Lokalkultur:Ort der Ortschroniken

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Ein Ort des Studiums: Kulturreferent Rainer Klier und Mia Fischer in der Landkreis-Bibliothek. (Foto: Claus Schunk)

Das Landratsamt beherbergt jetzt eine kleine Bibliothek und ein Musikarchiv. Zu finden sind dort vor allem historische und heimatpflegerische Werke sowie Liedbücher und Notensammlungen mit Bezug zum Landkreis München.

Von Udo Watter, Landkreis München

Ob Ortschroniken von Aschheim bis Unterschleißheim, kulturgeschichtliche Wochenschriften, historische Handbücher, Notensammlungen oder Liederbücher - in einem südlichen Seitenflügel des Landratsamtes im ehemaligen Klostergebäude befindet sich ein etwas versteckt liegender Raum, der gleichsam das kulturelle und volksmusikalische Gedächtnis des Landkreises München beinhaltet. Oder zumindest einen Teil davon.

Die Landkreis-Bibliothek, die jetzt mit dem im Raum integrierten Musikarchiv für die Öffentlichkeit zugänglich ist, wartet nicht mit riesigen Bestandszahlen auf oder gar spektakulären Bücherregalschluchten. Es ist ein nicht allzu großer Raum, der aber eine beträchtliche Anzahl an Medien - neben Büchern, antiquarischen Schriftstücken und Noten auch Bild- und Tonträger - versammelt hat, die zu nutzen jedem interessierten Bürger jetzt offensteht. "Es ist in erster Linie eine Präsenzbibliothek", sagt der Kulturreferent des Landkrieses, Rainer Klier. Wer also diverse Ortschroniken lesen, wer sich in "Buchenhainer Geschichten" vertiefen, eine "Zeitreise" nach Oberschleißheim machen oder sich auf die "Spuren der Bajuwaren" begeben will, der sollte dies an Ort und Stelle tun - nach vorheriger Anmeldung bei Rainer Klier. "Die Noten können aber natürlich auch ausgeliehen werden", sagt er. Schließlich sollen die ja auch musikalisch genutzt werden, sich also in den Händen von regionalen Ensembles in Töne verlebendigen. Traditionen erhalten und weitergeben.

Zum Bestand, der von Bibliotheksmitarbeiterin Mia Fischer in den vergangenen Monaten systematisiert wurde, gehören vornehmlich historische Handbücher und Werke zur bayerischen Landesgeschichte, zur Orts- und Landkreisgeschichte, aber auch zur Münchner Historie, etwa zum Stadtteil Au, wo das Landratsamt liegt; zudem Fest- und Vereinsschriften, und eben Liederbücher oder Werke zur Instrumentenkunde. "Das hier gesammelte Wissen und Brauchtum soll natürlich auch genutzt werden", sagt Klier, "wir wünschen uns kulturelle Interaktion." Die Landkreisbibliothek, deren Aufbau seit 2020 forciert wurde, und das Musikarchiv hat er als Projekte soeben auch im Ausschuss für Sport, Kultur und Partnerschaften vorgestellt. "Das ist jetzt der Startschuss."

Hans Lederwascher hat vieles beigesteuert

Die Bibliothek wurde im Wesentlichen aus den alten Beständen der Heimatpfleger aufgebaut und umfasst derzeit etwas mehr als 1100 Titel. Der Kulturreferent sowie die Kreisheimatpfleger seien freilich bestrebt, den Bestand beständig zu erweitern, so Klier. Dem gebürtigen Freisinger, der selbst Musiker ist, lag natürlich auch der Aufbau des Musikarchivs am Herzen. Dafür wurden verschiedene Sammlungen des Landkreises und seiner Kreisvolksmusikpfleger zusammengetragen. Das Archiv beinhaltet überwiegend Noten für verschiedene Instrumente und Besetzungen. Der Schwerpunkt liegt hier neben Volksmusik und Volkslied auch auf Werken der Klassik sowie der Tanzmusik - einiges davon befand sich vorher bei Hans Lederwascher, dem langjährigen Kreisvolksmusikpfleger, in Kirchheim. Die Diskografie umfasst hauptsächlich Volksmusik, auch hier ist der Anspruch, künftig weitere Bestände aufzubauen. Vielversprechend klingende Exemplare sind auch unter den Liederbüchern: von "Tirolisch g'sungen" über Gstanzl-Büchlein und Jägerlieder bis zu Volkstanz- und Liederbücher ("Aus des Volkes Seele").

Mia Fischer, die selbst Archäologie studiert hat und etwa die Münchner Schotterebene als archäologische Fundgrube zu schätzen weiß, oblag es, die Medien zu sortieren und inventarisieren. Man kann jetzt detailliert in digitaler Form suchen oder auch auf gedruckten Listen. "Ich habe versucht, eine Systematik reinzubringen", sagt sie. 14 Kategorien gibt es, dazu diverse Unterkategorien. "Das älteste Schriftstück ist von 1856", so Fischer.

Das neueste Buch (über Kirche und Gemeinde St. Johannes in Taufkirchen) ist hingegen von 2020. Und natürlich ist es die Ambition, dass künftig weitere, neue Werke von historischer und heimatpflegerischer Relevanz ihren Weg in die Bibliothek des Landratsamtes schaffen. Wer hier aber wohl künftig den Raum nutzen und dort forschen und schmökern wird? Klier erwartet (lokal-)historisch interessierte Bürger, Ortschronisten, aber auch Studenten oder Schüler. "Klar gibt es auch Gemeindearchive, aber hier hat man konzentriert und flächenübergreifend Werke zu allen Gemeinden des Landkreises."

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