Mobilität:Abschied von der Zonengrenze

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Die Züge zu den Ausflugszielen im bayerischen Oberland rauschen auch künftig ohne Halt durch den Landkreis München. (Foto: Karl-Heinz Spremberg/Imago/Chromorange)

Bei der jüngsten MVV-Tarifreform wurde trotz anderslautender Forderungen nur ein Teil des Landkreises München dem Innenraum zugeschlagen. Mit der Einführung des 49-Euro-Tickets hat sich diese Diskussion weitgehend erledigt. Trotzdem lohnt es sich in bestimmten Fällen nachzurechnen, ob nicht eine übertragbare Isar-Card günstiger ist.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Rosenheim hat seine schönen Ecken, nicht nur für Feierlustige zum Herbstfest. Der Max-Josef-Platz glänzt mit seinen Gründerzeit-Fassaden, der Lokschuppen bietet ganzjährig vielfältige Ausstellungen und der Inn braucht sich hinter der Isar nicht zu verstecken. Und mit der Regionalbahn ist die Stadt gut zu erreichen, auch für Menschen aus dem Landkreis München. Vom S-Bahnhof Deisenhofen in Oberhaching etwa fährt die RB 58 in knapp einer Stunde nach Rosenheim. Einfach kostet die Fahrt 15,50 Euro mit der Bayerischen Regiobahn. Hin und zurück also 31 Euro. Allzu oft können sich viele so einen Ausflug also nicht leisten - noch nicht. Denn von 1. Mai an gibt es das 49-Euro-Ticket, das nicht nur für Ausflügler deutliche Vorzüge bringen wird, sondern vor allem auch für Pendler.

Der Nachfolger des Neun-Euro-Tickets, das im vergangenen Sommer Millionen Deutsche begeistert und zwischenzeitlich zum Umstieg auf den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr bewogen hat, kann und wird im Landkreis München auch eine Debatte befrieden, die in den vergangenen Jahren viel Unmut hervorgerufen hat: Vor der jüngsten Tarifreform forderten viele, dass der Landkreis aufgrund der engen Verwobenheit mit der Landeshauptstadt dieser gleichgestellt werden und komplett in die neu geschaffene Zone M des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) integriert werden müsste. Die Tarifpartner Freistaat und Landeshauptstadt lehnten das aus Kostengründen ab, lediglich einzelne Gemeinden wurden der Zone M zugeschlagen.

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Mit dem 49-Euro-Ticket erledigt sich für unzählige Pendlerinnen und Pendler nun der Blick auf den noch immer komplizierten MVV-Netzplan, die Rechnerei angesichts des Farbdschungels der unterschiedlichen Tarifzonen - und auch die Frage, ob man in seiner Freizeit mal einen Ausflug mit dem Regionalzug unternehmen, respektive sich diesen leisten will. Und dennoch stehen manche vor der Frage, ob sie überhaupt auf das Deutschlandticket umsteigen wollen - und diese Entscheidung hat viel mit dem eigenen Fahrverhalten zu tun. Und auch damit, wo der eigene Startpunkt und das Ziel liegen. Und dass das neue Ticket nicht übertragbar ist und keine Kinder, die älter als fünf Jahre sind, kostenlos mitgenommen werden dürfen.

Viele der Haltestellen im Landkreis München liegen bereits in der auf dem Netzplan weiß gehaltenen Zone M, die den MVV-Innenraum abbildet. Wer also etwa von Ottobrunn, Unterföhring oder Pullach aus nach München in die Arbeit pendelt, nicht allzu früh am Arbeitsort erscheinen muss und auch künftig ausschließlich die Zone M nutzen will, der kommt zum Beispiel mit der Isar-Card 9 Uhr auch von Mai an günstiger weg als mit dem 49-Euro-Ticket. Im Jahresabo kostet diese Isar-Card bei jährlicher Zahlung dank der Ermäßigung 534 Euro, das Deutschlandticket kommt für eine Gültigkeitsdauer von zwölf Monaten auf 588 Euro.

Es kann auch als Jobticket vom Arbeitgeber finanziert werden.

Das aber ist eine der wenigen Ausnahmen. Das neue Ticket birgt vielmehr enorme Möglichkeiten, richtig Geld einzusparen - vor allem für Menschen, die außerhalb der Zone M leben. Ein Ayinger etwa, der in München arbeitet, aber Familie in Holzkirchen hat und diese regelmäßig besuchen will, zahlt bei monatlicher Abbuchung für die reguläre Isar-Card M-3 im Jahr bisher 1497 Euro - und spart sich künftig mit dem Deutschlandticket entsprechend 909 Euro. Mal ganz davon abgesehen, dass er deutschlandweit den Regionalverkehr mit nutzen kann. Wer in Unterschleißheim daheim ist und regelmäßig in die Innenstadt pendelt, kommt mit dem monatlich zu bezahlenden Jahresticket bei der Isar-Card für die Zonen in der Zone M-1 auch noch auf eine Ersparnis von 378 Euro. Es pendeln aber nicht nur Menschen in die Innenstadt, sondern auch vermehrt ins Umland. Ein Haarer, der die Strapazen auf sich nimmt, mit dem ÖPNV zur Arbeit nach Wasserburg am Inn zu fahren und auch die Zone M nutzen will, muss für das jährliche Isar-Card-Abo ebenfalls bei monatlicher Abbuchung bisher 2034 Euro im Jahr hinlegen - und spart mit dem Deutschlandticket nun 1446 Euro ein.

Das Deutschlandticket gilt ab Mai bundesweit im Nah- und Regionalverkehr. (Foto: Wolfgang Maria Weber/IMAGO)

Der Gesetzgeber hat zudem die Möglichkeit geschaffen, das Deutschlandticket auch als Jobticket anzubieten, um Anreize für den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV zu schaffen. Der Arbeitgeber muss dabei mindestens 25 Prozent des Ticketpreises übernehmen. Das Münchner Landratsamt, in dem viele Beschäftigte außerhalb der Stadt und des Landkreises München wohnen, geht dabei mit gutem Beispiel voran und bietet seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Antrag sogar die volle Kostenübernahme an.

Das Ticket soll vor allem ein digitales sein und kann etwa über die Apps des MVV, der Deutschen Bahn oder auch der Bayerischen Regiobahn gekauft werden. Für alle jene, die kein Smartphone besitzen, wird eine Chipkarte angeboten. Anders als beim Neun-Euro-Ticket müssen Abonnenten von MVV-Ticktes einen Wechsel zum Deutschlandticket aktiv selbst über das Kundenportal einleiten, die Differenzen werden aber automatisch erstattet.

Das Tarifsystem aus Zonen bleibt auch mit Einführung des 49-Euro-Tickets bestehen, denn nicht jeder, vor allem nicht Gelegenheitsfahrer, werden auf das neue Angebot umsteigen. Allerdings wird der MVV-Raum derzeit weiter ausgebaut. So gehört etwa der Landkreis Rosenheim von Dezember an dem MVV an, wie auch der Landkreis Miesbach. Dort liegende, reizvolle Ausflugsziele lassen sich dann aber schon längst unkompliziert und preisgünstig mit dem Deutschlandticket erkunden. Wie auch näherliegende im Landkreis München von den Schleißheimer Schlössern über die Supernova in Garching und die Bavaria Filmstudios bis zum Isarhochufer in Pullach.

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