Kommentar:Testen ja, öffnen nein

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Landrat Göbel hat mit seinem Projekt einer Modell-Region Erwartungen geweckt. Diese sind bei steigender Infektionsgefahr kaum zu erfüllen

Von Martin Mühlfenzl

Ein neues Schnelltestzentrum in Kirchheim, eines in Haar, Apotheker, die Teststationen hochfahren - und ein Landrat, der davon träumt, in der Modellregion Landkreis München bald Biergärten öffnen zu dürfen, wenn ihm der Gesundheitsminister dies erlaubt. In diesen Tagen erinnert viel an den April vor einem Jahr, als Ministerpräsidenten über Lockerungen der Corona-Beschränkungen diskutierten - und die Bundeskanzlerin vor "Öffnungsorgien" warnte. Damals wie heute mit Recht.

Landrat Christoph Göbel (CSU) hat mit seiner Bewerbung als Modellregion für Corona-Lockerung Begehrlichkeiten geweckt, die er kaum wird erfüllen können. Aus zwei Gründen. Erstens eignet sich der Landkreis mit seinen 360 000 Einwohnern nur bedingt für dieses Modellprojekt der Staatsregierung, bei dem Menschen mit einem negativen Testergebnis etwa Zutritt zur Gastronomie erhalten könnten - ähnlich dem Tübinger Modell. Eine Beteiligung des Landkreises würde nur Sinn ergeben, wenn auch die Landeshauptstadt München dabei ist. Zu eng sind die Verflechtungen zwischen Stadt und Landkreis. Aber eine Modellregion mit etwa zwei Millionen Einwohnern? Das ist kaum vorstellbar, da dies allen bisherigen Bestrebungen, das Virus einzudämmen, vollkommen entgegenwirken würde.

Und genau diese Bemühungen - und das ist der zweite Grund - müssen jetzt eigentlich intensiviert werde. Denn die Infektionszahlen steigen stark an, die britische Corona-Mutation grassiert im Landkreis, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt wieder im dreistelligen Bereich. Jetzt, in dieser heiklen, hoch brisanten und gefährlichen Phase der Pandemie, über Lockerungen nachzudenken, ist der völlig falsche, weil irrationale Weg.

Es ist vollkommen richtig, die Testkapazitäten weiter auszubauen. Und der Landkreis ist hier Vorreiter in ganz Bayern. Die Menschen müssen wissen: Bin ich gesund oder habe ich mich infiziert? Ein Freifahrtsschein aber darf ein negatives Testergebnis nicht sein. Denn schon am nächsten Tag kann das Resultat ein anderes sein.

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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