch in diesem Jahr befürchtet er, dass trotz des Rückzugs der Vögel in die Gärten die Studie niedrigere Zahlen als im Vorjahr ergeben wird.

Kohlmeise. (Foto: N/A)

Ob die Vorhersage des Oberhachinger Experten zutrifft, wird sich zeigen, wenn wieder möglichst viele Naturinteressierte eine Stunde lang an der großen Vogelzählung teilnehmen. Zu welcher Tageszeit die Beobachtung stattfindet, ist übrigens unwesentlich. Lediglich ein Aspekt muss beachtet werden: Nur Vögel, die gleichzeitig an Ort und Stelle sind, dürfen gezählt werden. Sonst könnte eine besonders gefräßige Kohlmeise das Ergebnis unverhältnismäßig in die Höhe treiben, wenn sie mehrmals zur Futterstelle zurückkehrt. Genauere Informationen zum Ablauf sowie das Meldeformular und eine Zählhilfe können auf www.stunde-der-wintervoegel.de eingesehen werden.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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