Jugendzentrum in Garching:Ein zweites Wohnzimmer für das Nest

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Das Jugendhaus in Hochbrück feiert am Samstag sein 20-jähriges Bestehen. (Foto: Privat)

Im Jugendhaus Hochbrück hat sich in den 20 Jahren seit seiner Eröffnung einiges verändert. Geblieben ist der Anspruch, dass die Einrichtung offen ist für alle.

Von Gudrun Passarge, Garching

Die zwei Buben schlüpfen durch eine Lücke in der Hecke. Sie haben einen Ball dabei. Jan Stepputtis sitzt im bequemen Stuhl vor dem Jugendhaus im Garchinger Stadtteil Hochbrück und wechselt ein paar Worte mit den beiden, nennt sie beim Namen. Sie wollen Basketball spielen. "Das ist okay", sagt der Leiter des Jugendhauses, auch wenn das Haus erst in einer halben Stunde öffnet. "Man kennt sich einfach", sagt er schmunzelnd. "Hochbrück ist ein Nest." Aber eines mit Jugendhaus, das am Samstag, 20. Juli, sein 20-jähriges Bestehen feiert.

Stepputtis, 44, arbeitet erst seit 2004 in dem Haus, das der Kreisjugendring betreibt, aber kennengelernt hat er es schon in der Bauphase. Damals war er noch Student und jobbte zum Geldverdienen für einen Inneneinrichter. Dass er die Rigipsplatten just für das Jugendhaus in Hochbrück abliefern musste, das er Jahre später leiten würde, das wusste er zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Zuvor hatten die Jugendlichen sich im Haus der Vereine getroffen, in dem heute die Muslime ihren Gebetsraum haben. Aber es war zu klein geworden und noch unter Bürgermeister Helmut Karl (SPD) wurde das neue Jugendhaus gebaut. Dieser nannte es "sinnvoll und notwendig". In seinem Grußwort zur Eröffnung 1999 schrieb er, das Jugendhaus sollte als neutrale Einrichtung allen jungen Menschen offenstehen. Hochbrück hat aktuell 2500 Einwohnern. Schon immer lebten hier viele Menschen mit Migrationshintergrund, derzeit sind es mehr als 36 Prozent.

Offen für alle, das ist das Haus nach wie vor. Stepputtis spricht von einer Art zweitem Wohnzimmer, das Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre nutzten. Dabei hat sich die Altersstruktur nach Beobachtung von Stepputtis über die Jahre verändert. Es kommen immer jüngere Besucher. Als Konsequenz ist mittwochs beispielsweise schon den Neunjährigen der Zutritt gestattet. "Wir wollen gewährleisten, dass sie in das Haus hineinwachsen", sagt Stepputis. An den anderen Tagen dürfen erst Elfjährige das Haus nutzen.

Als Gründe für das Wegbleiben mancher Älterer nennt Stepputtis zum einen die U-Bahn, mit der sie bequem nach München fahren, zum anderen das Rauchverbot. Alkohol und Zigaretten im Haus, das gibt es schon lange nicht mehr. Auch draußen vor dem Haus ist das Rauchen nicht erlaubt. "Es gibt ja auch die Vorbildfunktion für die Jüngeren." Wem das nicht gefällt, der geht eben anderswo hin. Vielleicht kommen aber auch deshalb mehr Jüngere, weil schon die Geschwister hier ein und aus gingen und weil die Eltern dem Personal vertrauen.

Jan Stepputis (links) leitet das Jugendhaus Hochbrück. Christian Werner (rechts) war selbst als Jugendlicher in der Einrichtung, heute arbeitet er dort. (Foto: Privat)

Denn der Pädagoge Stepputtis ist als KJR-Mitarbeiter nicht nur Chef des Jugendhauses, sondern auch der Schulsozialarbeit, der Jungen Integration mit Hausaufgabenhilfe und Sprachförderung, der Netzwerkstelle, in der alle Fäden der Hilfsangebote zusammenlaufen und der offenen Ganztagsschule in der ehemaligen Sparkassenfiliale. Ein dichtes Geflecht, zum Wohl von Kindern und Jugendlichen und der Not vieler Eltern geschuldet. Denn oft müssten beide arbeiten gehen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, und die Kinder bräuchten Betreuung. Durch die vielen Angebote kennen sich die KJR-Mitarbeiter gut in Hochbrück aus. Umgekehrt kommen die Einwohner irgendwann unweigerlich mit einer der Einrichtungen in Kontakt, sofern sie Kinder haben.

Die Besucher des Jugendhauses haben viele Möglichkeiten. Die attraktiven Außenanlagen bieten Raum zum Bolzen, Basketball- oder Volleyballspielen. Im Haus selbst wird gelegentlich gemeinsam gekocht, die Besucher können Spielekonsolen nutzen, es gibt ein Café, einen Disco-Raum, Platz zum Chillen, einen Billard-Tisch und eine Tischtennis-Platte. "Wir sind ein offenes Haus, ohne ständiges festes Angebot", erklärt Stepputis.

Vier Pädagogen sind im Haus und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. In der Regel kommen mehr Jungs als Mädchen. Für letztere gibt es aber einmal im Monat einen eigenen Tag, den sie selbst gestalten dürfen. Die Kinder in Hochbrück hätten es "wahnsinnig gut", findet Stepputis. "Sie haben viel Platz zum Toben und ein Jugendzentrum, und alles ist fußläufig gut erreichbar."

Einer, der selbst seine Kindheit in Hochbrück verbracht hat, ist Christian Werner. Der Sozialpädagoge arbeitet seit vier Jahren im Jugendhaus. Er erinnert sich an ganze Tage, die er als Kind mit 20 bis 25 anderen draußen verbracht hat beim Spielen - eine unbeschwerte Zeit. Als das Jugendhaus gebaut wurde, war er zehn Jahre alt, mit 14 Jahren ging er dann mit seinen Freunden dort ein und aus. "Wir haben ziemlich viel Zeit hier verbracht", sagt er. Hier gab es auch schon früh Internet, was nicht jeder zu Hause hatte.

Auf die Frage nach den Unterschieden zwischen damals und heute sagt der 30-Jährige, die Kinder von heute seien deutlich mehr in Social-Media-Kanälen unterwegs: "Sie erzählen von Youtubern, Influencern und Instagram und wie viele Follower sie haben. Bei uns hatte niemand ein Smartphone." Stepputis hat eine andere Beobachtung zum Thema gemacht: "Die Verbindlichkeit nimmt schon stark ab. Sie wollen sich nicht mehr so festlegen."

Zur Jubiläumsfeier werden trotzdem viele kommen. Sie findet am Samstag, 20. Juli, statt. Zwischen 14 und 19 Uhr gibt es ein türkisches Büfett, Kaffee und Kuchen sowie Spiel- und Sportaktionen.

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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