Kommunalwahl in Grasbrunn:Nur die Kandidaten halten Abstand

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Zur Podiumsdiskussion ins Bürgerhaus Neukeferloh kamen mehr Zuhörer als erwartet. (Foto: Claus Schunk)

Während die Zuhörer immer näher zusammenrücken, beharken sich in Grasbrunn die Bewerber um das Bürgermeisteramt auf dem Podium

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Wahlkampf und Abstand schließen sich im Grunde aus. Kandidaten gehen im Wahlkampf nahezu auf Tuchfühlung mit den Wählern. Insofern ist eine Podiumsdiskussion in Zeiten von Corona eine Herausforderung. Der Neukeferloher Fernsehjournalist Oliver Bertram und die Grasbrunner Bürgermeisterkandidaten gingen sie am Mittwochabend an - obwohl andernorts reihenweise Veranstaltungen abgesagt werden und auch die Grundschule am Ort bereits geschlossen ist. Und obwohl vier Tage vor der Wahl die Hälfte der Wähler schon per Briefwahl abgestimmt hat und auch die übrigen größtenteils ihre Entscheidung gefällt haben dürften, kamen sogar deutlich mehr als die von Bertram erwarteten hundert Zuhörer.

Mit dem Abstand war es allerdings so eine Sache: Die zueinander auf einen Meter Entfernung gestellten Stühle wurden von den Besuchern schnell zu Zweier- oder Vierergrüppchen zusammengeschoben. Auf der Bühne blieb die Distanz zwischen SPD-Bürgermeister Klaus Korneder und seinem CSU-Herausforderer Detlef Wildenheim am größten - nicht nur räumlich, sondern vor allem inhaltlich und persönlich. So machte Wildenheim die Rechnung auf, dass die ursprünglich auf sechs Millionen Euro taxierte neue Turnhalle am Ende voraussichtlich 13 Millionen Euro kosten werde, das werde bereits hinter vorgehaltener Hand zugegeben; und von den 15 Millionen Euro an Rücklagen der Gemeinde sei heute schon die Hälfte für anderes verplant.

Korneder konnte darüber nur den Kopf schütteln. "Wenn ich so rechnen würde wie Sie, könnte ich nicht mehr schlafen." In den im Haushalt eingeplanten Gesamtkosten von 9,2 Millionen Euro sei bereits ein "Puffer" enthalten, auch habe die Gemeinde sogar 16,5 Millionen auf der hohen Kante. "Ich weiß nicht, wo, wann und mit wem Sie hinter vorgehaltener Hand reden." Den ersten großen Applaus des Abends aber fuhr FWG-Kandidat Johannes Seitner mit seiner Replik ein, in der er dem CSU-Bewerber vorhielt, es sei dessen Partei gewesen, die mit der Standortdiskussion und der Forderung nach einer Bedarfsanalyse den Bau der Halle zwei Jahre verzögert habe. "Das ist der Grund, weshalb sie teurer wird!" Wildenheim blieb dabei: Die Halle sei für ihn die "kleine Elbphilharmonie": Sie werde viel zu teuer und der Bedarf sei bis heute nicht geklärt.

Von Korneder musste sich Wildenheim wiederum mehrmals vorhalten lassen, dass die CSU Beschlüsse im Gemeinderat stets mitgetragen habe. Als der CSU-Kandidat einwandte, dass er dem Gremium ja noch nicht angehöre, stellte selbst Moderator Christof Diehl fest: "Da gibt es offenbar einen Dissens zwischen Ihnen und Ihrer Fraktion." Und auch Max Walleitner (Grüne) gab dem CSU-Mann Kontra, als dieser zum Ruf aus dem Publikum nach kleinen innerörtlichen Bussen statt großer Linienbusse, die oft fast leer fahren, sagte: Sein "persönliches Ziel wäre, leere Busse ganz abzuschaffen." Dazu der Grüne: "Ich bin kein Fan davon, Busse abzuschaffen und nur noch mit dem Auto zu fahren."

In der über weite Strecken an eine Bürgerversammlung erinnernden Veranstaltung - aus dem Publikum kamen Fragen zu Baugruben, Wasserrohrbrüchen, maroden Straßen - erlebten die Zuhörer einen phasenweise fahrigen und unkonzentrierten CSU-Herausforderer, der sich mehrmals verhaspelte (nicht nur, als er auf eine Frage zur Städtepartnerschaft mit Le Rheu versuchte, auf Französisch zu antworten), und einen SPD-Amtsinhaber, der sich mit der Aufzählung des Erreichten begnügte und in dem vorbereiteten Schlussstatement über seine Vision für die kommenden 10 bis 15 Jahre im Gegensatz zu den Mitbewerbern keinerlei Idee vorbrachte.

Dagegen setzten zumindest Seitner und Walleitner einige klare Botschaften: Seitner für schnelleres Internet und mehr Einkaufsmöglichkeiten am Ort, Walleitner für eine energieautarke Gemeinde und mehr Naturschutz. Wildenheim blieb dagegen bei den meisten Themen im Vagen und kam stets auf sein Versprechen eines stärkeren Bürgerdialogs zurück. Wenn es zur Stichwahl kommen sollte, dann hat Seitner seine Chancen an diesem Abend jedenfalls erhöht, am ehesten derjenige zu sein, der Korneder in einer zweiten Runde herausfordert: Er war konzentriert, faktensicher und schlagfertig.

Ob die Diskussion unentschlossenen Wählern allerdings weitergeholfen hat? Über große Strecken ging es um Zurückliegendes und Abgehaktes, Zukunftsfragen, etwa wie man das Aussterben der Ortszentren von Grasbrunn und Neukeferloh verhindern oder das Nahverkehrsangebot verbessern kann, kamen kaum zur Sprache, in Sachen Verkehr waren sich fast alle einig. Erst spät am Abend brachten, wenn schon nicht der Moderator, so Zuhörer die Themen Nachverdichtung sowie Umwelt- und Klimaschutz ein, aber da war es für eine ausführliche Beantwortung schon zu spät.

Wer die Diskussion aus Sorge vor Ansteckung oder aus Zeitmangel nicht live verfolgen konnte, kann die Aufzeichnung auf www.grasbrunn-waehlt.de anschauen.

© SZ vom 13.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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