München:Der Landkreispass wird zum Renner

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Auch für Open-Air-Konzerte am Königsplatz erhalten Besitzer des Landkreispasses Ermäßigungen. (Foto: Stefan M. Prager)

Bereits 6000 Geringverdiener und Ehrenamtliche nutzen das vor einem Jahr eingeführte Dokument, mit dem sie allerlei Vergünstigungen bekommen

Von Stefan Galler, München

Die Popularität des neuen Dokumentes steigt kontinuierlich - und auch die Möglichkeiten, als Inhaber des Landkreispasses Rabatte zu bekommen, werden immer zahlreicher. Schon jetzt, ein Jahr nach der Einführung der Vergünstigungen für Geringverdiener und Ehrenamtliche, wurden beim Landratsamt 6000 Anträge auf einen Landkreispass gestellt, das teilte Carolin Boldt, Leiterin der zuständigen Stabsstelle in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses mit. Knapp die Hälfte aller Antragsteller sind Leistungsbezieher nach dem Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), weitere 13 Prozent erhalten staatliche Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe). 23 Prozent sind Asylbewerber, nur neun Prozent der Anträge kamen von Ehrenamtlichen. "Der Landkreispass ist ein großer Erfolg", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) im Ausschuss.

Die Kosten, die den Landkreis belasten, beschränken sich auf die subventionierte Isar-Card "S" für die Inhaber des Ausweises. Bezogen im April 2014 noch lediglich 460 eine solche MVV-Monatskarte, so waren es im Januar 2015 bereits 1727, die dank ihres Landkreispasses günstiger mit Bus und Bahn unterwegs waren. In den zehn Monaten dazwischen kostete der Rabatt bei den Monatskarten von rund 40 Euro pro Bezieher (24,60 anstatt 64,56 Euro) den Landkreis insgesamt 437 165,40 Euro. "Die Kosten entwickeln sich moderat und entsprechen bei weitem nicht den Haushaltsansätzen", so Göbel. Die Vorsitzende der Landkreis-SPD, Bela Bach, gab zu bedenken, dass etwa Asylbewerber, deren Sprachkurse vor 9 Uhr beginnen, mit der rabattierten Isar-Card nichts anfangen könnten, weil diese erst von 9 Uhr an gelten würde. Corvin Dilger von der Koordinierungsstelle Asyl im Landratsamt hatte ihr auf Anfrage zwar erläutert, dass Betroffene in diesem Fall zu einer normalen Monatskarte greifen könnten, die Erstattung des Rabatts laufe aber etwas komplizierter ab, so Bach. "Beispielsweise müssen Asylbewerber dann erst ein Girokonto eröffnen, damit ihnen die Vergünstigung zurücküberwiesen werden kann", sagte die Sozialdemokratin. Landrat Göbel sieht keine andere Lösungsmöglichkeit: "Da sind wir wieder beim Thema flexibler Tarif. Die Bürokratie ist ein Problem, wir schauen uns das aber an."

Die zunehmende Beliebtheit des Landkreispasses liegt aber nicht nur an den MVV-Vergünstigungen, sondern auch an der steigenden Zahl der "Akzeptanzpartner", also jener Unternehmen und Dienstleister, bei denen man mithilfe des Dokumentes Vergünstigungen erhält. Insgesamt hat der Landkreis mittlerweile beinahe 50 solcher Partnerschaften abgeschlossen, im September 2014 waren es gerade mal die Hälfte gewesen. Unter anderem erhalten die Berechtigten jetzt Ermäßigung auf Kartenpreise im Arena Filmtheater in der Münchner Hans-Sachs-Straße, im Cincinnati-Kino im Fasangarten und beim Kino-Open-Air am Königsplatz; ebenfalls rabattiert sind die Preise im Deutschen Museum, dem Jagd- und Fischereimuseum, in den Kletterhallen der Boulderwelt West und Ost, bei der Iberl-Bühne im Augustiner Stammhaus, bei der Komödie im Bayerischen Hof, in der Bavaria Filmstadt in Geiselgasteig und in der Tanzschule Wolfgang Steuer. Zahlreiche Gemeinden offerieren darüber hinaus Vergünstigungen für Inhaber des Landkreispasses bei ihren Kultur-, Volkshochschul- oder Sportangeboten. Grünen-Kreisrat Hans-Peter Adolf zeigte sich irritiert davon, dass seine Gemeinde Garching im Verzeichnis der "Akzeptanzpartner" bisher noch fehle, aber beispielsweise der Märchen-Erlebnispark Marquartstein einen Rabatt anbietet. "Wir können die Gemeinden nicht zwingen, uns etwas anzubieten", sagte Stabsstellenleiterin Boldt.

Wenn es nach dem Landratsamt und den Kreisräten geht, soll schon bald ein neuer großer Block mit in die Vergünstigungen integriert werden: Man möchte eine Medikamentenhilfe aufbauen, die sich an jener orientiert, die es in der Stadt München bereits gibt. Hier erhalten Bedürftige in teilnehmenden Apotheken bei Vorlage eines "grünen Rezepts" oder eines Privatrezepts einen Rabatt von mindestens 20 Prozent auf verschreibungsfreie Medikamente. Zwar hat die Bayerische Landesapothekenkammer eine Unterstützung des Projektes wegen der Vielzahl ähnlicher Anfragen aus anderen Landkreisen bereits abgesagt, dennoch steht sie der Medikamentenhilfe ebenso positiv gegenüber wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und die Stadt München. Die Verwaltung wird nun abfragen, ob bei den Apotheken im Landkreis grundsätzliches Interesse an einer solchen Maßnahme besteht, die nur sozial schwächeren Personen und nicht den ehrenamtlichen Inhabern des Landkreispasses zustehen soll. "Ich denke, das es möglich sein wird, dieses Vorhaben umzusetzen", sagte Stabsstellenleiterin Boldt.

Zwei weitere Details zum Landkreispass beschloss der Sozialausschuss darüber hinaus ebenfalls einstimmig: Inhaber der Jugendleiterkarte (Juleica), die bisher im ersten Schritt eine Bayerische Ehrenamtskarte beantragen mussten, ehe sie sich den Landkreispass sichern konnten, können dies künftig direkt tun.

Und der Freizeitpass, eine Art Vorgängermodell des Landkreispasses, der im Vorjahr wegen des neuen Modells nur noch von 122 finanziell schwächer gestellten Personen aus dem Landkreis beantragt worden war, wird abgeschafft. Gravierender Unterschied zum Landkreispass ist, dass schon antragsberechtigt ist, wer das sechste Lebensjahr vollendet hat. Für den Landkreispass muss man mindestens 15 Jahre alt sein. Jedoch hatten laut Göbel im vergangenen Jahr nur 15 Kinder unter 15 Jahren den Freizeitpass beantragt.

Bleibt die Frage nach den insgesamt 15 Akzeptanzpartnern des Freizeitpasses: Sechs davon haben sich schon bereit erklärt, ihre Ermäßigungen auch Inhabern des Landkreispasses anzubieten. Unter den neun übrigen sind so attraktive Angebote wie der Tierpark Hellabrunn, Olympiapark München oder die Frei-und Hallenbäder der Gemeinde Haar. "Wir werden alle Partner des Freizeitpasses noch einmal anschreiben", sagte Göbel, während sich Caroline Boldt keine Hoffnungen darauf macht, den Tierpark als Partner für den Landkreispass zu gewinnen: "Hellabrunn hat schon angedeutet, Vergünstigungen aus finanziellen Gründen eher zu reduzieren."

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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