Ehrung:Die Frau, die weiß, "wie das mit dem Sterben ist"

Lesezeit: 2 min

Die Kirchheimerin Verena Reckzeh erhält an diesem Mittwoch das Bundesverdienstkreuz am Bande. (Foto: Claus Schunk)

Verena Reckzeh engagiert sich seit Jahren in der Hospiz- und Palliativarbeit, für ihren Einsatz erhält die 69-Jährige aus Kirchheim jetzt das Bundesverdienstkreuz.

Von Angela Boschert, Kirchheim

"Ich kann es gar nicht fassen", zeigt sich Verena Reckzeh überrascht. Die Kirchheimerin bekommt an diesem Mittwoch aus den Händen von Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) das Bundesverdienstkreuz am Bande als "Anerkennung für langjähriges vorbildliches Wirken im sozialen Bereich" verliehen. Reckzeh gehört zu den Gründungsmitgliedern des Hospizvereins Kirchheim und engagiert sich seit Jahren im Lenkungs- und Steuerungskreis der "Arge Hospiz - Bündnis für ambulante Hospiz- und Palliativarbeit im Landkreis München".

Die Kirchheimer kennen Reckzeh aus der Räter-Apotheke, wo die heute 69-Jährige als Apothekerin arbeitete und noch heute ab und an Kunden berät. Schon früh kam die gebürtige Bambergerin mit dem Tod in Kontakt. Vor ihrem Pharmaziestudium in München hatte sie als Krankenpflegerin gearbeitet und im Krankenhaus mitbekommen, "wie das mit dem Sterben ist". Es war, wie sie sich erinnert, damals ein Tabuthema.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Seit 1986 lebt Reckzeh in Kirchheim im Osten Münchens, "der damals kinderreichsten Gemeinde Bayerns", sagt sie lächelnd. Der Tod einer Angehörigen gab ihr seinerzeit den Anstoß, die Ausbildung zur Hospizbegleiterin zu machen. 2001 gründete sie auf Anregung einer engen Freundin den Hospizverein Kirchheim, der heute 250 Mitglieder hat, darunter 35 ausgebildete Hospizbegleiter. Für ihre ehrenamtliche Arbeit dort erhielt sie bereits 2015 die Bezirksmedaille.

"Wir sind wie eine große Familie", sagt Reckzeh, die als Vorsitzende mit für das breite Angebot sorgt, zu dem etwa auch ein "Trostbankerl" auf dem Friedhof Heimstetten zählt. Dort sitzt einmal in der Woche ein Trauerbegleiter und steht für Gespräche zur Verfügung, wenn es jemand wünscht. Ebenso plant Reckzeh eine "Hospiz- und Palliativarbeit im Quartier", wofür sie ein enges Netzwerk in den Gemeinden Kirchheim, Aschheim, Feldkirchen knüpfen möchte. Auch das neue Sternenkinder-Projekt liegt ihr am Herzen: eine Gedenkstätte für Eltern, deren Kinder vor oder bei der Geburt verstorben sind und dort auch symbolisch beerdigt werden können.

Der Verein muss möglicherwiese sein Angebot massiv zurückfahren

Es sei die Nähe zum Menschen, die Mitmenschlichkeit, die Nächstenliebe, die sie erfülle. Bei der Hospizarbeit habe sie sehr viel über das Leben gelernt und ganz viel für sich zurückerhalten, sagt sie. Man glaubt es ihr sofort. Ihr Leitsatz stammt aus dem "Kleinen Prinzen" von Saint-Exupéry: "Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast." Dennoch sei es für sie schwierig, gerade jetzt diese besondere Ehrung anzunehmen, sagt die Kirchheimerin. Sie fürchtet, dass der Hospizverein noch dieses Jahr sein Angebot der Begleitungen extrem verringern muss - "falls wir unsere Palliativcare-Fachkraft nicht weiter bezahlen können". Aufgrund einer laut Reckzeh "unglücklichen Entwicklung" beim bisherigen Kooperationspartner fallen dem Hospizverein zugesagte Mittel aus. Aber Reckzeh sucht nach Lösungen, bittet bei Landrat Christoph Göbel (CSU), bei Kreisräten und Stiftungen um finanzielle Unterstützung. Und sie wird es auch bei der Sozialministerin tun an diesem Mittwoch.

Verena Reckzeh fühlt sich verantwortlich und zeigt vollen Einsatz, sei es in der Hospizarbeit oder im örtlichen Asylhelferkreis. Soziales Engagement und die fünfköpfige Familie bestimmen ihr Leben, doch man sieht sie auch auf dem Tennisplatz, im Theater und Museum oder einfach durch München bummeln. Ihr ist wichtig: "Ich sehe die Auszeichnung als eine Anerkennung für die ganze Hospizgemeinschaft rund um mich herum."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZenario
:"Einfach Michelle, nicht Mrs. Obama"

Die frühere First Lady gibt bei "Bits & Pretzels" Ratschläge für Start-ups, erzählt von ihrer Zeit im Weißen Haus und wie sie aufgewachsen ist.

Von Stefanie Witterauf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: