Kreis und quer:Krautsalat im Speckgürtel

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Kraut-Dorf bleibt Kraut-Dorf: Bei der Ernte in Ismaning. (Foto: Florian Peljak)

Die Weltstadt mit Herz und der Speckgürtel drumherum ergänzen sich. Der Organismus lebt, weil nicht nur die Bier- und die Krautgemeinde ihren Beitrag leisten.

Von Michael Morosow

Der Mensch kommt ohne ein Herz, das Blut und Sauerstoff in den Organismus pumpt, nicht aus. Und auch mit dem, der kein Gramm Fett mehr auf den Rippen hat, geht es schnell dahin. Betrachtet man vor diesem Hintergrund den Großraum München, also die pulsierende Metropole und ihre Umlandgemeinden, als einen Organismus, dann kann man ihm eine fabelhafte Vitalität attestieren.

Die Weltstadt mit Herz und drumherum ein glänzender Speckgürtel. Was braucht eine Region mehr, um noch größer, stärker, bedeutender zu werden.

Lukullische Assoziationen drängen sich dazu förmlich auf, und man sieht vor seinem geistigen Auge einen Schweinsbraten mit Semmelknödel und Krautsalat und daneben eine halbe Bier stehen. Und man denkt an Aying, das Bierdorf. Oder an Ismaning, das Krautdorf, das immer noch so genannt wird, auch wenn inzwischen gefühlt mehr Medienleute aus dem Boden schießen als Krautköpfe.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein

Den Titel Mediengemeinde hat ihr der Nachbar Unterföhring weggeschnappt. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier. Einmal Krautdorf, immer Krautdorf. Hamburg heißt auch Jahrhunderte nach dem Ende der Hanse noch Hansestadt.

Doch der Mensch lebt bekanntlich nicht vom Brot allein. Und so tragen die Kommunen im Speckgürtel auch in anderen Bereichen zur Vitalisierung des Organismus bei. Ganz nach dem Motto: "München kann nur leuchten, wenn der Landkreis glänzt." In welcher Weise sich die Kommunen einbringen, kann man an den jeweiligen Beinamen erkennen.

Die Filmstadt Grünwald zum Beispiel, die eigentlich keine Stadt, sondern eine Gemeinde ist. Der Rathausspitze ist der namentliche Verweis auf das cineastische Genre des Ortes aber viel lieber als die ewige Anspielung auf die vielen Millionäre und Prominenten, die sich in den Beinamen "Promi-Dorf" oder "Villenviertel" manifestiert hat. Auch in Garching kann man sehr gut leben mit dem Titel "Universitätsstadt", steht dieser doch gleichzeitig für den Aufschwung des einstigen Kraut- und Rüben-Dorfes.

Nun aber könnte bald auch die Gemeinde Ottobrunn nachziehen. Bekanntlich will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Bayern weltraumtauglich machen und dafür eine Fakultät für Raumfahrt in Ottobrunn ansiedeln. Der Namensgeber der Gemeinde, Otto von Wittelsbach, König der Griechen, würde den Beinamen "Universitätsgemeinde" sicher dulden.

Es gibt freilich auch Gemeinden die sich mit Händen und Füßen gegen ihren Beinamen stemmen. Sauerlach will nicht "Tor zum Oberland" sein. "Dann wären wir ja nur eine Durchgangsstation", moniert Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) regelmäßig. Und Unterhaching ist mit dem Titel "Schlafstadt" ebenso nicht zufrieden. Aschheim dagegen heißt vorerst weiter nur Aschheim. Dabei hat es das Welt-Unternehmen Wirecard an Land gezogen und wird wohl auch zum Standort für ein Lkw-Wartungszentrum von Volvo. Eine "Trucker-Gemeinde" fehlt noch im Speckgürtel.

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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