Spitzentreffen zur MVV-Tarifreform:Alle hoffen auf das große Füllhorn

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Eine S-Bahn zwischen Ober und Unterschleißheim. (Foto: Stephan Rumpf)

Vor dem Spitzentreffen zur Tarifreform in der Staatskanzlei sind auch die Interessenlagen im Landkreis München höchst unterschiedlich.

Von Martin Mühlfenzl

Aying/Ismaning - Die paar "Peanuts", sagt Johann Eichler, sollten drin sein. Immerhin vier S-Bahn-Stationen liegen in der Gemeinde Aying, deren Bürgermeister Eichler ist, und die Pläne für die MVV-Tarifreform sehen vor, dass diese künftig in zwei unterschiedlichen Zonen liegen sollen. Natürlich hat Eichler ein Interesse daran, dass alle Stationen in der günstigeren Zone liegen. Und das, sagt er, würde aufgrund der eher geringen Fahrgastzahlen nicht allzu viel kosten. Peanuts eben.

Wenn an diesem Freitag, 5. Oktober, die Spitzenvertreter der Gesellschafterversammlung des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) in der Münchner Staatskanzlei zusammenkommen, um das Reformwerk zu überarbeiten und zu retten, wird es aber nicht um Peanuts gehen.

Landrat Christoph Göbel (CSU), der an den Beratungen mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) und den Vertretern der acht Verbundlandkreise des MVV teilnehmen wird, hat vom Kreistag einen klaren Auftrag mit auf den Weg bekommen: Göbel soll sich noch einmal dafür einsetzen, dass alle 29 Städte und Gemeinden des Landkreises in den neuen Innenraum (Zone M) aufgenommen werden. Ein Ansinnen, das bisher in der Versammlung immer abgeblockt wurde. Weil es schlicht zu teuer sei.

Nicht zuletzt durch die anhaltende Kritik an dem Reformwerk aus dem Landkreis München ist aber neue Bewegung in die Sache gekommen; Ministerpräsident Söder hat angekündigt, der Freistaat könne sich nun doch finanziell an der Reform beteiligen - was sein Vorgänger Horst Seehofer stets abgelehnt hatte. Und dieses Angebot weckt Begehrlichkeiten, obwohl noch überhaupt nicht absehbar ist, wie viel der Freistaat in den MVV und die Reform investieren könnte.

Ein Betrag allerdings steht bereits fest. Würden tatsächlich alle 29 Städte und Gemeinden des Landkreises München in den neuen Innenraum aufgenommen, entstünden Mehrkosten von 40 Millionen Euro. Söders Ankündigung, Geld locker machen zu wollen, veranlasste daher den Haarer CSU-Landtagsabgeordneten Ernst Weidenbusch einen konkreten Vorschlag einzubringen: Freistaat und Landkreis könnten sich diese Kosten teilen, sagte er vergangene Woche im Kreistag. Dasselbe wiederholte er auf einer Podiumsdiskussion am Montag in Unterschleißheim.

Höhere Belastung für die Kommunen

Ob sich insbesondere die Bürgermeister im Kreistag auf ein solches Vorgehen einlassen könnten, ist allerdings fraglich. Investitionen von 20 Millionen Euro würden eine Erhöhung der Kreisumlage um zwei Prozentpunkte bedeuten. Die aber wurde bei der Verabschiedung des Etats für 2018 im vergangenen Dezember bereits von 44,9 auf 48 Prozentpunkte erhöht - eine zunächst angepeilte Marke um die 50 Prozentpunkte wurde von den Kreisräten abgelehnt, um die Kommunen nicht über gebühr zu belasten.

Unterschleißheims Bürgermeister Christoph Böck (SPD) sagt, grundsätzlich müssten auch die Kommunen und der Landkreis bereit sein, sich zu beteiligen. Zu Weidenbuschs Vorschlag sagt Böck, er wolle nicht den ersten vor dem zweiten Schritt machen. "Unser Ziel bleibt, dass alle Kommunen des Landkreises in den Innenraum kommen." Hierfür sei ein "großes Paket mit einem signifikanten Beitrag des Freistaats" notwendig. Unter den "derzeitigen Rahmenbedingungen" will Böck der Tarifreform nicht zustimmen.

Sein Ismaninger Kollege und Parteifreund Alexander Greulich geht noch weiter. "Ich hoffe, dass jetzt das große Füllhorn ausgeschüttet wird", sagt er mit Blick auf Söders Angebot. "Das Geld ist da, und dann soll auch bitte investiert werden." Und zwar nicht nur in vergünstigte Ticketpreise, sondern vor allem in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. "Denn genau das ist die Aufgabe des Freistaats", sagt Greulich und nennt ein Beispiel: "Wir brauchen den Zehn-Minuten-Takt auf der S 8. Die fährt zu einem Flughafen mit 44 Millionen Passagieren im Jahr und alle 20 Minuten fährt eine S-Bahn.

An diesem Donnerstag werden der Mobilitätsausschuss des Kreistags sowie der Kreisausschuss noch einmal in nichtöffentlicher Sitzung über die MVV-Tarifreform beraten. Dabei wird Göbel wohl auch die Strategie der Verbundlandkreise für das Spitzentreffen in der Staatskanzlei tags darauf vorstellen, die er vergangene Woche gemeinsam mit den anderen Landräten aus dem Verbund erarbeitet hat. Über das weitere Vorgehen wollte Landrat Göbel noch nichts sagen; sein Optimismus, alle 29 Kommunen des Landkreises in den Innenraum zu bekommen, hält sich allerdings in Grenzen.

Auch die Grünen fordern den Freistaat auf, "als ersten Schritt die neue M-Zone weiter zu vergrößern", wie es in einer gemeinsamen Erklärung der Kreistagsfraktion mit der Münchner Stadtratsfraktion heißt. Preissprünge an den Zonengrenzen im Landkreis müssten beseitigt werden, sagt Grünen-Kreisrat Markus Büchler, weil der Landkreis in Aussicht gestellt hat, seinen Anteil von 3,45 Millionen Euro "auf ein Vielfaches" zu erhöhen. Davon könnten dann auch die Peißer und Dürrnhaarer in der ländlichen Gemeinde Aying profitieren.

© SZ vom 04.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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