München-Trudering:Anhalterin sticht auf Fahrer ein

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"Es gab keinen Streit, keine Annäherungsversuche, die Personen kannten sich nicht": Eine Anhalterin hat ihren Fahrer lebensgefährlich verletzt - die Polizei rätselt über das Motiv.

S. Wimmer

Eine 20-jährige Anhalterin hat sich in der Nacht auf Dienstag von einem 34-Jährigen in seinem Wagen mitnehmen lassen und plötzlich mit einem Schweizer Taschenmesser auf den Münchner eingestochen. Der Mann erlitt lebensgefährliche Verletzungen an Schulter und Hals, die mutmaßliche Täterin wurde wenig später festgenommen. Warum die Frau auf den 34-jährigen Arbeiter losging, ist für die Polizei noch ein Rätsel. Das Opfer befindet sich mittlerweile außer Lebensgefahr.

Festnahme nach Großfahndung: Gegen die 20-jährige Anhalterin, die auf ihren Fahrer einstach, wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet. (Foto: dpa)

"Es gab offenbar keinen Streit im Auto, keine Annäherungsversuche, die Personen kannten sich auch zuvor nicht", sagt Markus Kraus von der Münchner Mordkommission. Den Ermittlern gegenüber habe die Frau am Dienstag keinerlei Angaben gemacht, sie habe sich sofort eine Rechtsanwältin genommen - und geschwiegen.

Den Tathergang kann die Polizei bislang nur aufgrund der Spuren und der Aussagen des Opfers rekonstruieren. Die mutmaßliche Täterin erklärte am Mittwoch in ihrer Vernehmung, sie könne sich an den Tathergang nicht genau erinnern.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge war der 34-Jährige am Dienstag gegen 3.40 Uhr mit seinem Wagen auf dem Heimweg in den Osten von München, als er an der Silberhornstraße eine Anhalterin stehen sah. Der Mann stoppte und bot der 20-Jährigen, die Richtung Trudering wollte, an, sie mitzunehmen.

Auf der Fahrt hätten sich die beiden "normal unterhalten", wie Kraus sagt. In Trudering angekommen, lotste die Auszubildende den Münchner durch Seitenstraßen zur Hochkönigstraße. Dort befindet sich in der Nähe die Wohnung der 20-Jährigen. Hier solle er anhalten, bat sie.

Wie der Mann später den Ermittlern erklärte, habe man sich im Wagen noch unterhalten, beide blieben sitzen. Von einer Trinkflasche sei dann der Schraubverschluss in den Fußraum des Autos gefallen. Der 34-Jährige bückte sich, um den Deckel aufzuheben, da spürte er "einen Schlag" gegen die Schulter und gegen den Hals.

Was der Mann im ersten Augenblick als "Schlag" empfand, waren allerdings Stiche: Die 20-Jährige hatte ihm ein Schweizer Taschenmesser in den Rücken gerammt und ihm am Hals eine längere Schnittwunde zugefügt. Der Münchner wehrte die Frau ab, diese ließ das Messer fallen, öffnete die Wagentüre und lief davon. Dem lebensgefährlich Verletzten gelang es noch, den Notarzt und die Polizei zu verständigen.

Wenig später lief die Großfahndung der Polizei an. Beamte entdeckten die Frau in einer nahen Parkanlage und nahmen sie fest. Die Auszubildende wollte keine Angaben zur Tat machen. Auch im Laufe des Dienstags schwieg sie und kündigte über ihre Anwältin an, man werde sich am Mittwoch zur Sache äußern.

Doch offenbar brachte auch die Vernehmung am Mittwoch kein Licht in die Angelegenheit: Sie habe sich grundsätzlich zum Sachverhalt geäußert, so die Kripo, was den Tathergang anbelangt verweist die 20-Jährige jedoch auf etliche Erinnerungslücken.

Die Auszubildende hatte den Montagabend mit einer Freundin verbracht und war mit ihr durch mehrere Kneipen in Giesing gezogen. Nach Angaben der Polizei hatte sie Alkohol getrunken, wie stark betrunken die Frau war, konnte die Polizei am Mittwoch nicht sagen. Kraus erklärte, die 20-Jährige mache keinen geistig verwirrten Eindruck, sie stamme aus "normalen" Verhältnissen. Das Motiv für die Tat sei unklar.

Das 34-jährige Opfer habe bei seiner Befragung im Krankenhaus den Tatablauf glaubhaft geschildert, sagt Kraus. Und zwar in weiten Stücken genau so, wie er den Sachverhalt kurz nach dem Angriff den Polizisten am Tatort erzählt hatte. Mittwochnachmittag erließ ein Richter Haftbefehl gegen die 20-Jährige wegen versuchten Mordes, die Attacke mit dem Messer in den Rücken wird als Heimtücke gewertet.

© SZ vom 09.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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