Kirchheim:Friedhof der Vergangenheit

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Das Skelett dieser Frau wurde im Gräberfeld ausgegraben. (Foto: Gemeinde Kirchheim)

In Kirchheim entdecken Archäologen ein Gräberfeld aus der frühen Bronzezeit, auf dem zwischen 40 und 50 Menschen bestattet waren

Von Gudrun Passarge, Kirchheim

Kirchheimer Boden ist ein geschichtsträchtiges Land, was sich bei fast jeder Baustelle im Ort bestätigt. Die Gemeinde war seit der Jungsteinzeit durchgehend an verschiedenen Orten besiedelt, weshalb Archäologen bei Grabungen stets neue Funde entdecken. Jetzt wurde im Zuge der Bauarbeiten für Kirchheim 2030 ein Gräberfeld aus der frühen Bronzezeit ausgegraben. Zwischen 40 und 50 Personen wurden hier bestattet, wie die Gemeinde mitteilt. Damit handele es sich um eines der größten Gräberfelder dieser Zeitstellung in Südbayern.

Die frühe Bronzezeit umfasst den Zeitraum von etwa 2200 bis 1600 vor Christus. Nur wenige Jahrhunderte zuvor, zum Ende der Jungsteinzeit, war das Gemeindegebiet von Kirchheim zum ersten Mal besiedelt worden. Aus dieser ersten Besiedlungsphase gibt es allerdings nur wenige Grabfunde, die im Bereich des alten Gymnasiums und des Sportparks in Heimstetten gemacht wurden. Nun wurde nordwestlich vom Kirchheimer Jugendzentrum aus der anschließenden frühen Bronzezeit ein ganzes Gräberfeld gefunden. "Ein beeindruckender Fund, der uns wieder einen großen Schritt weiter bringt in den Erkenntnissen über die Besiedlungsgeschichte unserer Gemeinde", wird Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl in der Pressemitteilung zitiert.

Bei der aktuellen Grabung wurden etwa 350 Befunde auf vier Hektar Fläche gemacht. In knapp 50 Grabschächten wurden 42 frühbronzezeitliche Bestattungen nachgewiesen und geborgen. "Die übrigen Befunde sind spärliche Siedlungsreste jüngerer Zeit", erklärt Kirchheims Gemeinde-Archäologin Jennifer Bagley. Die große Mehrheit der Gräber sei leider gestört, das heißt sie liegen nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand vor. Vermutlich habe neuzeitliches Pflügen einige der Grabstätten zerstört.

Zu den Grabbeigaben gehören auch sogenannte Spiraltutuli, die zum Besatzder Kleidung dienten. (Foto: Gemeinde Kirchheim)

Aber die Mehrzahl der Bestattungen sei wohl bereits in der Bronzezeit wieder geöffnet worden, wobei offensichtlich gezielt vorgegangen worden sei, heißt es in der Mitteilung. "Ob in diesem Fall von Grabraub gesprochen werden darf, wissen wir nicht. Dafür kennen wir die Sitten und Rituale der damaligen Menschen viel zu wenig", erläutert Hans-Peter Volpert, der Leiter der Ausgrabungen. Womöglich handelte es sich auch um ein übliches, sanktioniertes Vorgehen, um einzelne, besondere Objekte der Gesellschaft wieder zugänglich zu machen. Andere Beigaben blieben dagegen im Grab.

Wie zum Beispiel eine größere Anzahl an Kupfer- oder Bronze-Ahlen, auch Ohrringe und kleinere Gewandnadeln. Sogenannte "Bronzetutuli", die aus mehreren Gräbern geborgen werden konnten, dienten wohl der Verzierung von Kleidungsstücken und persönlichem Zubehör wie Gürteln oder ähnlichem. Außerdem wurden in mehreren Gräbern einige unterschiedlich gearbeitete, teils verzierte Scheibenperlen aus Bein sichergestellt. "Spiraltutuli" dienten als Besatz von Kleidung und persönlichem Zubehör. Die Größe des Gräberfeldes ist für diese Zeit ungewöhnlich. In der Regel wurden hier stattdessen Kleingruppen mit weniger als zehn Beisetzungen angelegt. "Zwar wissen wir aktuell noch nicht sicher, wo die hier bestatteten Menschen lebten, doch konnten im vorletzten Jahr jenseits der Autobahn auf Aschheimer Gemeindefläche zeitgleiche Häuser untersucht werden", erklärt Bagley dazu.

Die aktuellen Funde ermöglichen es den Archäologen, neue Erkenntnisse zur frühen Bronzezeit zu erlangen. Dazu müssen die Skelette und Beigaben aber weiter untersucht werden. Spannend ist auch die Frage, ob es sich bei den Toten um Familienverbunde handelt oder nicht, sagt Bagley. Oder auch bei den Bronzefunden, wie das Metall beschaffen ist. Aus der frühen Bronzezeit sei bekannt, dass die Menschen mit Arsen oder Antimon experimentierten, erst später setzte sich eine Kupfer-Zinn-Legierung durch, weshalb sicherlich auch Metallanalysen einige Aufschlüsse bringen werden.

© SZ vom 15.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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