Landschaftspflege:Ordnung in der Wildnis

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Mit Herz und Hand für die Natur im Einsatz: Bernhard Katzmair (rechts) und Georg Hünerfeld vom Landschaftspflegeverband im Landkreis München auf einer Wiese bei Aying, die unter der Obhut des Verbands steht. (Foto: Sebastian Gabriel)

Seit 25 Jahren kümmert sich der Landschaftspflegeverband um den Erhalt der natürlichen Vielfalt im Landkreis. Dass dies unaufgeregt geschieht, liegt daran, dass hier Landwirte und Umweltschützer zusammenarbeiten

Von Martin Mühlfenzl, Aying

Bernhard Katzmair steht tief drin in dem Gestrüpp aus Disteln, Gräsern, Büschen und Blumen am Rande von Aying. Er greift nach unten, nimmt eine der abgestorbenen stacheligen Blüten heraus und deutet mit dem Zeigefinger darauf: Eine kleine Schnecke sitzt auf der Distel. "Die hat es sich gemütlich gemacht", sagt Katzmair und legt die Blüte wieder zurück. Das wilde Durcheinander, das Katzmair gemeinsam mit Georg Hünerfeld durchstreift, ist gewollt - ein von Menschenhand angelegter Lebensraum, nur wenige Meter von den ersten Häusern des kleinen Dorfes im Münchner Südosten entfernt.

Dass es hier, im Süden des Landkreises, kreucht und fleucht ist dem Landschaftspflegeverband München-Land zu verdanken, der heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert. Fast genauso lange steht der Ayinger Bernhard Katzmair dem Verein vor, dessen Name ein wenig in die Irre führt. Denn der Landschaftspflegeverband ist keineswegs nur auf "dem Land" unterwegs, sondern auch in urbanen Kommunen wie Ottobrunn, Unterhaching oder Neubiberg.

"WIr sind keine Landschaftsverschönerer."

In Ottobrunn liegen auch die Anfänge des Verbandes. Rudolf Kemeter, damals Gemeinderat und vor drei Jahren verstorben, legte gemeinsam mit der Gemeinde und Bürgermeisterin Sabine Kudera im Jahr 1993 den Grundstein für die Initiative, die sich, wie der Name sagt, dem Erhalt der Landschaft und ihrer Vielfalt widmet. Ihren allerersten Einsatz hatten die Mitglieder um Rudolf Kemeter im Nachbarort Neubiberg; dort ging es kurz nach der Gründung darum, eine Wiese zu mähen, damit neues Gras nachwächst.

"Ich habe mir schon ein bisschen was anderes vorgestellt, als ich dazu gekommen bin", sagt Katzmair inmitten von Disteln und lacht. Kurz nach dem Einsatz in Neubiberg, erinnert sich Ayings ehemaliger Bürgermeister, war er bei Peiß im Berger Moor unterwegs. "Da ging es darum, das Moor auszuräumen. Das hat damals 30 000 Mark gekostet und wir waren ein junger Verein und hatten noch nicht viel Geld", sagt Katzmair. "Aber wir sind keine Landschaftsverschönerer und machen auch kein Ramadama. Damals nicht und heute nicht."

Mittlerweile gehören dem Landschaftspflegeverband zwölf Kommunen an - von Ismaning im Norden bis Aying und Oberhaching im Süden. Ländliche Dörfer ebenso wie städtisch geprägte Vorstädte. Die Gemeinden tragen den Verein auch finanziell - gemeinsam mit dem Landkreis, der als Partner ebenfalls dabei ist. Jeweils 15 Cent pro Einwohner steuern die Kommunen bei, der Landkreis leistet dieselbe Summe.

Etwa 300 000 Euro hat der Landschaftspflegeverband dadurch im Jahr zur Verfügung, um all seine Projekte voranzutreiben: Gewässerpflege im Hachinger Tal etwa, ein Programm für die heimische Buschnelke, das Pflanzen von Hecken und Bäumen auf der Feldflur, die Wiederanlage von der Streuwiesen im Norden des Landkreises. In Oberhaching kümmert sich der Verband um den Magerrasen etwa an der Keltenschanze.

Wenn solche Flächen nicht gepflegt würden, sagt Georg Hünerfeld, der Geschäftsführer des Landschaftspflegevereins, wachsen sie zu und gehen als wertvolle Fläche verloren. "Einzelne Büsche sind okay", sagt Hünerfeld und zeigt auf ein etwas verwittertes Gestrüpp auf der Fläche in Aying. "Aber es soll kein Wald daraus werden. Wir müssen daher immer wieder eingreifen." Wenn die Vegetation sich selbst überlassen bleibt, sei sie "in 20 Jahren zu, richtig zu", erklärt der Diplom-Biologe.

Der Verein greift unaufgeregt in die Natur ein

Daher muss gemäht werden. Das übernehmen Katzmair und Hünerfeld aber nicht selbst. Der Landschaftspflegeverband arbeitet eng mit den Landwirten im Landkreis München sowie dem Maschinenring zusammen. "Die haben die richtigen Geräte und Maschinen", sagt Bernhard Katzmair. "Es gibt sogar Landwirte, die sich nur um die Landschaft kümmern und gar keine Viecher mehr haben. Unsere Landwirte sind unsere Experten."

Katzmair und Hünerfeld ist die Landschaftspflege eine Herzensangelegenheit. Eben weil sich die Landschaft so massiv verändert. "Es wird gerade bei uns im Landkreis einfach brutal viel gebaut. Das sehen wir an jeder Ecke", sagt Hünerfeld. "Und auch die Trennung von Naturschutzflächen und Nutzflächen wird immer schärfer."

Wenn in einer Gemeinde gebaut wird und eine Ausgleichsfläche geschaffen wird, steht daher oft der Landschaftspflegeverband parat, um diese neu zu gestalten. Es liegt letztlich an der Expertise von Georg Hünerfeld, welche Projekte tatsächlich umgesetzt werden. Ihm und Katzmair ist neben der praktischen Arbeit vor allem eines wichtig: dass die sogenannte Drittelparität im Vorstand des Verbands aufrecht erhalten wird. Dort sitzen gleichermaßen Vertreter der Kommunen, Landwirte und Naturschützer.

Die Kunst des Vereins besteht darin, dass er unaufgeregt und für manchen kaum sichtbar in die Natur eingreift. So wie bei der Pflege des Bayerischen Löffelkrauts im Kupferbachtal bei Aying, das es nur dort gibt. Und das es zu einiger Bekanntheit gebracht hat. In "Doctor Döblingers geschmackvollem Kasperltheater" etwa machen sich der Kasperl und der Seppl auf in den "wuiden Woid", um das Löffelkraut zu finden. Damit soll der Schluckauf vom Seppl geheilt werden. "Tolle Platte", sagt Bernhard Katzmair und lacht. "Nicht nur etwas für Kinder."

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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