Kinderbetreuung:Harte Zeiten für Bärenhöhle, Pusteblume und Co.

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Mehr noch als öffentlichen Tagesstätten bereitet der Fachkräftemangel Elterninitiativen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. In Haar musste bereits die erste Einrichtung schließen. Zugleich sind Mütter und Väter immer seltener zur Mitarbeit bereit.

Von Anna-Maria Salmen, Ottobrunn/Haar

Viele Familien kennen dieses Problem: Die Elternzeit ist vorbei, der Arbeitsalltag beginnt wieder. Doch wo soll das Kind tagsüber untergebracht werden? Allzu oft finden Eltern keinen Platz in Krippen oder Kindergärten. Die Lösung kann in einer solchen Situation eine Elterninitiative bieten. Darunter versteht man Betreuungseinrichtungen, die von Müttern und Vätern selbst verwaltet und organisiert werden. Sie sind somit Arbeitgeber der beschäftigten Pädagogen, müssen aber auch selbst mit anpacken, indem sie unter anderem kleinere Aufgaben wie Wäschewaschen übernehmen. Einige Initiativen beteiligen die Eltern auch direkt an der Betreuung der Kinder, indem zum Beispiel bei Erkrankung eines Erziehers ein Elternteil einspringt. Vielen Eltern gefällt dieses Modell. Doch es ist bedroht. Mehr noch als Kindertagesstätten öffentlicher Träger haben private Initiativen Probleme, qualifiziertes Personal zu finden.

So musste die Einrichtung "Bärenhöhle" in Haar kürzlich schließen, weil kein Nachfolger für die Erzieherin gefunden werden konnte, die nach mehr als 24 Jahren gekündigt hatte. "Wir als Elternschaft haben in dieser schwierigen Lage nichts unversucht gelassen, um möglichst schnell eine neue Leitung zu finden", sagt Vereinsvorsitzende Monika Breiter. Nachdem dies nicht gelungen sei, hätten die Eltern zunächst gemeinsam mit der Kinderpflegerin versucht, den Betrieb mit erweiterten Elterndiensten aufrechtzuerhalten. Unterstützt wurden sie vorübergehend vom Kindergarten "Milchstraße", der kurzfristig eine kommissarische Leitung zur Verfügung stellte. Doch dies war keine Dauerlösung. "So mussten wir schweren Herzens nach Gesprächen mit dem Landratsamt und der Gemeinde schließen", erklärt Breiter. Die Kinder der "Bärenhöhle" werden nun in anderen Haarer Einrichtungen betreut.

"Die Einstellung der Eltern hat sich gewandelt."

Den Fachkräftemangel bekommt auch die Elterninitiative "Sonnenschein" aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu spüren. Bereits seit fünf Jahren sucht Sozialpädagogin Tanja Riemer immer wieder einen Erzieher für die Krippe "Sternschnuppe". Erfolg hatte sie trotz zahlreicher Anzeigen noch nicht. Im Moment habe die Initiative zwar noch genügend Personal, aber "wir haben große Schwierigkeiten, gute Leute zu finden", sagt Riemer. Die Gründe hierfür sind nach Ansicht der Pädagogin vielfältig: "Zum einen ist der Job schlecht bezahlt, zum anderen wird er gesellschaftlich nicht ausreichend anerkannt."

Manche Bewerber, räumt Riemer ein, schrecke auch ab, dass ein Elternverein Träger des Kindergartens sei. Aber die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt trifft laut Riemer nicht nur Elterninitiativen. "Erzieher sind einfach Mangelware." Zudem stellt die Sozialpädagogin fest, dass sich die Einstellung der Eltern gewandelt hat. "Früher gab es mehr Eigeninitiative. Es wird immer schwieriger, Eltern zur aktiven Mitarbeit zu bewegen." Das liegt ihrer Meinung nach nicht nur an fehlender Zeit, sondern auch an mangelndem Interesse.

Positive Erfahrungen hat dagegen bislang die Kindergarteninitiative Ottobrunn gemacht. Sie betreibt seit mehr als 30 Jahren den Kindergarten "Pusteblume", in dem bis zu 50 Kinder untergebracht werden können. "Wir haben über Jahrzehnte hinweg eine stabile Personalsituation", sagt Leiterin Marliese Junior. Da nun einer der Mitarbeiter in Rente gehe, sucht die Einrichtung einen neuen Kinderpfleger. "Bisher hatten wir großes Glück, jetzt müssen auch wir sehen, wie es weitergeht." Denn Junior bestätigt: "Es ist momentan schwierig, Erzieher zu finden, da so viele Einrichtungen konkurrieren."

In Neubiberg hilft man sich mit Praktikanten

Häufig sei die Personalsuche in der Ottobrunner Initiative bisher über die Eltern gelaufen. "Wir kommunizieren am Elternabend, wenn wir einen Erzieher brauchen. Darüber hatten wir schon oft Glück", sagt die Kindergartenleiterin. Die Eltern seien professionell in der Organisation der Tagesstätte, die Zusammenarbeit mit den Erziehern funktioniere sehr gut. "Die Eltern geben den Pädagogen viel Gestaltungsspielraum." Aktive Mitarbeit von Eltern gibt es in der "Pusteblume" allerdings so gut wie nicht mehr. "Am Anfang war das ganz normal. Die meisten Eltern sind allerdings mittlerweile berufstätig und haben wenig Zeit, also hat sich dieses Modell erledigt", sagt Junior.

Ebenfalls glücklich kann sich der Kindergartenverein in Neubiberg schätzen. In seinem Kindergarten "Sonnenwiese" gibt es laut Stephanie Rädler keine Personalprobleme. "Das liegt daran, dass wir viele Praktikanten einstellen, die gerne im Nachhinein übernommen werden möchten", sagt die Personalchefin. Ein weiterer Pluspunkt ist ihrer Ansicht nach die Förderung durch das von der bayerischen Staatsregierung entwickelte Konzept "Netz für Kinder". Dank dieser Unterstützung könnte der Kindergarten beispielsweise mithilfe von Elterndiensten die Zeit überbrücken, falls kurzfristig ein Erzieher kündigen sollte. "Da haben wir einen Vorteil gegenüber anderen Elterninitiativen, die diese Förderung nicht erhalten", sagt Rädler.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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