Interview:Sorge um die Rentner von morgen

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Hanns Peter Wagner aus Sauerlach ist seit 2009 Kreisvorsitzender der Senioren-Union. (Foto: privat)

Hanns Peter Wagner hat als Vorsitzender der Senioren-Union auch die Interessen jüngerer Generationen im Blick

Interview von Gudrun Passarge, Sauerlach

Hanns Peter Wagner ist Vorsitzender der Senioren-Union im Landkreis. Der 73-Jährige aus Sauerlach führt die Arbeitsgemeinschaft der CSU seit 2009. Wagner, der unter anderem 20 Jahre lang als Finanzmanager in der chemisch-pharmazeutischen Industrie gearbeitet hat, nennt als sein Spezialgebiet die Altersversorgung und hat dabei nicht nur die Rentner von heute im Blick. Politisch aktiv ist er seit 1993. Er sei ein Seiteneinsteiger, für Politik hatte er vorher keine Zeit.

SZ: Herr Wagner, welche Probleme haben Senioren im Landkreis?

Hanns Peter Wagner: Die Politik betont immer, wie prosperierend der Landkreis und der Speckgürtel mit München ist, dabei wird leicht übersehen, dass es inzwischen soziale Verwerfungen gibt. Das hat sich sogar noch verstärkt durch die aktuelle Flüchtlingslage.

An was denken Sie da?

Ich denke an Rentner, in erster Linie an ältere Frauen mit kargen Renten, die nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Und ich denke an die unglaublich hohen Mieten, die nicht nur ältere Menschen treffen, sondern auch junge Familien. Das ist das, was uns Sorge bereitet. Genauso wie die übermäßig hohen Stromkosten, die Ausdruck einer unserer Meinung nach verfehlten Energiepolitik sind. Und jetzt kommen auch noch die finanziellen Anforderungen an den Staat hinzu, der die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen stemmen muss.

Inwiefern ist die Energiepolitik verfehlt?

Es gibt das Erneuerbare-Energien-Gesetz, verbunden mit der besonderen Förderung zum Beispiel von Fotovoltaikanlagen. Sicher, es gibt Leute mit Geld, die investieren, weil sie eine Bombenrendite bekommen. Aber bezahlen tun's die anderen. Das ist nur ein Beispiel, warum die Strompreise so hoch sind. Die Zahl der Haushalte, denen der Strom abgestellt wird, weil sie die Rechnung nicht bezahlen können, geht in die Hunderttausende. Für viele Rentnerhaushalte ist das kaum zu schaffen. Hier muss sich die Energiepolitik ändern.

Sie erwähnten Menschen mit karger Rente. Wie kann man das ändern?

Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu dem machen, was sie durch die große Rentenreform von 1957 einmal war: die wichtigste und stabilste Säule der Altersversorgung. Man hat sie durch viele politische Eingriffe so verändert, dass junge Leute heute hohe Beiträge zahlen, aber später - ab 2030 - nur noch einen Netto-Renten-Anspruch auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettoverdienstes - nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern - haben werden. Die Arbeitnehmerschaft wurde Schritt für Schritt vom Produktivitätsfortschritt abgekoppelt.

Wie meinen Sie das?

Hier ein paar Zahlen: Die Arbeitseinkommensquote in Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist seit Beginn der Neunzigerjahre nach einem Höchststand von 81,2 Prozent 1993 stetig gefallen auf 74,4 Prozent 2010. Im Gegenzug stiegen die Gewinn- und Vermögenseinkünfte zwischen 2000 und 2012 um 50,6 Prozent, während im selben Zeitraum die Reallöhne mit einer Steigerung von 23,8 Prozent hinterherhinkten. Bei den Renten verhielt sich das ähnlich.

Sie betonen, dass Sie auch die Belange der Jüngeren im Auge hätten. Wie äußert sich das?

Mit unserer Rentenkritik kämpfen wir für die Interessen der Jüngeren. Die Altersbezüge der gegenwärtigen Rentnerinnen und Rentner sind der Höhe nach nicht gefährdet, aber die Rente derer, die heute 30, 40 oder 50 Jahre alt sind, wird deutlich schlechter ausfallen. Da heißt es immer, es sei nötig, private Vorsorge zu treiben, was viele auch tun, aber bei null Prozent Zinsen ist das sehr schwierig.

Das klingt so, als hätten Sie sich vorgenommen, ein dickes Brett zu bohren. Gibt es denn auch konkrete Projekte im Landkreis? Beschweren sich Senioren bei Ihnen und beklagen Missstände?

Bei uns, in der Senioren-Union selbst, beschwert sich niemand, das machen die Leute eher bei den Seniorenbeauftragten, den Senioren-Beiräten der Kommunen oder im Landratsamt. Wir sind eine Untergliederung der CSU mit eigenständigen Gedanken, die nicht immer im Mainstream der Partei liegen. Was wir bewusst nicht tun: Wir wollen nicht in Konkurrenz treten zu den Initiativen und Gremien für Senioren in den Kommunen. Wir wollen uns nicht unterstellen lassen, unser Engagement sei parteipolitisch motiviert.

Sie erwähnten die Flüchtlingssituation, hat sie Auswirkungen auf Ihre Arbeit?

Auf jeden Fall. Wir haben sehr viele Mitglieder, die sich ganz persönlich in Organisationen engagieren, die Flüchtlingen Hilfe leisten. Die Senioren-Union in Bayern hat Fragebögen verschickt, in denen jeder angeben konnte, welche Art von Hilfe er leisten könne. So geben pensionierte Lehrerinnen und Lehrer Deutschunterricht und wer handwerklich begabt ist, baut Stockbetten zusammen oder bringt sich anders je nach den gegebenen Möglichkeiten ein.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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