Müllentsorgung:Zurück in kommunale Hand

Lesezeit: 3 min

Sechs Gemeinden fordern mehr Freiheiten und Kompetenzen beim Abtransport von Gartenabfällen, Altpapier und Sperrmüll

Von Stefan Galler, Landkreis

Seit mehr als 20 Jahren besteht eine Rechtsverordnung, die regelt, wer für das Einsammeln und Befördern von Müll im Landkreis München zuständig ist: 1994 übertrug die Landkreisverwaltung diese Aufgabe den Städten und Gemeinden des Landkreises, sowie dem Zweckverband München-Südost (ZVMSO), der die Kommunen Neubiberg, Putzbrunn, Hohenbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Brunnthal und Aying umfasst. Ebenfalls geregelt ist, wohin welche Arten von Abfall zur Entsorgung gebracht werden sollen, diese Anlagen bestimmt der Landkreis durch Ausschreibung.

Nun möchte der ZVMSO zumindest für seinen Wirkungsbereich eine teilweise Befreiung von diesem Zwang: "Wir können das selbst regeln", sagt Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD), derzeit Vorsitzender des Zweckverbandes. "Wir denken, dass es für den Bürger günstiger sein kann und für alle Beteiligten komfortabler, wenn der Zweckverband die Entsorgung einzelner Abfallfraktionen in Eigenregie übernimmt."

"Wir haben das System und das Know-How."

Diese Abweichung soll nicht für den Restmüll gelten, der wird so oder so weiterhin zum Heizkraftwerk Nord gefahren. Ebenso kommen Asbestzement und Mineralwolle auch in Zukunft in den Entsorgungspark Freimann und die Bioabfälle landen in der Vergärungsanlage. "Diese Dinge sind bei den vorhandenen Stellen absolut sinnvoll aufgehoben", sagt Georg Wagner, Geschäftsführer des ZVMSO. Anders sei das bei Gartenabfällen, Altpapier, Bauschutt und Sperrmüll. "Wir haben das System und das Know-How, hier bessere Lösungen zu finden als die bestehenden", sagt Wagner.

Um das Dilemma des Zweckverbandes zu verdeutlichen, erläutert der Geschäftsführer die aktuelle Entsorgung von Gartenabfällen: "Wir haben an unserer Sammelstelle am Ottobrunner Haidgraben werktags bis 19 Uhr und am Freitag bis zum Mittag geöffnet. Das sind deutlich längere Öffnungszeiten als die meisten anderen Sammelstellen im Landkreis", sagt Wagner. Seien nun die Sammelcontainer für Gartenabfälle voll, müsse es ständig Möglichkeiten geben, diese zu den Entsorgungsanlagen zu bringen.

Heizkraftwerk Unterföhring
:Protestnote gegen Block 2

In einer Resolution fordern die Kreispolitiker eine Optimierung des Kohleheizkraftwerks München Nord in Unterföhring. Die Belastung für die Bevölkerung durch Kohlendioxid und Quecksilber soll deutlich gesenkt werden.

Von Martin Mühlfenzl

"Aber das ist eben nicht immer der Fall, wenn die Landkreisausschreibung von einem Unternehmen gewonnen wird, das nur drei Tage in der Woche geöffnet hat." In der Hauptsaison komme es vor, dass an einem Nachmittag vier Container von den Bürgern vollgemacht werden. Da sei es schwierig, Lagerplätze für diese riesigen Behälter zu finden.

Beim Altpapier sei die Situation deshalb kompliziert, weil am Wertstoffhof Ottobrunn, wo das Papier aus den Zweckverbandsgemeinden landet, ein differenziertes Trennsystem (Zeitung, Kartonagen, Mischpapier) angewandt werde. "Die Ausschreibung des Landkreises aber hat ein Entsorger gewonnen, der nicht sortiert, das führt immer wieder zu Reibereien", sagt Wagner.

Eine schwierige Situation, die das Landratsamt nun lösen muss. Zuletzt stellte Landrat Christoph Göbel (CSU) im Kreisausschuss und im Kreistag drei Alternativen zur Wahl: Demnach könne das Ansinnen des ZVMSO abgelehnt werden, dann müsste man eben weiterhin landkreisweit die gleichen Entsorgungsanlagen nutzen. Zweite Alternative wäre die vom ZVMSO geforderte Übertragung der Zuständigkeit für die Verwertung von Gartenabfällen, Altpapier, Bauschutt und Sperrmüll an die einzelnen Städte und Gemeinden, sowie den Zweckverband München-Südost. Die dritte Variante verwarfen die Kreispolitiker sogleich, es wäre die Rückführung der gesamten Abfallentsorgung an den Landkreis gewesen.

Der Landrat will sich nun zunächst mal einen Überblick verschaffen: "Wir werden die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte klären und uns dann, beispielsweise im Rahmen einer Bürgermeister-Dienstbesprechung, ein Stimmungsbild von allen 23 übrigen Gemeinden neben dem Zweckverband verschaffen", sagt Christoph Göbel. Er selbst könne die Motive der ZVMSO-Bürgermeister aus seiner Zeit als Gräfelfinger Rathauschef nachvollziehen: "Ich habe da großes Verständnis, schließlich geht es um Wirtschaftlichkeit und Flexibilität für die einzelnen Gemeinden. Aber als Landrat ist es meine Aufgabe, das große Ganze zu sehen."

Die öffentliche Hand darf die Müllentsorgung nicht subventionieren

Und da komme es darauf an, dass nicht kleinere oder abgelegenere Gemeinden bei einer Liberalisierung der Entsorgungspflicht plötzlich unter enormen Kosten zu leiden hätten. Denn eine Subventionierung der Müllentsorgung durch die öffentliche Hand sei aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, die Kosten würden also immer in letzter Instanz auf den Bürger umgelegt werden.

Als einzige Kreistagsfraktion haben sich die Grünen bereits klar gegen den Antrag des Zweckverbandes gewandt: "Wenn man mit einer Teilfreigabe anfängt, hat man irgendwann als Landkreis keinen Zugriff mehr auf die Abfallentsorgung", sagte etwa Kreisrat Frank Sommer im Ausschuss. "Aus unserer Sicht heben sich Vor- und Nachteile einer Liberalisierung auf."

Der Zweckverbands-Vorsitzende Edwin Klostermeier kann diese pauschale Meinung und Ablehnung der Grünen indes nicht nachvollziehen: "Wir sollten erst einmal alle Fakten sammeln und dann entscheiden. Eines ist klar: Es ist nicht das Ziel des Zweckverbandes, sich herauszulösen, wenn die Entsorgung dann für alle anderen teurer wird."

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: