"Darf ich noch etwas nachpfeffern?" Zum zehnten Mal steht der Kellner an unserem Tisch. Er hat die Speisekarte gebracht, die Bestellung aufgenommen, den Wein eingeschenkt und Gazpacho mit Erbsencreme und Brot - eine Aufmerksamkeit des Hauses - auf den Tisch gestellt.
Mindestens zwei Mal ist er vorbeigekommen, um sich nach unserem Wohlbefinden zu erkundigen, er hat Wein nachgeschenkt und den noch nicht leeren Brotkorb aufgefüllt, hat die kleine Aufmerksamkeit ab- und die Vorspeise aufgetragen. Vor einer Viertelstunde haben wir das Isargold in der Ismaninger Straße 48 betreten und jetzt steht der eifrigste Servicemann aller Zeiten neben uns und schwenkt eine Pfeffermühle aus Holz.
Grund für die übertriebene Aufmerksamkeit ist, wie wir später feststellen, dass wir zu früh dran sind - der an sich sehr freundliche Kellner hat zu wenig Kundschaft, um die er sich kümmern kann. Wer an einem Freitag um 19.30 Uhr im Isargold essen will, muss keinen Tisch reservieren. Die meisten Gäste kommen erst später, gegen 21 Uhr, und auch dann ist nicht einmal die Hälfte der Tische besetzt. Gut für uns. Aber schade für das Restaurant. Denn das Isargold besticht nicht nur mit gutem Service.
Im neuen Restaurant des Fernsehkochs Martin Baudrexel, dem auch das Restaurant Rubico in der Klenzestraße gehört, ist alles groß: Der Raum mit den meterhohen Decken, die riesige, massive Theke, die Kronleuchter im hinteren Bereich des Lokals - und die Portionen. Zwar gibt es mit sechs Vorspeisen, sieben Hauptgerichten und drei Nachspeisen nur eine relativ kleine Auswahl - diese ist dafür außergewöhnlich und sehr lecker.
Für den Anfang wählen wir bayerische Frühlingsrollen mit Radi. Die Röllchen - gefüllt mit Kraut und Speck - sehen asiatisch aus, schmecken aber urbayrisch-zünftig nach Biergarten und Brettljause - eine gelungene Kombination. Auch der Lauchkuchen mit Ziegenkäse ist eine Wucht, sowohl geschmacklich, als auch was die Portionsgröße betrifft.
Limettenbutter und Kartoffel-Mangold-Croutons
Das Highlight ist die Hauptspeise: Kalbsfilet im Wirsingmantel auf Karottenjus mit Pfifferlingen und einem Pastinakenpüree, das dem Gericht eine angenehme Süße verleiht. Daneben stehen auf der Speisekarte Wiener Schnitzel, Seewolf, Zander- und Lachsfilet sowie Entrecote vom Galloway-Rind. Als vegetarisches Gericht werden Steinpilz-Ravioli mit Ofentomaten angeboten.
Im Isargold setzt man auf bodenständige Küche, verleiht den einzelnen Speisen jedoch mit fantasievollen Beilagen wie Limettenbutter und Kartoffel-Mangold-Croutons eine besondere Note. Die Hauptgerichte kosten zwischen 16 und 21 Euro, Vor- und Nachspeisen zwischen fünf und zehn Euro.
Die Weinkarte bietet eine breite Auswahl an Weinen aus Deutschland, Italien, Österreich und Frankreich. Auf Empfehlung unseres Lieblingskellners nehmen wir einen Valle Reale aus dem Jahr 2008 (24 Euro für 0,75 Liter) - ein leichter Weißwein, der vorzüglich zum Essen passt.
Zum Nachtisch verleiben wir uns ein Aprikosenküchlein ein, auch dieses ist raffiniert kombiniert mit Zitronenthymiansorbet. Wir sind rundum glücklich. Dazu passt auch noch das Ambiente: indirektes Licht, viel Holz, leise Hintergrundmusik. Stilvoll, aber entspannt. Genau wie das Publikum.