Serie "Meine zweite Heimat":"Wir haben noch mehr vor"

Lesezeit: 2 min

Abdulmunaam Abdulhadi (Mitte), seine Frau Tahani und der ältere Sohn Mohamad sitzen auf einem vom Vater gepolsterten Sofa in ihrer Wohnung in Neubiberg. (Foto: Claus Schunk)

Familie Abdulhadi aus Syrien, die seit 2015 in Neubiberg lebt, hat es mit Tatkraft und Zuversicht geschafft, sich hier ein neues Leben aufzubauen.

Von Daniela Bode, Neubiberg

An Abdulmunaam Abdulhadi und seiner Familie erfährt man, wie die Integration in einer neuen Umgebung gelingen kann. Er, seine Frau und die vier Kinder sind vor dem Krieg in Syrien geflohen und haben seit 2015 in Neubiberg eine neue Heimat gefunden. Tatkraft und Zuversicht waren ihre Begleiter. "Als wir ankamen, war es ein Kulturschock - meine kleine Schwester war damals vier, sie kannte nur Krieg - hier sahen wir, dass man in Freiheit leben kann", sagt die älteste Tochter, die 23-jährige Rama.

Sobald die Familie in Deutschland ankam, war es Ziel, hier ein neues Leben aufzubauen. "Ich hatte eine eigene Firma, ich habe uns ein schönes Haus gebaut. Durch den Krieg, den Assad mit seinen Anhängern begonnen hat, haben wir alles verloren", sagt Vater Abdulmunaam, der gelernter Schreiner und Polsterer ist. Die Familie realisierte, dass sie in Syrien keine Zukunft haben würde. "Dann haben wir wieder von Null angefangen", sagt Mutter Tahani.

Die Familie ist gut angekommen. Der Vater lernte schnell deutsch und suchte sich eine Arbeit. Zunächst beim Einrichtungshaus Böhmler in München, er montierte dort Küchen. "Ich habe alles gemacht, ich empfand es als gute Chance, in den Arbeitsmarkt einzutreten", erzählt er. Er sah auch, wie die Menschen hier miteinander umgehen. Mittlerweile arbeitet er bei der Einrichtungsfirma Radspieler in München als Schreiner. Heute hat die Firma eine Polsterei, sie war Abdulmunaams Idee, er leitet sie. "Sie haben gesehen, wie gut er ist", sagt der 20-jährige Sohn Mohamad.

Auch der Rest der Familie tauchte ins Leben hier ein, war motiviert, möglichst schnell deutsch zu lernen. Rama legte 2020 ihr Abitur am Gymnasium Neubiberg ab. Jetzt absolviert sie ein Freiwilliges Soziales Jahr beim BRK-Rettungsdienst, weil sie auf einen Medizin-Studienplatz wartet. Bei Mohamad steht in einer paar Wochen ebenfalls das Abitur an. Der 16-jährige Obai besucht die örtliche Realschule und die zwölfjährige Lin die Carl-Steinmeier-Mittelschule in Riemerling. Mutter Tahani sorgte zuhause für ein angenehmes Umfeld, achtete darauf, dass die Kinder lernen, auch sie spricht nun deutsch. "Ohne sie hätten wir nicht die Atmosphäre gehabt, all unsere Ziele zu erreichen", sagt der Rest der Familie.

Dass die Familie die Dinge selbst in die Hand nahm, dürfte ebenso die Integration gefördert haben. Zu Beginn erhielten die Abdulhadis Hilfe vom Helferkreis Asyl und anderen Menschen. Dafür sind sie sehr dankbar. "Sobald wir besser deutsch konnten, haben wir versucht, alles selbst zu machen", sagt der Vater. Nicht immer war es leicht. Mohamad erinnert sich, als die Aufenthaltstitel abgelaufen waren: Neue seien beantragt gewesen, aber die Mitarbeiterin in der Behörde kümmerte sich nicht drum. Die jüngeren Kinder Lin und Obai hatten zudem mit Mobbing in der Schule zu kämpfen.

Gleichwohl: Heimweh haben die Abulhadis nicht. Mittlerweile sind alle deutsche Staatsbürger. "Wir sind zufrieden, was wir erreicht haben - wir haben aber noch mehr vor", sagt Rama.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBayerns größtes Bauvorhaben
:Zweite Stammstrecke in München könnte 14 Milliarden Euro kosten

Jürgen Baumgärtner, Vizechef des Untersuchungsausschusses zum Münchner S-Bahn-Desaster, glaubt, sieben oder acht Milliarden Euro werden für das Großprojekt bei Weitem nicht reichen. Wie der CSU-Abgeordnete zu dem drastischen Ergebnis kommt.

Von Klaus Ott

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: