Kreis und quer:Symbolische Fitness

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Landrat Christoph Göbel (Mitte) bei einem Spatenstich für einen neuen Radweg in Aying. (Foto: Claus Schunk)

Mit dem richtigen Irxenschmalz könnten Komunalpolitiker beim Spatenstich echt was bewegen.

Kolumne von Michael Morosow

Müsste ein Bürgermeister für eine Fernsehsendung wie "Das heiteres Beruferaten" eine typische Handbewegung machen, er würde seinen Oberkörper verdrehen und ein wenig nach vorne beugen, leicht in die Knie gehen, das Körpergewicht auf einen Fuß stellen, etwas Imaginäres in den Boden rammen und schließlich in die Kamera lächeln: Der erste Spatenstich zählt neben dem Fassanstich zu den wenigen körperlichen Herausforderungen, die der Chef oder die Chefin im Rathaus beherrschen sollten. Wer schon lange im Amt ist, weiß, dass er sich besser nicht mit verdrehtem Oberkörper nach vorne beugen sollte, Anfänger gehen anderntags wegen einer immer noch nicht als Berufskrankheit anerkannten Spatenhüfte zum Orthopäden.

Dem politischen Spatenstich wird stets das Adjektiv "symbolischer" vorangestellt, vielleicht um allzu eifrige Grundsteinleger davon abzuhalten, gleich den ganzen Aushub zu schultern, wenn schon die Presse da ist. Bei einigen kommunalen Bauvorhaben wie etwa der Neuerrichtung eines Kindergartens bleibt in der Tat viel Schaffenskraft ungenutzt, denn niemals werfen nur Bürgermeister oder Bürgermeisterin alleine eine Schaufel Erde lächelnd in Richtung der Fotografen, ehe sie sich an die Hüfte greifen.

Gerade wenn der Neubau von überörtlicher Bedeutung ist, stehen in Reih und Glied auch: Landrat, Kreisbaumeister, diverse Landtagsabgeordnete, Vertreter eines Kreditinstituts, Architekt und Generalunternehmer. Und alle lassen für diesen Termin ihre eigentliche Arbeit liegen und bedienen sich dann auch noch auf Kosten des Steuerzahlers am Büfett mit Sekt und Häppchen. Nun hat sich ein Mann aus dem Schwäbischen in einer Petition an den Bayerischen Landtag gewandt. Darin fordert er, politische Spatenstiche gänzlich abzuschaffen, um den Steuerzahler zu entlasten. Mit "bezahltem Herumstehen" solle bald Schluss sein, verlangt der schwäbische Sparfuchs.

Sein Vorschlag in Ehren, aber es gäbe eine andere Einsparmöglichkeit, eine, bei der die honorigen Offiziellen weiterhin Sekt schlürfen könnten. Es mag verwegen klingen, aber wenn jeder Spatenstecher nicht nur eine einzige Schaufel Erde für ein Foto würfe, sondern richtig hinlangte, dann könnten bis zum Feierabend schon ein paar Kubikmeter Aushub zusammen kommen und würde sich die Kommune für dieses Gewerk einiges an Geld sparen. Unbedingte Voraussetzung dafür wäre freilich eine formidable Fitness der Spatenträger, damit diese nicht kurz nach dem Abtragen der kiesigen Rotlage aus den Gummistiefeln kippen.

Im nächsten Frühjahr steht der erste Spatenstich für den Neubau des Gymnasiums Kirchheim an. Bis dahin hätten Landrat Christoph Göbel, Bürgermeister Maximilian Böltl und ihre Entourage Zeit genug, etwas für ihre Muckis zu tun, um dann, mit dem nötigen Irxenschmalz ausgestattet, vielleicht sogar gleich den ganzen Aushub zu schaffen. Limo, Leberkässemmeln und Blasenpflaster würde der Steuerzahler gerne stellen.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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