Landkreis-Statistik:Region der Rekorde

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Einer von vielen Superlativen: das astronomische Bildungszentrum Eso-Supernova in Garching. (Foto: Stephan Rumpf)

Die längste Floßrutsche, die zweitgrößte Porzellansammlung, das einzige Autokino: Eine aktuelle Broschüre des Landratsamts informiert über den Landkreis München in Zahlen - anschaulich und unterhaltsam.

Von Iris Hilberth

Als Standort ist der Landkreis München für viele Unternehmen nach wie vor erste Wahl. Eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) im vergangenen Jahr hat ergeben, dass mehr als 90 Prozent der Firmen sich wieder im bevölkerungsreichsten Landkreis Bayerns ansiedeln würden.

Und egal, wer gerade wieder ein Ranking der Landkreise oder Regionen aufstellt: Der Landkreis München nimmt garantiert einen Spitzenplatz ein. Kein Wunder, sind doch die 29 Städte und Gemeinden rund um die Landeshauptstadt nicht nur wegen der Nähe zu München attraktiv, sondern bieten mit vergleichsweise niedrigen Gewerbesteuersätzen auch finanzielle Anreize. Konkrete Zahlen, die diesen prosperierenden Landkreis München für Ansiedlungen, Firmengründungen, Unternehmenserweiterungen und betriebliche Ausgründungen so interessant machen und die Rolle als Primus unter den Landkreisen bestätigen, hat das Landratsamt jetzt in seiner dritten Auflage der Broschüre "Auf einen Blick" mit dem Schwerpunkt Wirtschaft anschaulich zusammengetragen - und mitunter sogar unterhaltsam aufgearbeitet.

Denn der Landkreis München ist nicht nur wirtschaftlich eine Region der Rekorde. Hier gibt es etwa mit 345 Metern die längste Floßrutsche Europas (in Straßlach-Dingharting), die Meißner Porzellansammlung im Schleißheimer Schloss Lustheim ist die zweitgrößte der Welt und das Eso-Supernova-Planetarium in Garching ist das größte geneigte Planetarium Deutschlands. Kurios auch, dass es in Bayern nur noch ein Autokino geben soll, das ausgerechnet in Aschheim steht, und dass Höhenkirchen-Siegertsbrunn mit 26 Zeichen einer der längsten Gemeindenamen in Deutschland ist.

Gebäudereiniger sind Spitze

So erfährt der Leser nicht nur, dass die IHK im Landkreis München 42 500 Unternehmen und 217 750 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte zählt und die Handwerkskammer 5667 Betriebe sowie 2735 Unternehmen unter ihrem Dach vereint, die 1497 Auszubildende und 3400 Mitarbeiter beschäftigen. Aber wer hätte gedacht, dass auf Platz eins der Handwerksbetriebe die Gebäudereiniger sind, gefolgt von den Fliesen- und Mosaiklegern? Änderungsschneider gibt es übrigens 50, dafür Speiseeishersteller nur zwölf. Wer allerdings einen Handschuhmacher im Landkreis München sucht, wird keinen finden.

Immerhin 3611 Firmen wurden im vergangenen Jahr im Landkreis München neu gegründet. Überwiegend im Handel und freiberufliche Dienstleistungen. Eine sogar im Bergbau. An vier Gründerzentren ist der Landkreis gesellschaftsrechtlich beteiligt, eine fünfte strebt er an einem neuen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Ottobrunn an.

Allerdings wird auch der Fachkräftemangel zunehmend ein Problem im Landkreis München. Waren im Jahr 2010 noch 12 000 Stellen in der Region München nicht besetzt, sind es heuer bereits 71 000 und damit 4,8 Prozent. Bereits in zwei Jahren soll die Anzahl noch einmal um 8000 Stellen anwachsen, für das Jahr 2030 hat der IHK Fachkräftemonitor 137 000 fehlende Fachkräfte ausgemacht. Im Landkreis herrscht vor allem in dualen Ausbildungsberufen sowie in Gesundheits- Körperpflege- und Wellnessberufen Personalnot. Insgesamt gibt es derzeit 44 000 Lehrstellen im Landkreis, davon sind 1058 unbesetzt. Dem gegenüber stehen 501 unversorgte Schulabgänger.

1100 Mieträder an 100 Stationen

Eine besondere Herausforderung im wirtschaftlich so starken Landkreis ist bekanntlich die Mobilität. "Mit dem Fahrrad am Stau vorbei" ist daher ein Kapitel der Statistikbroschüre überschrieben. Geworben wird hier für die Nutzung des MVG-Rads, das im Landkreis bis Mitte 2019 in 21 Kommunen an etwa hundert Stationen mit 1100 Mieträdern genutzt werden kann. Auch die Elektromobilität spielt zunehmend eine Rolle. 143 Ladepunkte gibt es mittlerweile an 59 Standorten. Hauptsächlich sind aber weiterhin Fahrzeuge mit Benzinmotoren (156 126) und Dieselautos (113 650) im Landkreis unterwegs. Es gibt dagegen nur 1919 Hybridfahrzeuge, 1167 fahren mit Erdgas und 58 mit Wasserstoff. Reine Elektrofahrzeuge sind lediglich 604 zugelassen.

Zusätzlich zum Wirtschaftsschwerpunkt beschäftigt sich die Broschüre mit Gesundheits-, Sozial- und Umweltthemen. So erfährt der Leser etwa, dass die Anzahl der Grippeerkrankungen im Landkreis von 1171 im Jahr 2017 auf 3542 in diesem Jahr raufgegangen ist, dass die allgemeine Schwangeren- und Konfliktberatung 2017 insgesamt 878 Personen über 1284,5 Stunden beraten hat und dass es 36 Veranstaltungen in Sexualpädagogik gegeben hat. Ein besonderes Augenmerk hat das Landratsamt auch auf das Thema Demenz gelegt, immerhin ist hier die Zahl der Betroffenen von 3893 im Jahr 2009 auf aktuell 5326 gestiegen. Der Landkreis München hat auf diese Entwicklung reagiert und im Jahr 2015 das Bündnis Demenz gegründet, seit 2016 habe sich neun Gemeinden dem Modellprojekt "Demenzfreundliche Kommune" angeschlossen.

Auch tierisch ist einiges geboten im Landkreis. So ist die Erdkröte, eigentlich die häufigste und anspruchsloseste Art unter den Amphibien, deutlich im Bestand zurückgegangen. Auf 28 der bekannten Wanderstrecken sind gar keine Kröten mehr unterwegs. Die seltene Wechselkröte droht für immer von hier zu verschwinden. Der stark gefährdete Kammmolch sowie der wanderfreudige Springfrosch hingegen sind wieder deutlich häufiger anzutreffen.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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