Kommunikation der Deutschen Bahn:In der Warteschleife

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Der Kiosk am Ottobrunner Bahnhof steht mal wieder leer, dafür brennt auch tagsüber die Beleuchtung. (Foto: lks)

Am Bahnhof in Ottobrunn brennt 24 Stunden das Licht. Die Bahn bestätigt das Problem - und verweist auf ihre Servicenummer.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Für die meisten, die schon mal mit der Bahn zu tun hatten, muss Tanja Campbells Bericht wie ein Märchen klingen. Wie eine Erzählung aus dem Reich der Fabeln. Denn die Ottobrunner ÖDP-Gemeinderätin weiß schier Unglaubliches zu berichten: Sie sagt, die Deutschen Bahn habe mit ihr nach einer Anfrage Kontakt aufgenommen.

Campbell ist in der lokalen Agenda 21 Ottobrunn-Neubiberg aktiv, die sich mit viel Energie der Energiewende widmet - und dabei Missstände in der eigenen Gemeinde klar benennt. Als ein solches Übel hatte die Agenda die Beleuchtung am S-Bahnhof Ottobrunn ausgemacht. Die, kritisierte die Initiative, brenne 24 Stunden am Tag - aus Sicht der Umweltschützer ein Frevel, der schnell beseitigt gehört. Also schrieb die Agenda einen Brief. An Bahnchef Rüdiger Grube, Dienstsitz Potsdamer Platz 2, mitten in Berlin.

Womit nun aber wirklich niemand in Ottobrunn rechnete: Es kam ein Schreiben zurück. Zwar nicht direkt aus dem Büro des Bahnchefs, aber aus der Service-Zentrale. Ein Brief von der Deutschen Bahn! Das ist so ziemlich der größte Irrealis, den sich Kommunalpolitiker vom Gemeinderat über den Bürgermeister bis hin zum Landrat vorstellen können. Schließlich gilt die Deutsche Bahn als das Phantom unter den wirklich wichtigen Ansprechpartnern, mit denen Kommunen zu tun haben.

Das Schreiben, das die Ottobrunner Agenda-Leute nun erreichte, war kein Fake und obendrein mehr als eine reine Empfangsbestätigung. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin in der Service-Zentrale - und es muss mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eine ganz frisch eingestellte Kraft gewesen sein - ging konkret auf das Anliegen der Agenda-Leute ein. Die dauerhaft brennenden Lampen am Ottobrunner Bahnhof seien, erstens, kein Einzelfall.

In Aying und Unterhaching brennen die Lampen ebenfalls immer

Das stimmt. Auch aus Unterhaching und Aying wurde selbiges Phänomen schon berichtet; in Schkeuditz in Sachsen, Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg und vielen anderen Orten in Deutschland versorgt die Bahn ihre Kunden ebenfalls selbst bei strahlendem Sonnenschein mit Licht aus den Glühbirnen. Es handle sich dabei, das schreibt die Service-Zentrale, um ein technisches Problem des Leuchten-Lieferanten, das dieser erst noch beheben muss.

Wann, wie und ob das Problem gelöst werde, ließ die Service-Zentrale indes offen. Sie hatte für die Ottobrunner aber einen Tipp parat "Bei weiteren Fragen rufen Sie die Servicenummer an."

Nun ist das mit der Servicenummer bei der Bahn so eine Sache - dort kann der Bittsteller mindestens so viel Zeit in der Warteschleife verbringen wie der auf den nächsten Zug Wartende auf dem Bahnsteig. Das weiß auch Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) zu berichten, der so gar keine Lust mehr auf Annäherungsversuche an die Bahn hat. "Ich kann wirklich Besseres mit meiner Zeit anstellen, als bei der Bahn nach Informationen zu fragen", sagt der Rathauschef, "auch zum Wohle der Gemeinde."

Der Kiosk ist schon wieder geschlossen

Manche Sachen seien einfach nur sehr schwer zu ändern - auch wenn sie schwer zu ertragen sind. So steht mittlerweile der Kiosk am Ottobrunner Bahnhof wieder leer, der letzte Besitzer musste aufgeben. Und dass sich ein neuer Betreiber dauerhaft in dem kleinen Laden halten könnte, glaubt Loderer nicht: "Wir wissen doch, wie das läuft. Es kommt ein neuer und der gibt nach ein paar Monaten auch wieder auf. Wir haben da leider keinen Einfluss."

Noch nicht. Denn eine Möglichkeit bringt Loderer selbst ins Spiel: "Wir könnten schon überlegen, das Gebäude irgendwann zu kaufen." Und "irgendwann" trifft es freilich sehr gut. Der Verhandlungspartner wäre schließlich die Deutsche Bahn.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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