Kreis und quer:Beam me up, Scotty!

Lesezeit: 2 min

Mit 28 000 Stundenkilometer umrundet die Raumstation ISS mehrmals täglich den fiebernden Erdball. (Foto: dpa)

Es wird die Zeit kommen, wo nicht mehr das Klopapier ausgeht, sondern man selbst. Aber bis dahin: Abstand halten.

Kommentar von Michael Morosow

Und bleiben'S gesund", sagt die freundliche Frau an der Supermarktkasse und entlässt dich mit diesem frommen Gruß ins Osterwochenende. Ihr Wunsch in Gottes Ohr, mal schauen, was einem die Festtage so bringen werden. Die Klassiker Berge, Tierpark, Tegernsee und Biergarten fallen ja leider aus, dazu hüstelt die Welt noch zu sehr. Genaugenommen gibt es aktuell nur sechs Menschen, die sich rechtzeitig aus dem Staub machen konnten, die Besatzung der ISS, die mit 28 000 Stundenkilometer den fiebernden Erdball täglich mehrmals umrundet und den päpstlichen Segen urbi et orbi im Flug empfangen wird. "Beam me up, Scotty", möchte man hinauf rufen, aber ein Platz in der Raumfähre ist noch schwieriger zu ergattern als eine Rolle Toilettenpapier, das was heißen will.

Das Virus mag ja keinen Unterschied machen zwischen den Opfern, die es befällt, aber die seelische Grausamkeit, die der Lockdown gerade für die im Münchner Speckgürtel darbenden Menschen bedeutet, ist besonders brutal. Inmitten eines herrlichen Landstrichs zu wohnen, Biergärten um die Ecke, die Isar und die schönsten Seen quasi vor der Haustür und die Alpen im Blick, hat man bis vor kurzem als Segen betrachten können, für die nächsten zwei Wochen ist es eher ein Fluch.

Irgendwann wird die Sonnenmilch ausverkauft sein und nicht Desinfektionssprays

Sprichwörtlich mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen zu müssen, tut viel mehr weh als zum Beispiel auf einen Spaziergang durch die Industriestadt Salzgitter verzichten zu müssen. Ein Optimist ist laut Karl Valentin ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind. Also nach vorne schauen mit Mundschutz und Abstand, die Zeit wird wieder kommen, da nicht mehr Nudeln und Klopapier ausgehen, sondern man selbst endlich wieder mit Partnerin oder Partner. Und irgendwann wird die Sonnenmilch ausverkauft sein und nicht Desinfektionssprays. Der Zeitpunkt, da das gewohnte Leben in Bayern offiziell wieder erlaubt sein wird, hängt aber im Wesentlichen von der Vernunft der Leute ab, mit der es aber gerade im Freistaat nicht so weit her ist, wie die aktuellen Infektionszahlen zeigen.

Angst mag ja kein guter Ratgeber sein, aber vielleicht hilft doch ein Blick in die Hölle, um weitere Corona-Partys zu verhindern. Die Hölle also sieht so aus: Während die Berliner am Ku'damm sich bereits eine Weiße nach der anderen reinziehen, das Leben in Hamburg wieder tobt und die Kölner Altstadt eine einzige Lustmeile abgibt, dürfen die Bayern noch nicht einmal wieder zum Friseur gehen, mit haarsträubenden Folgen, sitzen weiter zu Hause und gehen sich gegenseitig auf die Nerven.

An diesem Osterwochenende werden sicher wieder viele in den Wald flüchten, um der häuslichen Enge zu entkommen. Aber leider sind sie auch im Tann nicht sicher, worauf die Kaufmännische Krankenkasse Halle hinweist. Hier lauert nicht das Coronavirus, sondern warten böse Zecken auf willige Wirte. "Beam me up, Scotty!"

© SZ vom 11.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: