Konzert:Volles Rohr

Lesezeit: 2 min

Stefan Temmingh und die Blockflöte - das war Liebe auf den ersten Blick. Und sie hält immer noch. (Foto: Harald Hofmann)

Der südafrikanische Blockflötist Stefan Temmingh gilt als Meister seines Instruments und hat dessen suboptimalen Ruf auf zahlreichen Bühnen der Welt aufgewertet. Nun präsentiert er im Trio das Programm "The Gentleman's Christmas" in Haar

Von Udo Watter, Haar

Weihnachten und Blockflöte. Das ist ein durchaus schwieriges Begriffspaar. Wie viele Kinder, vornehmlich weiblichen Geschlechts, mussten ihren Eltern und Großeltern schon zur Adventszeit "O du Fröhliche" oder "Alle Jahre wieder" auf dem schlanken Holzblasinstrument vorspielen? Mag sein, dass sich die lauschenden älteren Familienmitglieder angemessen gerührt zeigten, aber - ganz ehrlich - eine großartige Hörerfahrung war es doch wohl eher selten. Echter weihnachtlicher Klangzauber ist in solchen Momenten vielmehr schnell flöten gegangen.

Ganz anders wird mit Sicherheit das Hörerlebnis an diesem Samstag im Kleinen Theater Haar sein, wenn Stefan Temmingh, mitunter auch als "Faun mit der Blockflöte" bezeichnet, dort auftritt. Zusammen mit seinen Begleitern Domen Marinčič, Gambe und Violoncello, sowie Wiebke Weidanz, Cembalo, präsentiert der Echo-Klassik-Preisträger von 2016 das Programm "The Gentleman's Christmas" im Jugendstil-Kleinod. "Das Konzert wird sich sicher lohnen, ich freue mich schon sehr darauf", erklärt Matthias Riedel, Theaterchef und als studierter Trompeter ein Musikkenner. "Das Thema 'Blockflöte' ist ja negativ belastet, weil so viele Kinder gezwungen waren, sie zu spielen. Aber es ist ein hochvirtuoses Instrument und Stefan Temmingh hat eine musikalische grandiose und sehr charmante Art, wie er das präsentiert", sagt Riedel. Auf dem Programm stehen in Haar Werke des Barock, von Johann Sebastian Bach über Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel bis zu Arcangelo Corellibis und Michel Clavet.

Nun, wer den 1979 in Kapstadt geborenen Temmingh, der seit den späten Neunzigern in München lebt, einmal gehört hat, wird seine Vorurteile von der lieblich-kindlichen Blockflöte in der Tat revidieren müssen. Der aus einer niederländisch-südafrikanischen Musikerfamilie stammende Virtuose vermag auf seinem Instrument einen kraftvollen Klang und eine beeindruckende Expressivität zu entfalten. Das kann auch daran liegen, dass er als Jugendlicher in seiner Heimat lange auf einer Plastikblockflöte spielte, die ihn zu besonderen Anstrengungen und Techniken nötigte. Das Problem, zu leise zu sein, hat er jedenfalls nicht, eher im Gegenteil. Früher hat er sie mal als "männliches Instrument" bezeichnet, auch weil er sich damals noch bemüßigt fühlte, die oft unterschätzte Blockflöte mit entsprechend markantem Vokabular zu etablieren. Nun, ob männlich-kraftvoll oder weiblich-filigran - Temmingh beherrscht die ganze Klaviatur des Flötenspiels und auch die Literatur aus vielen Jahrhunderten bis zu zeitgenössischen Kompositionen. "Liebe auf den ersten Blick" war es zu diesem Instrument, wie er sagt und vor allem schätzt er an ihm die "absolute Einfachheit". Mitunter ist er selber erstaunt, was sich damit alles anfangen lässt: "Ein Rohr mit Löchern. Und damit kann man Musik machen."

Temmingh ist nicht zuletzt wegen seiner Bühnenpräsenz ein Live-Ereignis, er gastiert international mit seinem Barockensemble und als Solist mit Orchestern, die er auch oft selbst leitet. Für seine CD-Projekte erhielt er mehrere international wichtige Auszeichnungen, neben dem Echo-Klassik, den International Classical Music Award, die "Editor's Choice" des Gramophone Magazins sowie den "Diapason d'or". Seine Begleiter Domen Marinčič und Wiebke Weidanz sind ebenfalls Musiker mit beeindruckenden Referenzen.

Das Konzert mit diesen drei arrivierten Musikern respektive die Resonanz darauf hat für Riedel auch wegbereitende Bedeutung. Der gebürtige Kieler will generell hochwertige Klassik am Kleinen Theater Haar stärker etablieren. "Ich finde es wichtig, dass wir auch solche Leute holen. Die Klassik soll Teil unseres Profils werden." An diesem Samstag darf man davon ausgehen, dass zahlreiche Zuhörer das Hauptinstrument des Abends schon mal im Mund gehabt haben. Manche von ihnen dürften staunen, welch schönen Klänge man daraus hervorzaubern kann.

Das Konzert im Kleinen Theater Haar, Samstag, 15. Dezember, beginnt um 19 Uhr.

© SZ vom 14.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: