Kommunalwahl in Pullach:Gräben zuschütten am runden Tisch

Lesezeit: 3 min

Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund von den Grünen steht in Pullach ohne Mehrheit da. CSU, FDP und WIP wollen die künftige Zusammenarbeit besprechen. Doch die Vorbehalte auf beiden Seiten sind groß

Von Michael Morosow, Pullach

Es war ein Herzschlagfinale, das sich die Amtsinhaberin Susanna Tausendfreund von den Grünen und Christine Eisenmann von der CSU in der Stichwahl am Sonntag geliefert haben. "Einmal träumen und zurück" hieß es am Ende für die mit 46,7 Prozent gescheiterte Herausforderin, die nun weiterhin als Bautechnikerin in der Rathausverwaltung ihren Dienst verrichten wird und folglich das ihr zustehende Gemeinderatsmandat ausschlagen muss, das nun Nachrücker Benno Schröder zufällt. Eisenmann hat also auf "alles oder nichts" gesetzt, was ihre alte und neue Dienstherrin entsprechend kommentiert: "Wer A sagt, muss auch B sagen." Sie selbst werde in der neuen Amtszeit weiter versuchen, überparteiliche Themen voranzubringen, und wolle dazu "möglichst alle Fraktionen in ein Boot holen", sagt Tausendfreund.

Die Frage ist nur, ob diese künftig mit ruhigem Schlag und vor allem in eine Richtung rudern werden. Anders also, als es in den vergangenen sechs Jahren öfters der Fall gewesen ist. Eine Stellungnahme des CSU-Ortsverbandsvorsitzenden Hans Ehm lässt eher erwarten, dass sich künftig zwei Bootsbesatzungen auf den Weg machen werden. "Unser Wunsch ist, dass das gute Verhältnis und das aufgebaute Vertrauen unter den konservativ Fortschrittlichen aus CSU, FDP und WIP zu guten Entscheidungen in den nächsten sechs Jahren für Pullach führt", hat Ehm am Tag nach der Stichwahl geschrieben.

Die drei Gruppierungen hatten bekanntlich für die Stichwahl einen Schulterschluss vereinbart mit dem gemeinsamen Ziel, die Amtsinhaberin durch die CSU-Frau Christine Eisenmann zu ersetzen. Die Vorstellung des CSU-Ortsverbandsvorsitzenden, dieses Zweckbündnis könnte auch bis in den Gemeinderatsbetrieb hineinreichen, teilt der CSU-Fraktionsvorsitzende Andreas Most aber keineswegs. Diese Absprache habe nur für die Stichwahl gegolten, der CSU gehe es auch in Zukunft nur um die Sache, mit welchen Mehrheiten das auch zu erreichen sei, sagt Most.

Und jetzt, da sich nach dem mitunter hemdsärmelig geführten Wahlkampf der Pulverdampf verzogen hat, sollen sich die Zerstrittenen wieder zusammenraufen: Wie Alexander Betz, Fraktionsführer der FDP im Pullacher Gemeinderat, am Dienstag erklärte, haben er und Andreas Most dazu einen runden Tisch geplant, um die Gräben, die sich insbesondere beim Thema Transparenz im Gemeinderat aufgetan hätten, wieder zuzuschütten. "Die FDP lässt sich nirgends einordnen", betont der Freidemokrat.

Natürlich werde sie beim runden Tisch dabei sein, erklärt die Bürgermeisterin, kann sich aber dennoch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Erst aufreißen, dann zuschütten." Tausendfreund steht auch in ihrer zweiten Amtszeit vor der schwierigen Aufgabe, Mehrheiten im Gemeinderat herbeiführen zu müssen. Wie bisher sind dazu die Stimmen von mindestens drei Fraktionen nötig.

Holger Ptacek, dessen SPD-Fraktion wie die der FDP von drei auf zwei geschrumpft ist, hört sich momentan nicht gerade so an, als würde er mit Überzeugung am runden Tisch allen die Hand reichen können. "Wir müssen an der Realität lernen, dass weder mit der WIP noch mit der FDP eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist." Deren Fraktionschef Betz, so Ptacek, habe die "letzten Jahre nur geirrlichert". Und auch über die Bürgermeisterin findet er keine versöhnlichen Worte: "Es wurde nicht die beste Bürgermeisterin gewählt, die man sich vorstellen kann, sondern die beste, die zur Verfügung stand", sagt der SPD-Mann.

"Das Rad wird jetzt auf die Stunde null zurückgedreht", sagt Reinhard Vennekold, Fraktionsführer und Vorsitzender der WIP. Auf den runden Tisch freue er sich, sagt Vennekold, der es bei der Bürgermeisterwahl nicht in die Stichwahl geschafft hatte: "Wir sind offen für alle Gespräche." Sacharbeit sei jetzt das A und O, die Mehrheitsfindung im Gemeinderat werde in Zukunft spannend sein. "Die müssen auf uns zugehen", so Vennekold. Die WIP sitzt noch mit vier statt bisher fünf Vertretern im Gemeinderat.

Das Gremium hätte am Dienstag zu seiner letzten Sitzung der zu Ende gehenden Amtsperiode zusammenkommen sollen, aufgrund der Coronavirus-Pandemie ist der Termin jedoch abgesagt worden. Auch bei der Terminierung der konstituierenden Sitzung hat man der Ansteckungsgefahr Rechnung getragen. Ursprünglich waren dafür zwei Sitzungstage vorgesehen, am 6. und am 12. Mai. Nun aber habe man sich dazu entschlossen, die konstituierende Sitzung an einem Tag, am 12. Mai, abzuhalten. Allerdings nicht im Sitzungssaal des Rathauses, sondern im Bürgerhaus, wo man größere Abstände einhalten kann, wie Susanna Tausendfreund sagt.

© SZ vom 01.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: