Neues Warnsystem:App zur Katastrophe

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Im Katastrophenfall werden die Bürger des Landkreises künftig per App gewarnt. (Foto: Catherina Hess)

Feuerwehren und Landratsamt wollen künftig die Bevölkerung übers Handy vor Unglücken und Gefahren warnen. Das digitale Informationssystem ersetzt alte Sirenen, die mehr und mehr abgebaut werden

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

In manchen Kommunen des Landkreises werden Langschläfer noch immer samstags Punkt 12 Uhr geweckt: dann werden die örtlichen Sirenen getestet. Doch mit dem in den Neunzigerjahren begonnenen Rückbau des Zivilschutznetzes, das vor Katastrophen warnen sollte, kommt das lang gezogene Heulen nach und nach aus der Mode. Und weil sich die Zeiten ändern, soll künftig ein Signal auf dem Smartphone oder zumindest ein Vibrationsalarm im Katastrophenfall warnen und sollen Landkreisbürger über eine Handy-App wichtige Informationen und Handlungsanleitungen erhalten.

"Katwarn" heißt das Warn- und Informationssystem, das am Donnerstag im Landratsamt offiziell an den Start gegangen ist. Per Knopfdruck schalteten Landrat Christoph Göbel und Kreisbrandinspektor Walter Probst den kostenfreien Warnservice frei. "Ein System, das den Anforderungen unserer Zeit gerecht wird", sagte Göbel bei dem offiziellen Akt im Landratsamt, der die Digitalisierung der Katastrophenwarnung einläutete.

Etwas mehr Ruhe und Gelassenheit

"Genau das ist ja, was wir wollen: Dass so viele Menschen wie möglich einen einfachen und schnellen Zugang zu Informationen bekommen", sagte Göbel. "Und das auf dem liebsten Spielgerät unserer Zeit. Dieses System kann sicher dabei helfen, in schwierigen Situationen für etwas mehr Ruhe und Gelassenheit zu sorgen." Die Funktionsweise von Katwarn für die Allgemeinheit ist schnell erklärt: Man muss sich nur die kostenlose Smartphone-App aufs iPhone, Android- oder Windows-Phone herunterladen, registrieren und einen Ort oder die Postleitzahl eingeben.

Im Falle einer Warnung oder Information ertönt dann ein spezieller Ton und es erscheint auf dem Display eine kurze Nachricht. Durch Antippen erhält der User konkrete Verhaltenshinweise etwa bei Überschwemmungen, Großbrand, Wirbelsturm, Gefährdung des Trinkwassers oder anderen Unglücksfällen. Auch der persönliche Standort wird angezeigt. "Großbrand - Warnung des Landkreises München, gültig ab sofort, Fenster und Türen schließen", könnte etwa eine solche Schnellwarnung über die App lauten. Alles kostenfrei, unkompliziert und speziell für die eigene Umgebung aufbereitet. Zugang zu all diesen Informationen ist auch für die Nutzer älterer Handys per SMS oder auch am PC per E-Mail möglich.

Die Feuerwehreinsatzzentrale drückt den Knopf

Entwickelt haben Katwarn Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts Fokus in Berlin unter anderem im Auftrag öffentlicher Versicherer, die damit auch ihrer Verpflichtung für das Gemeinwohl und die Sicherheit der Bürger nachkommen wollen, wie Klaus Ross von der Versicherungskammer Bayern sagt. Ortwin Neuschwander vom Fraunhofer-Institut gab den Mitarbeitern des Landratsamts und zahlreich versammelten Mitarbeitern der Freiwilligen Feuerwehren am Donnerstag einen ersten Einblick in die Funktionsweise von Katwarn und machte deutlich: "Das System steht ganz unter der Hoheit der öffentlichen Hand und allen Städten und Gemeinden des Landkreises zur Verfügung."

Der Kreis als oberste Gefahrenschutzbehörde entscheide, wann welcher Katastrophenalarm ausgelöst werde - in der Regel also die Feuerwehreinsatzzentrale im Landratsamt. Aber auch Bürgermeister und die Diensthabenden in den Feuerwehren haben Zugang zum System. Sie wählen die Hinweise aus und veröffentlichen sie.

Eine Schutzengelfunktion für die Bürger

Die Schutzengel des Landkreises sollen also künftig die "Schutzengelfunktion" für ihre Bürger bedienen, wie Neuschwander sagte. Wer sich über ein Smartphone registriert, kann bis zu sieben Standorte auswählen, um etwa auch die Sicherheitslage im Ferienort, bei den Eltern oder der Kita des Kindes zu überblicken. Katwarn nutzt zudem die Unwetternachrichten des Deutschen Wetterdienstes. So können Eltern und Kinder etwa bei Glatteis vorgewarnt werden, dass keine Schulbusse fahren. Und die Funktionen sollen erweitert werden: In Berlin etwa wird derzeit ein Helfersystem installiert, auch beim Oktoberfest kam Katwarn im vergangenen Jahr speziell auf die Wiesn ausgerichtet zum Einsatz.

Katwarn steht in den jeweiligen App-Stores und Shops kostenfrei für iPhones und Android- sowie Windows-Phones zur Verfügung. Bei älteren Modellen ist eine Anmeldung per SMS möglich oder auch per E-Mail. Weitere Informationen unter www.katwarn.de.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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